Leitsatz

1. Es entspricht dem Sinn und Zweck des § 19 GewStDV, in den Regelungsbereich der Vorschrift auch diejenigen Schulden einzubeziehen, die zum Erwerb eines Anteils an einem von Mitunternehmern betriebenen Kreditinstitut oder zur Refinanzierung von Einlagen der Mitunternehmer aufgenommen werden.

2. Der inländischen Betriebsstätte eines ausländischen Unternehmens kann höchstens derjenige Betrag als "Dotationskapital" zugerechnet werden, der dem Gesamtunternehmen als Eigenkapital zur Verfügung steht.

 

Normenkette

§ 8 Nr. 1, § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG, § 19 GewStDV a.F.

 

Sachverhalt

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin war eine OHG, die im Inland Bankgeschäfte betrieb. Gesellschafterin und Mitunternehmerin der OHG war in den Streitjahren außer der Klägerin u.a. eine zum Konzern der Klägerin gehörende Kapitalgesellschaft mit Sitz in den Niederlanden, die selbst keine Bankgeschäfte betrieb. Ihre Tätigkeit bestand in den Streitjahren im Wesentlichen im Halten der Beteiligung an der OHG. Die Beteiligung hatte sie 1980 von der Klägerin erworben und in den Folgejahren durch Einlagen erhöht. Den Erwerb des Mitunternehmeranteils und die Erhöhung ihrer Einlage finanzierte sie zum Teil durch Darlehen anderer zum Konzern der Klägerin gehörenden Unternehmen, die ihren Sitz in Luxemburg und der Schweiz hatten und sich bei konzernfremden Dritten refinanzierten.

Das FA zog bei der Feststellung der Einheitswerte des gewerblichen Betriebs der OHG die zur Finanzierung des Erwerbs des Mitunternehmeranteils und der Einlagen aufgenommenen Darlehen als Verbindlichkeiten ab. Die Darlehenszinsen berücksichtigte das FA bei der Ermittlung der Gewinne der OHG als Sonderbetriebsausgaben. Damit war die OHG auch einverstanden, nicht aber mit der Behandlung der Darlehen als Dauerschulden. Sie berief sich auf das Bankenprivileg des § 19 Satz 1 GewStDV a.F.

 

Entscheidung

Der BFH pflichtete der Klägerin bei. Werde das Kreditinstitut von einer Personengesellschaft betrieben, dann gehöre zum gewerbesteuerlichen Bankenprivileg auch das aktive und passive Sonderbetriebsvermögen der Mitunternehmer. Insbesondere seien auch die Schulden einzubeziehen, die zum Erwerb eines Anteils an einem von den Mitunternehmern betriebenen Kreditinstitut oder zur Refinanzierung von Einlagen der Mitunternehmer aufgenommen werden. Über die Einlagen und verkörpert im Mitunternehmeranteil würden die zum Beteiligungserwerb benötigten Darlehensmitteln der Personengesellschaft zur Verfügung gestellt.

Es sei im Übrigen auch richtig, die Darlehenszinsen als Sonderbetriebsausgaben und nicht als verdecktes Dotationskapital zu behandeln. Denn Letzteres würde die fiktive Umqualifizierung der Darlehen von Fremd- in Eigenkapital voraussetzen. Ein solches Vorgehen verbiete sich jedoch, wenn das gesamte Eigenkapital sich bereits in dem Mitunternehmerantei des ausländischen Mitunternehmers niederschlage.

 

Hinweis

Dass Sie in der Praxis besonders häufig mit Banken zu tun haben, die in der Rechtsform einer Personengesellschaft und überdies mit ausländischen Gesellschaftern auf dem deutschen Markt Bankgeschäften nachgehen, ist kaum zu mutmaßen. Insofern ist es gerechtfertigt, Sie lediglich darauf hinzuweisen, dass das gewerbesteuerliche Bankenprivileg auch Vermögenswerte im Sonderbetriebsvermögen mit einschließt. Außerdem ist es nicht erlaubt, Dotationskapital zu fingieren. Maßgeblich ist das tatsächliche Eigenkapital. Anders verhält es sich nur dann, wenn Anlass zu der Annahme besteht, dass die als Sonderbetriebsausgaben abgezogenen Zinsen keine "echten", sondern intern verrechnete Aufwendungen darstellen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 23.8.2000, I R 98/96

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