Rz. 233

Wird im Rahmen der Begründung einer echten Betriebsaufspaltung (Rz. 16) ein bisher einheitliches Personenunternehmen dergestalt aufgeteilt, dass ein Teil der Wirtschaftsgüter auf eine Betriebskapitalgesellschaft übertragen wird, sodass mindestens eine wesentliche Betriebsgrundlage beim jetzigen Besitzunternehmen verbleibt[1], ist zwischen der Behandlung der beim Besitzunternehmen verbleibenden bzw. der auf die Betriebskapitalgesellschaft übertragenen Wirtschaftsgüter zu differenzieren.

 

Rz. 234

Soweit die Wirtschaftsgüter beim Besitzunternehmen verbleiben, kommt es zur Buchwertfortführung. Es sind weder die Voraussetzungen für eine Betriebsaufgabe oder -veräußerung erfüllt noch werden die beim Besitzunternehmen verbleibenden Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen entnommen; ein gewinnrealisierender Tatbestand liegt somit nicht vor. Das Besitzunternehmen gilt weiterhin als gewerbliches Unternehmen.[2]

 

Rz. 235

Erfolgt die Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter auf das Betriebsunternehmen gegen Entgelt unabhängig davon, ob dies im Lauf der Gründung oder zeitlich nachgelagert erfolgt, liegt seitens der Besitzunternehmung ein gewinnrealisierendes Veräußerungsgeschäft (ggf. kann hier § 6b EStG angewendet werden) und seitens der Betriebsgesellschaft ein erfolgsneutrales Anschaffungsgeschäft vor. Die Befreiung von einer Geldschuld steht dabei einer Geldleistung gleich.[3] Entgeltlichkeit liegt somit auch bei Schuldübernahme vor; dies gilt gleichermaßen bei Begründung der Betriebsaufspaltung als auch bei einer bestehenden Betriebsaufspaltung.[4]

 

Rz. 236

Erfolgt die Übertragung eines Wirtschaftsguts gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten (offene Sacheinlage) an der Betriebskapitalgesellschaft, handelt es sich um einen tauschähnlichen Vorgang, der aufseiten des einbringenden Besitzunternehmens zu einem veräußerungsähnlichen Vorgang und aufseiten der aufnehmenden Betriebskapitalgesellschaft zu einem kaufähnlichen Anschaffungsvorgang führt.[5]

Die erlangten Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft sind beim Besitzunternehmen gem. § 6 Abs. 6 S. 1 EStG mit dem gemeinen Wert des hingegebenen Wirtschaftsguts zu aktivieren. Der Vorgang ist gewinnrealisierend im Herkunftsbetriebsvermögen.[6]

 

Rz. 237

Erfolgt die Übertragung in die Betriebskapitalgesellschaft nicht gegen Gewährung von Gesellschaftsanteilen (verdeckte Sacheinlage), gilt die Gewinnrealisierung und Einlagebewertung nach § 6 Abs. 6 S. 2 EStG bzw. Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 6 S. 3 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 Buchst. a EStG (verdeckte Einlage innerhalb der Dreijahresfrist).

Die Anschaffungskosten der Beteiligung an der Betriebskapitalgesellschaft erhöhen sich dabei um den Teilwert bzw. in den Sonderfällen des § 6 Abs. 6 S. 3 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 Buchst. a EStG um den Einlagewert des eingelegten Wirtschaftsguts.

Die Anwendung von § 6 Abs. 6 S. 2 EStG wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die verdeckte Einlage disquotal zugunsten von nur an der Betriebskapitalgesellschaft beteiligten nahen Angehörigen (Nur-Betriebsgesellschafter, vgl. Rz. 104) erfolgt.[7] Zu den steuerlichen Folgen beim Besitzunternehmen als auch der Betriebskapitalgesellschaft und deren Gesellschafter vgl. Rz. 194ff.

Damit ist bei Begründung einer echten Betriebsaufspaltung in Form einer Besitzpersonenunternehmung und einer Betriebskapitalgesellschaft durch Übertragung von Wirtschaftsgütern nur noch in den Fällen steuerneutral möglich, in denen die auf die Betriebskapitalgesellschaft übertragenen Wirtschaftsgüter keine stillen Reserven enthalten.[8]

 

Rz. 238

Auswege bzw. Gestaltungsmöglichkeiten zur Vermeidung einer Gewinnrealisierung bieten etwa folgende "Modelle" bzw. Überlegungen:

  • Betriebsverpachtungsmodell (vgl. auch Rz. 228ff.) ggf. i. V. m. dem Schrumpfungsmodell[9]: Danach verpachtet das Besitzunternehmen zunächst den gesamten Gewerbebetrieb an die Betriebskapitalgesellschaft – und bei Anwendung des Schrumpfungsmodells – werden künftige Neu- bzw. Ersatzinvestitionen durch die Betriebskapitalgesellschaft selbst getätigt. Sofern i. d. Z. ursprünglich überlassene Wirtschaftsgüter später durch die Betriebskapitalgesellschaft selbst angeschafft oder geleast (Rz. 66) werden, kann es erforderlich werden, den ursprünglich vereinbarten Miet- oder Pachtzins zu reduzieren. Zu beachten ist hierbei vor allem, dass es im Zusammenhang mit dem Schrumpfungsmodell einerseits zu einer (verdeckten) Übertragung des Geschäftswerts auf die Betriebskapitalgesellschaft mit entsprechender Gewinnrealisierung beim Besitzunternehmen kommen kann (Rz. 245ff.).[10] Ferner sollte dafür Sorge getragen werden, dass es durch das Schrumpfungsmodell nicht zu einer ungewollten Beendigung der Betriebsaufspaltung und somit zur Realisierung insbesondere der in den Anteilen der Betriebskapitalgesellschaft ruhenden stillen Reserven kommt; daher sollte wenigstens eine wesentliche Betriebsgrundlage beim Besitzunternehmen verbleiben (vgl. auch Rz. 248, 255).
  • Anwachsungsmodell[11]: Aufteilung einer GmbH & Co. KG durch...

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