Rz. 58

Grundsatz: Ewige Rente

Der Isolierung der auf das Transferpaket entfallenden Gewinne und der Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes schließt sich die Bestimmung des Zeitraums an, über den die Gewinne zu kapitalisieren sind (Kapitalisierungszeitraum). Gemäß § 5 FVerlV ist grundsätzlich "ein unbegrenzter Kapitalisierungszeitraum zu Grunde zu legen". Nach der vorhergehenden Fassung des § 6 FverlV a. F. galt dies, sofern „keine Gründe für einen bestimmten, von den Umständen der Funktionsausübung abhängigen Kapitalisierungszeitraum glaubhaft gemacht [werden; d. Verf.] oder […] solche Gründe nicht ersichtlich“ sind. Nunmehr trifft § 5 FVerlV folgende Regelung: „Werden keine Gründe für einen bestimmten, von den Umständen der Funktionsausübung abhängigen Kapitalisierungszeitraum nachgewiesen, ist ein unbegrenzter Kapitalisierungszeitraum zu Grunde zu legen“. Mithin sind die Gründe für einen bestimmten, von den Umständen der Funktionsausübung abhängigen Kapitalisierungszeitraum nicht lediglich glaubhaft zu machen, sondern nachzuweisen. Hiernach muss für eine zeitlich begrenzte Funktionsausübung eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit gegeben sein, eine überwiegende Wahrscheinlichkeit ist nicht mehr ausreichend. Aus der Verordnungsbegründung ist diese wesentliche Änderung nicht annähernd ersichtlich. Diese erschöpft sich darin, dass die Neuregelung der bestehenden Regelung „entspricht“.[1] Damit wird gesetzlich für jede Funktionsverlagerung im Wege der Beweislastumkehr von einem ewigen Gewinnpotenzial ausgegangen. Es kommt somit stets die Formel der „ewigen Rente“ zum Tragen, sofern der Nachweis für einen begrenzten Kapitalisierungszeitraum nicht gelingt. Zu der vorhergehenden Fassung des § 6 FVerlV a. F. hatte die Verordnungsbegründung zur Begründung dieses Ansatzes darauf verwiesen, dass Funktionsverlagerungen Betriebs- oder Teilbetriebsveräußerungen ähnlich seien und für diese „betriebswirtschaftlich“ auch ein unbegrenzter Kapitalisierungszeitraum angewendet werde.[2] Ob diese Begründung im Allgemeinen trägt oder schon im Ansatz – angesichts der fehlenden Deckungsgleichheit der Bewertungsobjekte – verfehlt ist, kann hier dahinstehen.

 

Rz. 59

Nur begrenzter Kapitalisierungszeitraum fremdvergleichskonform

Betriebswirtschaftlich rechtfertigt sich ein unbegrenzter Kapitalisierungszeitraum jedenfalls nur dann, wenn die Rückflüsse aus der übertragenen Funktion ohne Zusammenwirken mit nicht in dieser Funktion angelegten Einflussfaktoren, z. B. Synergieeffekten oder Standortfaktoren des aufnehmenden Unternehmens, ihre Erhaltung sichern. Dies umfasst insbesondere auch die Realisierung von Ersatzinvestitionen aus den dieser Funktion zuzuordnenden Zahlungsüberschüssen.[3] Diesen Charakter einer dauerhaften Einkunftsquelle, d. h. eines zeitlich unbegrenzten "ewigen" Gewinnpotenzials,[4] werden die meisten Funktionen nicht aufweisen. Regelmäßig wird ihre Nutzungsdauer begrenzt sein. Bei der Verlagerung von Vertriebsfunktionen müssten etwa die Laufzeit des Vertriebsvertrages oder aber, falls ein solcher nicht existiert, die gesetzlichen Kündigungsfristen Berücksichtigung finden. Ferner sind zeitliche Aspekte wie Produktlebenszyklen, technische Entwicklungen, Absatzmarktänderungen, Bedarfswandlungen am Markt etc. von besonderer Bedeutung für die Bestimmung des Kapitalisierungszeitraums. Vor diesem Hintergrund ist bei der Bewertung typischerweise geboten, nur einen begrenzten Zeitraum zugrunde zu legen. Die auf die Praxis der Unternehmensbewertung zurückgehenden Vorschläge in der Literatur, von Prognosezeiträumen von ca. 3 bis 5 Jahren auszugehen,[5] sind daher eher vertretbar und wohl auch fremdvergleichskonform.

 

Rz. 60

Nachweis eines begrenzten Kapitalisierungszeitraums

Zutreffend ist es deshalb, dass § 5 FVerlV die Möglichkeit einräumt, durch die Funktionsausübung bestimmte kürzere Kapitalisierungszeiträume zugrunde zu legen. Dies erfordert, dass die von der Funktionsausübung abhängigen Umstände nachgewiesen werden. Es genügt mithin nicht mehr, dass diese "glaubhaft gemacht werden oder ersichtlich sind".

 

Rz. 61

VWG-Funktionsverlagerung

Die VWG-Funktionsverlagerung gehen "regelmäßig" dann von einem unbegrenzten Kapitalisierungszeitraum aus, wenn sich die Funktionsverlagerung auf einen Betrieb, Teilbetrieb oder eine unternehmerische Einheit bezieht, die für sich allein lebensfähig ist.[6] Lediglich unterhalb der Schwelle eines Teilbetriebs wird ein begrenzter Kapitalisierungszeitraum als sachgerecht erachtet. Fraglich ist, ob die Finanzverwaltung angesichts der Erhöhung des Beweismaßes in § 5 FVerlV an dieser Auffassung festhalten wird. Als in der Funktionsausübung angelegte Umstände für einen zeitlich begrenzten Kapitalisierungszeitraum wird auf die zeitlich begrenzte Überlassung der Funktion und die begrenzte Laufzeit eines Patents verwiesen, wobei die Nachweispflicht – außerhalb der Offenkundigkeit – beim Steuerpflichtigen liegen soll.[7]

Als Anhaltspunkte für die Bestimmung des Kapitalisierungszeitraums benennt Rz. ...

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