Rz. 48

Implikationen der gesetzlichen Regelung

Bei der Anwendung der indirekten Methode ist im Grundsatz eine 4-fache Bewertung vorzunehmen. Hiernach sind für das abgebende wie für das aufnehmende Unternehmen die zukünftig erwarteten Gewinne zu prognostizieren, und zwar jeweils "auf Grundlage einer Funktions- und Risikoanalyse vor und nach der Funktionsverlagerung". Ohne Korrekturen impliziert diese Vorgehensweise, dass dem aufnehmenden Unternehmen – abgesehen von Standortvorteilen und etwaigen gehobenen Synergieeffekten – das Gewinnpotenzial ursächlich bedingt und ohne eigenes Zutun nur durch die Funktionsverlagerung zufällt. Für das abgebende Unternehmen würde hiermit korrespondierend der Rückgang zukünftig erwarteter Gewinne exklusiv auf die Funktionsverlagerung zurückgeführt. Diese Sichtweise lässt unberücksichtigt, dass dem abgebenden Unternehmen angesichts des durch Abgabe der Funktion (und Risiken) veränderten Funktions- und Risikoprofils auch ein geringerer Gewinn gebührt.[1] Demgegenüber rechtfertigt der veränderte Funktions- und Risikoumfang des aufnehmenden Unternehmens eine höhere Gewinnteilhabe.

 

Rz. 49

Funktionsausübung und Routineunternehmen

Grundsätzlich kann im Rahmen der Bewertung eines Transferpakets nur der Gewinn angesetzt werden, der den sog. Funktionsgewinn übersteigt. Der Funktionsgewinn spiegelt i. d. R. nur eine Normalverzinsung des für die jeweilige Funktion investierten Kapitals wider. Methodisch findet sich diese Normalverzinsung in der Kostenaufschlagsmethode wieder, sofern nur ein Gewinnaufschlag auf die Vollkosten i. H. einer Normalverzinsung erhoben wird. Daher dürften folglich Gewinnpotenziale, die nur eine Normalverzinsung beinhalten, nicht Gegenstand einer Transferpaketbesteuerung sein, selbst wenn der dahinterstehende Geschäftsvorfall als Funktionsverlagerung anzusehen sein sollte.

Folgerichtig regelt § 1 Abs. b Satz 3 AStG auch, dass z. B. in Fällen einer Funktionsabspaltung, in denen anschließend die Kostenaufschlagsmethode für die Funktionsausübung zur Anwendung kommt, davon auszugehen ist, dass mit dem übergehenden Transferpaket keine wesentlichen immateriellen Wirtschaftsgüter übergehen, sodass es zu keinen transferpaketbedingten Besteuerungsfolgen aufgrund der Funktionsverlagerung kommt (Rz. 77 ff.). Nach der Begründung zu § 2 Abs. 2 Satz 1 FVerlV a. F. werden diese Sachverhalte generell von der Transferpaketbetrachtung ausgenommen, "um eine zu weit gehende Behandlung von Geschäftsvorfällen als Funktionsverlagerungen zu vermeiden", selbst wenn diese Vorgänge ex definitione als Funktionsverlagerungen anzusehen sind. Praktische Bedeutung hat diese Regelung bei der Übertragung von Routinefunktionen, wie z. B. Lohnfertiger oder Kommissionäre, mit denen keine bzw. geringe Chancen und Risiken übergehen, sodass der Verrechnungspreis i. d. R. keine die Normalverzinsung übersteigenden Gewinnelemente enthält.

So hat auch die Rechtsprechung bei der Übertragung von Funktionen auf einen Lohnfertiger (Funktionsabspaltung) bislang keinen Grund gesehen, eine Gewinnrealisierung bei dem verlagernden Unternehmen vorzunehmen.[2]

 

Rz. 50

Beschränkung auf "Übergewinne"

Wenn diese Überlegung im Rahmen der Verlagerung von Routinefunktionen richtig ist, so ist es konsequent, dementsprechend auch bei den anderen Formen der Funktionsverlagerung zu verfahren. Demnach kann nur derjenige Gewinn im Rahmen einer Funktionsverlagerung bzw. eines Transferpakets erfasst werden, der den Funktionsgewinn der übertragenen Funktion übersteigt.[3] Es wäre mithin nicht gerechtfertigt, die gesamte Veränderung des Gewinns vor und nach der Funktionsverlagerung zu betrachten. Korrigierend müsste vielmehr berücksichtigt werden, dass mit der Funktionsverlagerung auch eine Funktion im Inland nicht mehr ausgeübt wird und insofern der Funktionsgewinn wegfällt.[4] Dies ist auch insoweit nachvollziehbar, als der Funktionsgewinn idealerweise nur eine Normalverzinsung des für die jeweilige Funktion investierten Kapitals wiedergibt.[5] Wenn nun das entsprechende Kapital im Inland nicht mehr verwendet wird, folgt daraus zwangsläufig, dass auch der jeweilige Gewinn – also der Funktionsgewinn – wegfällt. Auch aus der Perspektive des übernehmenden Unternehmens ist diese Überlegung zwingend. Der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter des übernehmenden Unternehmens wäre nicht bereit, ein Entgelt für diejenigen Gewinne an den Verlagernden zu entrichten, die auf seine Funktionsausübung entfallen. Diese Gewinne sind ein Äquivalent für die von dem übernehmenden Unternehmen ausgeübten Funktionen und getragenen Risiken. Würde er dafür ein Entgelt an den Verlagernden entrichten, so müsste der Übernehmende letztlich gewinnlos wirtschaften. Dies würde ein fremder Dritter allerdings nicht akzeptieren.[6]

Damit kann nur der über den Funktionsgewinn hinausgehende Gewinn Gegenstand der Besteuerung i. S. v. § 1 Abs. 3b Satz 1 AStG sein. Dies steht auch im Einklang mit dem Zweck des Gesetzes, soll doch mit der Besteuerung von Funktionsverlagerun...

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