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Genussrechte werden vielfach in beurkundeter Form – als sog. Genussscheine – verwendet.[1] Genussscheine stellen Genussrechte dar, die in einer Urkunde (einem Wertpapier) verbrieft sind.[2] Der Bundesgerichtshof versteht unter einem Genussschein ein börsengängiges Wertpapier, das bestimmte geldwerte Ansprüche beinhaltet und gleichzeitig nicht gesellschaftsrechtlich geprägt ist.[3] Die sich aus einem Genussschein ergebenden geldwerten Ansprüche können entweder als Inhaber-, Order- oder als Namenspapiere ausgestaltet sein.[4] Angesichts der höheren Fungibilität von Inhaberpapieren im Vergleich zu Order- oder Namenspapieren sind Inhaberpapiere in der Praxis die häufiger vorzufindende Form eines Genussscheins.[5]

 

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Sind die entsprechenden Zulassungsvoraussetzungen erfüllt, können Genussscheine als börsenfähige Wertpapiere entweder im Regulierten Markt oder im Freiverkehr notiert werden.[6] Dabei ist die Emission von Genussscheinen von der Rechtsform des emittierenden Unternehmens unabhängig.[7] Obwohl Genussscheine aus dem Aktienrecht heraus entstanden sind, lassen sie sich demzufolge nicht nur von Aktiengesellschaften, sondern bspw. auch von Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Kommanditgesellschaften, Sparkassen oder von Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit emittieren.[8] Insofern wird auch den sog. nicht emissionsfähigen Unternehmen[9] durch die Ausgabe von Genussscheinen die Möglichkeit eröffnet, sich über den organisierten Kapitalmarkt zu finanzieren.[10]

[1] Im allgemeinen Sprachgebrauch werden die Begriffe Genussrecht und Genussschein oftmals synonym verwendet. Vgl. Bieg, StB 1997, S. 482.
[2] Vgl. Bieg, StB 1997, S. 482.
[3] Vgl. BGH, Urteil v. 5.3.1959, II ZR 145/57, WM 1959 S. 436; vgl. hierzu auch Ziebe, DStR 1991, S. 1594; Weber, Rechtswörterbuch, 24. Aufl. 2022, S. 693.
[4] Vgl. Drechsler, ZfgK 1981, S. 347; Winterfeld, Sparkasse 1983, S. 332; Fischer, Der Genussschein als kapitalmarktpolitisches Instrument der Unternehmensfinanzierung, 1989, S. 21 f.; Frantzen, Genussscheine, 1993, S. 6; Küting/Kessler/Harth, BB 1996, Beilage 4 zu Heft 8, S. 2. Zu diesen unterschiedlichen Arten der Verbriefung vgl. weiterführend bspw. Singer, Genussscheine als Finanzierungsinstrument, 1991, S. 43 f.
[5] Vgl. Ziebe, DStR 1991, S. 1594.
[6] Vgl. hierzu sowie zum Folgenden auch Bieg, StB 1997, S. 485 f.
[7] Vgl. Ernst, Der Genussschein im deutschen und schweizerischen Aktienrecht, 1963, S. 133; Winterfeld, Sparkasse 1983, S. 330; Claussen, AG 1985, S. 78; Clesius, Der Genuss-Schein als Instrument zur Mitarbeiterkapitalbeteiligung bei Aktiengesellschaften, 1985, S. 8.
[8] Vgl. Lutter, Ausgabe von Genussrechten und Jahresabschluss, in Knobbe-Keuk/Klein/Moxter, Handelsrecht und Steuerrecht, Festschrift für Georg Döllerer, 1988, S. 384 m. w. N.; Küting/Kessler/Harth, BB 1996, Beilage 4 zu Heft 8, S. 2. Genussscheine lassen sich grundsätzlich auch von einem Einzelkaufmann emittieren. Vgl. dazu Winterfeld, Sparkasse 1983, S. 328.
[9] Nicht emissionsfähige Unternehmen sind solche Unternehmen, die nicht die Möglichkeit besitzen, sich durch den Verkauf von Anteilsrechten am organisierten Kapitalmarkt (Börse) Eigenkapital zu beschaffen. Hierzu zählen nicht nur Einzelunternehmen und Personenhandelsgesellschaften, sondern grundsätzlich auch kleinere und mittlere Kapitalgesellschaften. Vgl. auch Bieg/Kußmaul/Waschbusch, Finanzierung, 4. Aufl. 2023, S. 73.
[10] Vgl. Bieg, StB 1997, S. 486.

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