Rz. 8

Der bei der Veräußerung begünstigter Wirtschaftsgüter entstehende Gewinn ist im Zeitpunkt der Veräußerung in der Weise zu ermitteln, dass der Veräußerungserlös als Betriebseinnahme und die Veräußerungskosten sowie die noch nicht verbrauchten Absetzungen für Abnutzung – im Fall nicht abnutzbarer Wirtschaftsgüter die ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten – als Betriebsausgabe behandelt werden. Für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns gilt § 6b Abs. 2 EStG entsprechend (R 6c Abs. 1 S. 1 EStR 2012). Auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Zu- oder Abflusses dieser Beträge kommt es hierbei nicht an. Insoweit liegt eine Abweichung von den im Rahmen der Einnahme-Überschussrechnung geltenden Prinzipien des § 11 EStG vor (R 6c Abs. 1 S. 2–4 EStR 2012). Werden diese Beträge zu anderen Zeitpunkten als dem Veräußerungszeitpunkt gezahlt, bleiben sie daher zu diesen Zeitpunkten bei der Gewinnermittlung unberücksichtigt. Die tatsächlichen Zahlungen sind lediglich insoweit noch von Bedeutung, als sich aus ihrer Höhe eine Korrektur des Veräußerungsgewinns ergibt.

 

Rz. 9

Soweit der Veräußerungsgewinn noch im Wirtschaftsjahr der Veräußerung auf ein Reinvestitionsgut übertragen wird, ist in Höhe des Übertrags ein Abzug von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu machen. Ist der Erwerb im Wirtschaftsjahr vor der Veräußerung erfolgt, ist der Abzug von dem Buchwert am Schluss des Wirtschaftsjahres der Anschaffung oder Herstellung vorzunehmen (§ 6b Abs. 5 EStG). Dieser Abzug ist als Betriebsausgabe abzusetzen. Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten werden damit praktisch in einen sofort absetzbaren und einen nicht (bei nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern) bzw. nicht sofort (bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern) absetzbaren Teil aufgeteilt. Bemessungsgrundlage für die AfA des Reinvestitionsguts sind die um den Abzug verminderten Anschaffungs- oder Herstellungskosten (§ 6b Abs. 6 EStG). Da der Abzug als Betriebsausgabe behandelt wird, neutralisiert er insoweit den in demselben Wirtschaftsjahr entstandenen Veräußerungsgewinn (s. dazu das Berechnungsbeispiel in H 6c EStH 2017). Zwar muss der Abzug wegen der gesellschafterbezogenen Betrachtungsweise der Steuervergünstigung eines dem Stpfl. zuzurechnenden Veräußerungsgewinns nicht betriebsbezogen erfolgen, sondern kann auch von Anschaffungs- oder Herstellungskosten bestimmter anderer Wirtschaftsgüter eines Betriebsvermögens des Stpfl. vorgenommen werden. Ohne diesen Abzug ist die isolierte Übertragung einer Rücklage in ein anderes (Sonder-) Betriebsvermögen aber nicht zulässig.[1]

 

Rz. 10

Da bei einer Einnahme-Überschussrechnung Rücklagen nicht gebildet werden, trifft § 6c Abs. 1 S. 2 EStG eine Regelung, wie die Übertragung der stillen Reserven technisch umzusetzen ist.[2]  Abzug (fiktive Betriebsausgabe) und Zuschlag (fiktive Betriebseinnahme) ersetzen Rücklagenbildung und -auflösung. Soweit der Veräußerungsgewinn erst in einem späteren Wirtschaftsjahr auf ein Reinvestitionsgut übertragen werden soll, ist zunächst im Jahr der Veräußerung ein Abzug zu machen (maximal 100 % des Veräußerungsgewinns), der als Betriebsausgabe zu behandeln ist. Dieser Abzug entspricht der Bildung einer Rücklage bei der Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich; in seiner Höhe wird der Veräußerungsgewinn neutralisiert. Der Abzug ist spätestens am Ende des vierten Wirtschaftsjahres nach dem Wirtschaftsjahr seiner Vornahme – bei neu hergestellten Gebäuden, mit deren Herstellung bis zu diesem Zeitpunkt begonnen worden ist, am Ende des sechsten Wirtschaftsjahres – durch eine fiktive Betriebseinnahme in entsprechender Höhe wieder rückgängig zu machen. Dieser Zuschlag entspricht der Auflösung der Rücklage bei der Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich. Der Zuschlag ist bereits früher vorzunehmen, wenn und soweit der Veräußerungsgewinn zu einem früheren Zeitpunkt durch einen Abzug von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf ein Reinvestitionsgut übertragen wird. Der Abschlag ist als Betriebsausgabe zu behandeln; Zu- und Abschlag neutralisieren sich daher gegenseitig. Bemessungsgrundlage für die AfA sind die um den Abschlag verminderten Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Reinvestitionsguts (§ 6b Abs. 6 EStG). Wenn am Ende der Übertragungsfrist ein Betrag übrig bleibt, ist eine entsprechende fiktive Betriebseinnahme anzusetzen, die sich gewinnerhöhend auswirkt.[3]

 

Rz. 10a

Anders als bei der Rücklage für Ersatzbeschaffung (R 6.6 EStR 2012)[4] setzt wie bei § 6b EStG die Vornahme des Abzugs nicht voraus, dass eine Reinvestitionsabsicht besteht. Die Zweckbindung zwischen Veräußerungsgewinn und Reinvestitionsmaßnahme wird durch die Pflicht, den Abzug nach 4 Jahren rückgängig zu machen, hergestellt.

 

Rz. 11

Innerhalb der vorstehenden zeitlichen Grenzen ist es zulässig, die fiktive Betriebseinnahme (Zuschlag) ganz oder teilweise auch schon früher anzusetzen, ohne dass der Veräußerungsgewinn auf ein Reinvestitionsgut übertragen wird.[5] Dieser Vorgang entspricht der freiwilligen vorzeitigen Auf...

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