Rz. 118

Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG ist im Fall der körperschaftsteuerlichen Organschaft das Einkommen der Organgesellschaft dem Organträger zuzurechnen. Diese Einkommenszurechnung ist die Rechtsfolge bei Vorliegen der Tatsbestandsvoraussetzungen der Organschaft. Tatsächlich spielt die Lage des Wirtschaftsjahrs aber auch bereits bei den Voraussetzungen zur Begründung der Organschaft eine Rolle, da es für die finanzielle Eingliederung erforderlich ist, dass der Organträger an der Organgesellschaft vom Beginn ihres Wirtschaftsjahres an ununterbrochen derart beteiligt sein muss, dass ihm die Mehrheit der Stimmrechte aus den Anteilen an der Organgesellschaft zusteht (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 KStG). Entspricht das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft dem Kalenderjahr und wird die Beteiligung an der Organgesellschaft erst unterjährig erworben, ist diese Voraussetzung zunächst nicht erfüllt. Dem kann allerdings abgeholfen werden, indem die Organgesellschaft ein Rumpfwirtschaftsjahr bildet, sodass die Beteiligung zu Beginn des danach startenden Wirtschaftsjahr vorliegt und die Rechtsfolgen der Organschaft von Beginn an eintreten können.[1] Wird der Organträger während der laufenden Organschaft sodann auf ein anderes Unternehmen verschmolzen, wird dem übernehmenden Rechtsträger die bereits bestehende finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft in den früheren Organträger im Übrigen zugerechnet, sodass auch der neue Organträger vom Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft an entsprechend beteiligt ist (Fußstapfentheorie und Besitzzeitanrechnung; § 12 Abs. 3 UmwStG).[2]

Mit Blick auf die Rechtsfolgen der Organschaft, nämlich die Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft zum Organträger, bestimmen Rechtsprechung und Finanzverwaltung, dass das Einkommen der Organgesellschaft dem Organträger für das Kalenderjahr (den Veranlagungszeitraum) zuzurechnen ist, in dem die Organgesellschaft das Einkommen bezogen hat.[3] Demnach erfolgt die Zurechnung des Organeinkommens beim Organträger für den Veranlagungszeitraum, in dem die Organgesellschaft das Einkommen erzielt hat und es selbst zu versteuern hätte, wenn sie nicht Organgesellschaft wäre.[4]

 

Rz. 119

Diese Zurechnung ist unproblematisch, wenn die Gesellschaften ein kalenderjahrgleiches Wirtschaftsjahr oder ein gleichlautendes abweichendes Wirtschaftsjahr haben. In diesen Fällen wird das Organeinkommen im gleichen Besteuerungszeitraum versteuert wie das eigene Einkommen des Organträgers. Problematisch ist jedoch der Fall, in dem die Wirtschaftsjahre von Organträger und Organgesellschaft voneinander abweichen.[5] In diesem Fall fällt das Organeinkommen in den Veranlagungszeitraum, dem es ohne das Organschaftskonstrukt zuzuordnen wäre; gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 KStG gilt der Gewinn dann als in dem Kalenderjahr bezogen, in dem das Wirtschaftsjahr endet.

 

Rz. 120

 

Beispiel 1[6]

Die Organgesellschaft (OG) hat ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr (1.6.01–31.5.02) und der Organträger (OT) hat ein kalenderjahrgleiches Wirtschaftsjahr.

Abb. 5: Einkommenszurechnung bei abweichendem Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft

Die Organgesellschaft bezieht ihren Gewinn in dem Kalenderjahr, in dem ihr Wirtschaftsjahr endet, also im Jahr 02. Demnach ist das Organeinkommen dem Organträger im Jahr 02 zuzurechnen.

 

Rz. 121

 

Beispiel 2[7]

Im umgekehrten Fall, dass der Organträger ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr (1.6.01–31.5.02) und die Organgesellschaft ein kalenderjahrgleiches Wirtschaftsjahr (1.1.02–31.12.02) hat, versteuert der Organträger sein eigenes Einkommen gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 KStG in Jahr 02 und die Organgesellschaft ebenfalls, sodass dieses dem Organträger noch in 02 zugerechnet wird.

Abb. 6: Einkommenszurechnung bei abweichendem Wirtschaftsjahr des Organträgers

Folglich wird dem Organträger das Einkommen steuerlich im Jahr 02 zugerechnet, obwohl das Ergebnis der Organgesellschaft handelsrechtlich noch nicht in der Bilanz des Organträgers zum 31.5.02 enthalten ist. Bei einem positiven Ergebnis der Organgesellschaft ist diese Behandlung im Hinblick auf Körperschaftsteuer-Vorauszahlungen nachteilig, während sie bei einem negativen Ergebnis vorteilhaft wäre.

 

Rz. 122

Diese Vorgehensweise – die strikte Anwendung des § 7 Abs. 4 Satz 2 KStG i. V. m. den dargestellten Zurechnungsgrundsätzen – ist auch entsprechend anzuwenden, wenn sowohl der Organträger als auch die Organgesellschaft abweichende Wirtschaftsjahre haben.

 

Beispiel 3[8]

Wirtschaftsjahr des Organträgers ist der 1.3.–28./29.2. und Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft ist der 1.5.–30.4.

Abb. 7: Einkommenszurechnung bei abweichenden Wirtschaftsjahren sowohl bei der Organgesellschaft als auch beim Organträger

Der Organträger hat im Veranlagungszeitraum 01 sein eigenes Einkommen des Wirtschaftsjahres 1.3.00–28./29.2.01 und das zuzurechnende Einkommen der Organgesellschaft (1.5.00–30.4.01) zu versteuern. Für beide Wirtschaftsjahre ist § 7 Abs. 4 Satz 2 KStG anzuwenden. Die Einkommenskorrektur außerhalb...

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