Rz. 7

Die in S. 1 ausgewiesenen Beträge des steuerfrei zu stellenden Existenzminimums eines Kindes wurden vom BMF anhand der Kriterien des BVerfG in den Beschlüssen des BVerfG zu den Kinderfreibeträgen (Rz. 3) ermittelt. Sie entsprechen der Stellungnahme des BMF in dem Verfahren vor dem BFH VI R 176/90 (Aufforderung zum Verfahrensbeitritt v. 29.1.1999, VI R 176/90, BFH/NV 1999, 725; Stellungnahme des BMF v. 29.3.1999, BB 1999, 831 für 1985 – 1995, Rz. 23; Aufforderung zum Beitritt des BMF v. 23.9.1999, VI R 114/99, BFH/NV 2000, 319 für 1983 und 1984; ausführlich für 1983–1995 BMF v. 14.3.2000, BStBl I 2000, 413). Aus der Stellungnahme ist auch ersichtlich, wie das Kinderexistenzminimum aus den Sozialhilfe-Regelsätzen und den Wohnkosten (Miete + Heizkosten) abgeleitet ist. Ferner sind die Grenzsteuersätze angegeben, ab welchen Kindergeld und Kinderfreibetrag nicht zur steuerlichen Entlastung ausreichen; s. zu diesen Berechnungen auch Nolde, FR 2000, 187).

 

Rz. 8

In den Genuss der Neuregelung gelangen nur diejenigen Stpfl., deren ESt-Festsetzungen noch nicht formell bestandskräftig sind oder hinsichtlich der Höhe der Kinderfreibeträge vorläufig ergangen sind. Eine nicht formell bestandskräftige Steuerfestsetzung liegt nicht vor, wenn überhaupt noch keine ESt-Festsetzung ergangen ist, d. h. bei erstmaliger Festsetzung, ferner, wenn gegen den ESt-Bescheid Einspruch und möglicherweise Klage erhoben wurde, über die noch nicht bestandskräftig/rechtskräftig entschieden ist. Eine hinsichtlich der Höhe der Kinderfreibeträge vorläufige Steuerfestsetzung ist nur gegeben, wenn der Steuerbescheid insoweit ausdrücklich für vorläufig erklärt worden ist. Ab 1990 sind ESt-Bescheide hinsichtlich der Höhe der Kinderfreibeträge im Hinblick auf anhängige Musterverfahren vor dem BVerfG aufgrund allgemeiner Verwaltungsanweisungen grundsätzlich vorläufig ergangen.[1] Eine Vorläufigkeit setzt eine zumindest eindeutige Verfügung voraus. Wurde entgegen den Verwaltungsanweisungen keine Vorläufigkeit verfügt, kann eine solche nicht unterstellt werden. Ebenso scheidet eine Nachbesserung in den Fällen aus, in denen nach § 46 Abs. 2 EStG keine Veranlagung durchgeführt wurde und auch kein Antrag auf Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG gestellt wurde (Helmke, in Berlebach, § 53 EStG Rz. 4).

 

Rz. 9

Bei bereits bestandskräftiger ESt-Festsetzung kann eine rückwirkende Besserstellung nur noch im Rahmen des § 177 AO stattfinden. Wird der ESt-Bescheid aufgrund einer Korrekturvorschrift, z. B. wegen neuer Tatsachen i. S. v. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO, zuungunsten des Stpfl. geändert, ist eine in dem geänderten Bescheid zu niedrig angesetzte Kinderentlastung saldierend zu berücksichtigen.[2] Ferner können unter Vorbehalt der Nachprüfung stehende Bescheide noch geändert werden. Darüber hinaus kommt eine Nachbesserung nicht in Betracht. Auch ein Steuererlass ist ausgeschlossen.

[1] BMF v. 10.12.1998, BStBl I 1998, 1496, mit Hinweis auf vorherige Anweisungen.
[2] Glanegger, DStR 1999, 227.

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