Rz. 2

Nach § 4 Abs. 1 S. 5 EStG 1969[1] waren Gewinne aus der Veräußerung oder Entnahme von Grund und Boden nur von Stpfl., die ihren Gewinn nach § 5 EStG ermittelten, zu versteuern. Wurde der Gewinn nach § 4 Abs. 1 bzw. 3 EStG oder von Land- und Forstwirten nach Durchschnittssätzen ermittelt, galt dies nicht, obwohl auch hier der betrieblich genutzte Grund und Boden zum Betriebsvermögen gehörte.[2] In dieser unterschiedlichen Behandlung sah das BVerfG einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG.[3] Vor diesem Hintergrund hob der Gesetzgeber § 4 Abs. 1 S. 5 EStG 1969[4] auf und fügte § 55 EStG[5] in das EStG ein. Folge ist, dass nunmehr ab dem Vz 1970 auch Gewinne aus der Veräußerung oder Entnahme von Grund und Boden bei Stpfl., die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 1 bzw. 3 EStG oder nach der für Land- und Forstwirte geltenden Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen ermitteln, der Besteuerung unterliegen.[6] § 55 EStG regelt in diesem Zusammenhang für die Stpfl., die ihren Gewinn in dem Wirtschaftsjahr, in das der 30.6.1970 fällt, nicht nach § 5 EStG ermittelt haben, die für den betrieblich genutzten Grund und Boden zum 1.7.1970 anzusetzenden Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten. Diese sind bei jeder späteren Veräußerung oder Entnahme des entsprechenden Grund und Bodens zum Zwecke der Ermittlung des Veräußerungs- bzw. Entnahmegewinns anzusetzen. Um die sich daraus ergebenden steuerlichen Folgen für einen Übergangszeitraum abzumildern, wurden nach § 14a EStG a. F. – ebenfalls eingefügt durch G. v. 10.8.1971[7]- unter bestimmten Voraussetzungen Freibeträge gewährt. Die entsprechenden Regelungen sind mit dem Vz 2005 ausgelaufen.

 

Rz. 3

Bei Stpfl., deren Gewinn für das Wirtschaftsjahr, in das der 30.6.1970 fällt, nicht nach § 5 EStG zu ermitteln ist, gelten nach § 55 Abs. 1 S. 1 EStG hinsichtlich des Grund und Bodens, der mit Ablauf des 30.6.1970 zu ihrem Anlagevermögen gehört, als Anschaffungs- oder Herstellungskosten das Zweifache des Ausgangsbetrags (Rz. 24ff.). Zu ermitteln ist der Ausgangsbetrag nach § 55 Abs. 2 bis 4 EStG, wobei zwischen dem zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen und dem nicht zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehörenden Grund und Boden zu unterscheiden ist. Nicht zum Grund und Boden rechnen nach § 55 Abs. 1 S. 2 EStG die mit ihm im Zusammenhang stehenden Wirtschaftsgüter und Nutzungsbefugnisse (Rz. 27).

 

Rz. 4

Weist der Stpfl. nach, dass der Teilwert für den Grund und Boden am 1.7.1970 höher ist als die nach § 55 Abs. 1 bis 4 EStG ermittelten Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten, ist auf Antrag des Stpfl. nach § 55 Abs. 5 S. 1 EStG der Teilwert statt des doppelten Ausgangsbetrags als Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten des Grund und Bodens anzusetzen (Rz. 49ff.). Der Antrag ist nach § 55 Abs. 5 S. 2 EStG bis zum 31.12.1975 bei dem FA zu stellen, das für die Ermittlung des Gewinns aus dem jeweiligen Betrieb zuständig ist. Der Teilwert ist nach § 55 Abs. 5 S. 3 EStG gesondert festzustellen.

 

Rz. 5

Verluste, die bei der Veräußerung oder Entnahme des jeweiligen Grund und Bodens entstehen, dürfen nach § 55 Abs. 6 S. 1 EStG bei der Ermittlung des Gewinns in Höhe des Betrags nicht berücksichtigt werden, um den der ausschließlich auf den Grund und Boden entfallende Veräußerungspreis oder der an dessen Stelle tretende Wert nach Abzug der Veräußerungskosten unter dem Zweifachen des Ausgangsbetrags liegt (Rz. 57ff.). Da die für den Grund und Boden nach § 55 EStG anzusetzenden Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten regelmäßig höher sind als dessen tatsächliche Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten, wird durch § 55 Abs. 6 EStG verhindert, dass bei der Veräußerung oder Entnahme des Grund und Bodens aufgrund der überhöhten Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten ein Verlust entsteht. Entsprechendes gilt nach § 55 Abs. 6 S. 2 EStG bei Teilwertabschreibungen.

 

Rz. 6

§ 55 Abs. 7 EStG beinhaltet eine Einlagefiktion (Rz. 68). Danach ist der Grund und Boden, der nach § 4 Abs. 1 S. 5 EStG 1969[8] nicht anzusetzen war, wie eine Einlage zu behandeln. Die Einbuchung erfolgt gewinnneutral. Maßgebender Wert sind die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten nach § 55 Abs. 1 bzw. 5 EStG.

 

Rz. 7

Der Sinn und Zweck von § 55 EStG besteht darin, die Folgen, die sich aus dem Übergang zur Bodengewinnbesteuerung ergeben, abzumildern. Zum einen werden stille Reserven für Zeiträume, in denen der Grund und Boden nach § 4 Abs. 1 S. 5 EStG 1969[9] nicht anzusetzen war, nicht der Besteuerung unterworfen. Zum anderen ist der Wert für den nunmehr nach § 55 EStG zu erfassenden Grund und Boden in einem vereinfachten Verfahren zu ermitteln, welches im Regelfall zu Werten für den Grund und Boden führt, die verglichen mit den tatsächlichen Werten zu hoch sind.[10] Auch sollen durch § 55 EStG sozialpolitisch unerwünschte Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt vermieden werden.[11]

 

Rz. 8

Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen gegen § 55 EStG grundsätzlich nicht (Rz. 61).[12]

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