Rz. 161

Statt der sofortigen Übertragung kann auch für den Gewinn aus der Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen eine Rücklage "nach Maßgabe des Abs. 10 S. 1" gebildet werden (§ 6b Abs. 10 S. 5 EStG). In die Rücklage kann danach der erzielte Veräußerungsgewinn von höchstens 500.000 EUR eingestellt werden, und zwar einschließlich des nach § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. a und b EStG steuerfreien Teils des Gewinns. Im Zeitpunkt der Rücklagenbildung ist noch nicht sicher, ob und welche begünstigten Wirtschaftsgüter im Reinvestitionszeitraum erworben werden. Da die Rücklage nur in Höhe des noch nicht vorgenommenen Abzugs gebildet werden darf, ist auch der anteilig bereits "verbrauchte" steuerfreie Gewinnanteil nicht in die Rücklage einzubeziehen.[1]

Die Rücklage ist sowohl in dem Fall, dass es zu einer Übertragung des Veräußerungsgewinns innerhalb des Übertragungszeitraums kommt, aufzulösen als auch dann, wenn es nach Ablauf der gesetzlichen Fristen nicht zu einer Übertragung gekommen ist (Rz. 135ff.). Da auf die für den Gewinn aus der Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen gebildete Rückstellung nach § 6b Abs. 10 S. 6 die S. 2 und 3 EStG sinngemäß anzuwenden sind, ist bei der Auflösung nach Übertragung des Gewinns wieder nach den Reinvestitionsgütern zu unterscheiden: Der volle Rücklagenbetrag kann nur bei Anschaffung neuer Anteile abgezogen werden, während im Übrigen nur der stpfl. Teil von den Anschaffungskosten abgezogen werden kann. Die Auflösung der Rücklage ist aber in beiden Fällen in voller Höhe vorzunehmen (Abs. 10 S. 7). Da in der Rücklage auch der steuerfreie Teil des Veräußerungsgewinns enthalten ist, führt die Auflösung nur i. H. des anteiligen Rücklagenbetrags zu einer Gewinnerhöhung. Entsprechend geringer konnten zuvor die Anschaffungskosten gekürzt werden.

 

Rz. 162

Spätestens am Schluss des vierten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahrs ist die Rücklage in jedem Fall gewinnerhöhend aufzulösen, wenn nicht reinvestiert wurde (§ 6b Abs. 10 S. 8 EStG). Das Teileinkünfteverfahren ist nun zu beachten, d. h. die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. a und b EStG greift wieder ein. Der nicht steuerbefreite Teil der aufzulösenden Rücklage ist nach § 6b Abs. 10 S. 9 EStG für jedes Wirtschaftsjahr, in dem die Rücklage bestand, um 6 % zu erhöhen. Vermieden werden kann der Gewinnzuschlag nur durch rechtzeitige Anschaffung von Reinvestitionsgütern, hier also auch durch Kauf von Wertpapieren. Diese müssen zwar zum Anlagevermögen gehören, eine spätere Umwidmung kann aber unschädlich sein (Rz. 101).[2]

Die mit dem Zweiten-Corona-Steuerhilfegesetz geschaffene Regelung in § 52 Abs. 14 S. 5 EStG verlängert die Reinvestitionsfrist um ein Jahr, wenn die Rücklage am Schluss des nach dem 29.2.2020 und vor dem 1.1.2021 endenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden ist und nach § 6b Abs. 10 S. 8 EStG aufzulösen wäre. Durch Rechtsverordnung seitens des BMF kann diese Frist einmal um ein Jahr verlängert werden. Für Rücklagen, die erst am 31.12.2021 aufzulösen wären, ist ebenfalls eine Verlängerungsmöglichkeit der genannten Fristen (um ein Jahr) geschaffen worden, die auch eine entsprechende Rechtsverordnung des BMF voraussetzt (Rz. 135).

[1] Hartmann/Meyer, INF 2002, 141f.
[2] Strahl, FR 2001, 1154, 1162.

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