Leitsatz

1. Der Umstand, dass eine Bausparkasse sowohl bei Arbeitnehmern ihrer "Partnerbanken" als auch bei ihren freien Handelsvertretern und deren Arbeitnehmern sowie den Beschäftigten anderer genossenschaftlich organisierter Unternehmen und Kooperationspartner auf die Erhebung von Abschlussgebühren verzichtet, begründet Zweifel daran, ob dieser Gebührenvorteil Arbeitslohn ist.

2. Gelangt das FG aufgrund einer verfahrensfehlerfreien Gesamtwürdigung zu dem Ergebnis, dass Zweifel bestehen, ob Arbeitnehmern im Zusammenhang mit einem geldwerten Vorteil Arbeitslohn zugeflossen ist, ist der BFH nach § 118 Abs. 2 FGO an diese Tatsachenfeststellung gebunden.

 

Normenkette

§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 41a Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 38 Abs. 3 S. 1 EStG, § 2 Abs. 1 S. 2 LStDV, § 118 Abs. 2, § 96 Abs. 1 S. 1 FGO, § 286 Abs. 1 ZPO

 

Sachverhalt

K, eine Bank im S-Verbund, dem auch die Bausparkasse B angehört, vermittelt u.a. den Abschluss von Bausparverträgen ihres Verbundpartners B an ihre Kunden und erhält hierfür als Provision einen Teil der von der B erhobenen Abschlussgebühr. Schließen Arbeitnehmer der K oder deren Ehegatten und Kinder Bausparverträge bei B ab, verzichtet B ganz oder teilweise auf diese sonst übliche Gebühr. K erhält dann keine Vermittlungsprovision. B hat eine von ihr erstellte Liste über die von Arbeitnehmern der K abgeschlossenen gebührenfreien und ermäßigten Verträge an K übersandt. K hat aber die ihren Mitarbeitern von der B gewährten Gebührenermäßigungen und -befreiungen nicht dem LSt-Abzug unterworfen.

Das FA beurteilte die Vorteile aus dem Verzicht der B auf die Abschlussgebühren als Arbeitslohn und erließ einen entsprechenden Nachforderungsbescheid. Das FG gab der dagegen erhobenen Klage statt (FG München, Urteil vom 26.06.2009, 8 K 307/07, Haufe-Index 2210093, EFG 2009, 1749).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte aus den unter Praxishinweisen dargelegten Gründen die Entscheidung der Vorinstanz, wonach der Verzicht auf die Abschlussgebühren mangels Lohn nicht zum Lohnsteuerabzug verpflichtet.

 

Hinweis

Der Besprechungsfall gliedert sich in zwei Teile: (1.) in den rechtsmaßstäblichen Teil dazu, ob und wann eine Rabattgewährung eines Dritten lohnsteuerlicher Vorteil sein kann, (2.) in die revisionsrechtliche Interpretation der Würdigung der Tatsacheninstanz.

1. Lohneinkünfte sind durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst, wenn sie dem Empfänger mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen und sich als Ertrag der nicht selbstständigen Arbeit darstellen, sich also die Leistung des Arbeitgebers im weitesten Sinn als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist. Dies gilt auch für eine Zuwendung eines Dritten, wenn sie sich für den Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber darstellt und im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis steht (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH, Urteil vom 18.12.2008, VI R 49/06, BFH/NV 2009, 479, BFH/PR 2009, 166 m.w.N.). Und ob ein Leistungsaustausch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit oder einer Sonderrechtsbeziehung und damit ggf. dem nicht einkommensteuerbaren Bereich zuzurechnen ist, entscheidet sich aufgrund einer Würdigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls.

2. An diese Grundsätze hat sich das FG gehalten. Damit könnte die Entscheidung des BFH enden. Allerdings gelangte das FG im Rahmen der Gesamtwürdigung zu dem Ergebnis, dass "Zweifel bestehen", ob den Arbeitnehmern der Klägerin im Zusammenhang mit dem Gebührenvorteil Arbeitslohn zugeflossen ist. Die Vorinstanz konnte sich nämlich nicht mit der erforderlichen Gewissheit davon überzeugen, dass zwischen der Vorteilsgewährung und der Arbeitsleistung für die Klägerin ein hinreichender Veranlassungszusammenhang besteht. Was bedeutet dies prozessual?

Das FG hatte bei seiner Überzeugungsbildung den entscheidungserheblichen Grad an Gewissheit i.S.d. § 96 Abs. 1 S. 1 FGO, § 286 Abs. 1 ZPO zwar angestrebt, aber nicht erlangen können. Auf Grundlage von Zeugenaussagen ordnete es den Gebührenverzicht nicht dem Arbeits-, sondern dem Bausparvertrag zu und würdigte den Umstand, dass der Gebührenvorteil allen Arbeitnehmern gewährt werde als generellen Preisnachlass und nicht als Frucht der Arbeit. Diese Überzeugungsbildung war rechtsfehlerfrei und damit letztlich für den BFH als Revisionsinstanz bindend.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 20.05.2010 – VI R 41/09

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