Rz. 66

Eine Einnahme setzt eine Vermögensmehrung i. S. einer objektiven Bereicherung voraus.[1] Ob ein geldwertes Gut gegeben ist, entscheidet sich allein nach objektiven Gesichtspunkten.[2] Dies folgt schon aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 EStG ("Güter … in Geldeswert") sowie hinsichtlich der Höhe aus § 8 Abs. 2 EStG ("übliche Endpreise"). Den subjektiven Vorstellungen der Vertragspartner bzw. der an einer Zuwendung Beteiligten kommt bei der Frage, ob und in welcher Höhe eine Einnahme vorliegt, keine Bedeutung zu. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob der Empfänger sich darüber im Klaren ist, dass ihm ein geldwerter Vorteil zugewendet wird.[3] Nimmt er den Vorteil tatsächlich in Anspruch, ist auch unerheblich, ob er selbst entsprechende Aufwendungen getätigt hätte. Ein sog. Luxuskostenanteil ist daher nicht auszuscheiden.[4]

 

Rz. 67

Nicht entscheidend ist auch, ob der Zuwendende dem Empfänger bewusst einen Vorteil zukommen lassen wollte.[5] Für die Frage, ob beim Verkauf eines Grundstücks seitens des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer zu einem ungewöhnlich niedrigen Preis in der Höhe des Unterschieds zwischen dem angesetzten und dem üblichen Kaufpreis die Zuwendung eines stpfl. geldwerten Vorteils zu sehen ist, kommt es daher allein auf einen objektiven Preisvergleich an. Die Einstellung und die persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers bleiben außer Betracht.

 

Rz. 68

Maßgeblich ist, ob ein objektiver Beobachter aus der Sicht des Empfängers bei diesem einen geldwerten Vorteil i. S. einer (objektiven) Bereicherung bejahen würde.[6] Das grundsätzliche Abstellen auf die Sicht des Empfängers ist jedoch nicht i. S. einer subjektiven Beurteilung zu verstehen. Ausschlaggebend sind auch bei dieser Betrachtung ausschließlich objektive Gesichtspunkte, nämlich die gedachte Meinung eines objektiven Betrachters aus der Sicht des Empfängers. Dieser wird immer dann eine Bereicherung anerkennen, wenn er für den zugewandten Vorteil üblicherweise ein Entgelt zu bezahlen hätte.[7] Für die Abgrenzung, ob z. B. eine steuerfreie Aufmerksamkeit vorliegt oder ob ein geldwerter Vorteil aus dem Arbeitsverhältnis anzunehmen ist, ist deshalb auf die Sicht des Arbeitnehmers abzustellen.[8] Für den Arbeitnehmer stellt sich etwa die Ausgestaltung seines Arbeitsplatzes weder i. e. S. (z. B. durch freundliche Gestaltung der Arbeitsräume) noch i. w. S. (z. B. durch Bereitstellung von Sozialräumen) als Vorteil dar, der ihm als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft gewährt wird. Aus der Sicht des Arbeitnehmers handelt es sich vielmehr um die Art und Weise, in der er seine Arbeitsleistungen zu erbringen hat, d. h. um die Ausgestaltung seiner Arbeitsleistung selbst. Das Eigeninteresse des Arbeitnehmers, diesen Vorteil zu erlangen, tritt zurück (§ 19 EStG Rz. 79ff.). Anders ist die Beurteilung bei der Befriedigung von Grundbedürfnissen des Arbeitnehmers (z. B. Kleidung, soweit keine typische Berufskleidung, Essensgestellung).[9]

 
Praxis-Beispiel

Kostenlose Unterbringung von Kindern im Betriebskindergarten

Nach der Rspr. des BFH zählt die kostenlose Unterbringung der Kinder von Arbeitnehmern in Betriebskindergärten aus der Sicht des Arbeitnehmers zu den Sachzuwendungen, die der Verbesserung der Arbeitsbedingungen dienen.[10] Anders jedoch, wenn der Arbeitgeber Zuschüsse an die Verwaltung betriebsfremder Kindergärten für die Unterbringung der Kinder seiner Arbeitnehmer entrichtet. Diese Zuwendung ist nicht nach § 3 Nr. 33 EStG steuerfrei, kann aber unter bestimmten Voraussetzungen nach § 3 Nr. 34a EStG steuerfrei sein.[11]

 

Rz. 69

Von einer aufgedrängten Bereicherung spricht man, wenn der Zufluss nicht den Dispositionen des Stpfl. entspricht. Auch ein aufgezwungener Vorteil kann als Einnahme zu erfassen sein, wenn es dem Stpfl. freisteht, von dem aufgezwungenen Vorteil Gebrauch zu machen, z. B. bei der Überlassung einer Wohnung durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer, die für die Wohnbedürfnisse des Arbeitnehmers zu groß ist, von ihm gleichwohl in vollem Umfang genutzt wird.[12] Wird dem Arbeitnehmer dagegen ein "Vorteil" aufgedrängt, ohne dass er sich ihm, will er keine Nachteile in Kauf nehmen, entziehen kann, spricht dies gegen die Annahme von stpfl. Arbeitslohn[13], z. B. bei einer auf Kosten des Arbeitgebers durchgeführten Vorsorgeuntersuchung.[14] Ein auf diese Weise aufgedrängter Vorteil ist regelmäßig ein Indiz für das Vorliegen eines ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers an der Zuwendung (§ 19 EStG Rz. 81).[15]

Das gilt z. B. auch für die Kostenerstattung zur Erlangung eines polizeilichen Führungszeugnisses[16] oder Rabatte von Autoherstellern für Außendienstmitarbeiter.[17]

 

Rz. 70

An einer objektiven Bereicherung kann es auch fehlen, wenn der Empfänger mit dem Erwerb Nachteile in Kauf nehmen muss, die den Wert des Zugeflossenen ganz oder z. T. ausgleichen; z. B. bei einem Wiederkaufsrecht des Arbeitgebers hinsichtlich eines verbilligt überlassenen Grundstücks, wenn dieses vom Arbeitnehmer nicht inn...

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