Rz. 20

Begriffsdefinition/Funktions- und Risikoprofil

Als Routineunternehmen ist ein Unternehmen zu qualifizieren, das als Ergebnis einer Funktions- und Risikoanalyse für den jeweiligen Geschäftsvorfall allein oder zusammen mit anderen nahestehenden Personen (a) die Routinefunktionen ausübt, (b) nur in geringem Umfang Vermögenswerte einsetzt und (c) nur geringe Risiken trägt.[1]

Routinefunktionen sind z. B. die Erbringung konzerninterner, marktgängiger Dienstleistungen und einfache Vertriebsfunktionen. Routineunternehmen i. d. S. sind etwa der Auftragsfertiger, der Lohnfertiger, der Kommissionär oder der sog. Low-Risk-Distributor (risikoarmer Eigenhändler). Das Funktionsprofil eines Routineunternehmens beschränkt sich regelmäßig auf die (konkrete) Funktions- bzw. Tätigkeitsausübung. Eigene Marktchancen und -risiken nimmt es nicht wahr. Die für die Geschäftsbeziehung wesentlichen materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter werden nicht durch das Routineunternehmen eingesetzt, sondern durch den Auftraggeber – in der Regel kostenlos – beigestellt. Insofern kennzeichnen lediglich die mit der Funktionsausübung verbundenen Risiken das Risikoprofil eines Routineunternehmens. Die eingeschränkte Funktionsausübung des Routineunternehmens ist grundsätzlich – ausgenommen der risikoarme Eigenhändler – als Dienstleistung an den Auftraggeber anzusehen. Für diese wird in der Verrechnungspreispraxis i. d. R. ein – nach der Kostenaufschlagsmethode oder geschäftsvorfallbezogenen Nettomargenmethode ermitteltes – kostenorientiertes Entgelt vergütet. Insofern erzielen Routineunternehmen bei gewöhnlichem Geschäftsverlauf geringe, aber stabile Gewinne. Von Verlusten werden Routineunternehmen – bei gewöhnlichem Geschäftsverlauf – durch den Auftraggeber freigehalten, was durch die kostenorientierte Entgeltbemessung gewährleistet ist. Dessen ungeachtet, hat nach Verwaltungsauffassung jedes Unternehmen, auch wenn es nur Routinefunktionen ausübt, die Chance und das Risiko, aufgrund der eigenen Geschäftstätigkeit in einem bestimmten Rahmen bessere oder schlechtere Ergebnisse zu erzielen.[2]

 

Rz. 21

Keine Verlagerung eines Gewinnpotenzials

Wird lediglich die Funktionsausübung im Wege der Funktionsabspaltung oder -abschmelzung auf ein Routineunternehmen übertragen, ist der Tatbestand der Funktionsverlagerung regelmäßig nicht erfüllt.[3] Sowohl die Funktion selbst als auch die mit ihr verbundenen (wesentlichen) Chancen und Risiken verbleiben beim verlagernden Unternehmen und gehen nicht auf das übernehmende Unternehmen über. Was die mit der Funktions- bzw. Tätigkeitsausübung einhergehenden Chancen und Risiken anbelangt, sind diese jedweder Tätigkeitsausübung eigen.[4] Sie erwachsen aus der Funktionsausübung selbst. Ebenso wenig gehen auf das Routineunternehmen ein Gewinnpotenzial ausmachende immaterielle Wirtschaftsgüter oder Vorteile über. Vielmehr wird es (lediglich) in die Lage versetzt, eine nur die Tätigkeitsausübung betreffende fremdvergleichskonforme Vergütung zu erzielen. Insofern rechtfertigen sich unter Fremdvergleichsgesichtspunkten keine Ausgleichszahlungen.[5] Wollte man dies anders sehen, wären solche Zahlungen zulasten späterer laufender, fremdvergleichskonformer Vergütungen zu berücksichtigen. Dies führt im Saldo zu Vergütungen, die mit dem Fremdvergleichsgrundsatz nicht zu vereinbaren sind.

 

Rz. 22

Funktionsverlagerung nach Auffassung der Finanzverwaltung

Von ebensolchen Überlegungen geht auch die Verordnungsbegründung zu § 2 Abs. 2 FVerlV a. F. aus. Dort heißt es: "Auf ein solches Unternehmen [mit Routinefunktionen; d. Verf.] gehen aufgrund der Funktionsverlagerung keine Chancen und Risiken über, die die Zahlung eines besonderen Entgelts an das verlagernde Unternehmen für die Übertragung oder Nutzungsüberlassung immaterieller Wirtschaftsgüter und Vorteile rechtfertigen".[6] Allerdings hat der Verordnungsgeber dieses zutreffende Verständnis nicht zum Gegenstand einer Abgrenzung vom Tatbestand der Funktionsverlagerung gemacht, sondern "kuriert" die Bewertungsfolge (siehe Rz. 74 ff.). Während der Verordnungsgeber im Hinblick auf das Vorliegen einer Funktionsverlagerung letztlich unbestimmt bleibt,[7] geht die Finanzverwaltung – allerdings ohne Begründung ihrer Rechtsauffassung – davon aus, dass eine Funktionsverlagerung gegeben ist.[8]

 

Rz. 23

Regelung des § 1 Abs. 3b Satz 3 AStG

Ginge man entgegen der hier vertretenen Auffassung vom Vorliegen einer Funktionsverlagerung aus, käme dem Anwendungsbereich von § 1 Abs. 3b Satz 3 FVerlV, der auf die Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 1 FVerlV a. F. zurückgeht,[9] entscheidende Bedeutung zu. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber die zutreffende Auffassung des Verordnungsgebers des § 2 Abs. 2 Satz 1 FVerlV a. F., dass die Zahlung eines besonderen Entgelts an das verlagernde Unternehmen mangels Übertragung und Nutzungsüberlassung immaterieller Wirtschaftsgüter und Vorteile nicht zu rechtfertigen sei, jedenfalls partiell auf Ebene der Bewertungsfolge umgesetzt. § 1 Abs. 3b Satz 3 AStG regelt die ...

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