1 Allgemeines

 

Rz. 1

§ 51 EStG enthält Ermächtigungen zum Erlass von Rechtsverordnungen, die die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats erlassen kann. Die Anforderungen an eine Ermächtigung für eine Rechtsverordnung (Bestimmtheit der Ermächtigung nach Inhalt, Zweck und Ausmaß) regelt Art. 80 GG. Danach muss die Ermächtigung für eine Rechtsverordnung bestimmt sein; das ist der Fall, wenn Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen aus ihrem Sinnzusammenhang mit anderen Vorschriften des Gesetzes und aus dem von der gesetzlichen Regelung verfolgten Ziel unter Heranziehung der Entstehungsgeschichte des Gesetzes ermittelt werden können[1]. Dabei muss erkennbar sein, was dem Bürger gegenüber zulässig ist. Welche Bestimmtheitsanforderungen im Einzelnen erfüllt sein müssen, hängt von den Besonderheiten der zu regelnden Materie und der Intensität der Maßnahme ab; wirkt die Maßnahme nicht intensiv auf die Rechtsstellung des Betroffenen ein, genügen geringere Anforderungen. Unbestimmte Rechtsbegriffe können in der Ermächtigung verwendet werden, wenn die Sachverhalte vielgestaltig sind oder erwartet wird, dass die tatsächlichen Verhältnisse häufigen Änderungen unterliegen. Bei der Abgrenzung von Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung zur Erfüllung des Bestimmtheitserfordernisses können Zweifelsfragen im Wege der Auslegung geklärt werden[2].

 

Rz. 2

Eine Rechtsverordnung darf, im Rahmen der Ermächtigung, das Gesetz nur ergänzen, sie darf das Gesetz nicht verdrängen.

 

Rz. 3

Aufgrund der Ermächtigung des § 51 EStG sind insbesondere die EStDV und die LStDV ergangen.

[1] BVerfG v. 20.10.1981, 1 BvR 640/80, BVerfGE 58, 257, 277; BVerfG v. 12.12.1984, 1 BvR 1249/83, BVerfGE 68, 319, 322.

2 Die Ermächtigung des § 51 Abs. 1 Nr. 1 EStG

 

Rz. 4

Nr. 1 enthält sechs Fallgruppen, in denen Rechtsverordnungen zur Wahrung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, zur Beseitigung von Unbilligkeiten in Härtefällen, zur Steuerfreistellung des Existenzminimums oder zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens erlassen werden können. Vier Fallgruppen (Buchst. a, b, d, e) sind nur allgemein definiert; auf ihnen beruht ein Großteil der Vorschriften der EStDV und der LStDV. Die betrifft die §§ 73a, 73c73e, 73g EStDV, die auf die Ermächtigung des § 51 Abs. 1 Nr. 1d EStG zurückgehen, während § 73f EStDV auf der Ermächtigung des § 50a Abs. 6 EStG beruht. Da die Ermächtigung des § 51 Abs. 1 Nr. 1 EStG sehr allgemein gehalten ist, kann im Einzelfall ein Verstoß gegen Art. 80 GG nicht ausgeschlossen werden. Aus diesem Grund besteht die Tendenz, die Ermächtigungen fortlaufend zu konkretisieren oder Vorschriften aus der EStDV in das Gesetz zu übernehmen.

 

Rz. 5

Durch Gesetz v. 11.10.1995[1] ist die Ermächtigung des Buchst. c eingefügt worden, die wesentliche Verfahrensvereinfachungen ermöglichen soll. Damit wurde die Möglichkeit geschaffen, Betriebsausgaben-Pauschbeträge festzusetzen und damit die Buchführung für bestimmte Gewerbetreibende oder selbstständig Tätige bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG wesentlich zu erleichtern. Die Ermächtigung ist bisher nicht ausgenutzt worden.

 

Rz. 6

Einen Sonderfall stellt die Ermächtigung nach Buchst. f dar. Diese Ermächtigung, die durch Gesetz v. 29.7.2009[2] eingeführt wurde, soll die Aufklärungsmöglichkeiten der Finanzverwaltung bei Sachverhalten mit Auslandsbezug verbessern. Sie zielt auf Geschäftsbeziehungen mit Staaten oder Gebieten, die keine Auskünfte erteilen, die sog. nicht kooperierenden Staaten. Die Ermächtigung ist durch die Verordnung v. 18.8.2009[3] ausgenutzt worden. Die Bundesrepublik schließt gegenwärtig mit einer Mehrzahl dieser Staaten Auskunftsabkommen ab oder ist in Verhandlungen hierüber, sodass die Bestimmungen der VO mehr den Charakter eines Drohpotenzials haben als dass sie tatsächlich angewandt werden ­sollen. Die Finanzverwaltung[4] hat dementsprechend mitgeteilt, dass gegenwärtig kein Staat oder Gebiet als "nicht kooperierend" eingestuft wird. Die VO ist daher gegenwärtig nicht anwendbar[5].

[1] BStBl I 1995, 438.
[2] BStBl I 2009, 826.
[3] BStBl I 2009, 1146.
[4] BMF v. 8.12.2009, IV B 2 – S 1315/08/10001-09, BStBl I 2009, 19.
[5] Zur Kommentierung der VO Frotscher, in Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, Nebengesetze 3.

3 Die Ermächtigung des § 51 Abs. 1 Nr. 2 EStG

 

Rz. 7

Im Gegensatz zu den sehr allgemein gehaltenen Ermächtigungen der Nr. 1 enthält Nr. 2 eine Vielzahl von konkreten Einzelermächtigungen. Diese Einzelermächtigungen und die sie ausfüllenden Vorschriften der EStDV sind überwiegend aus wirtschaftspolitischen Gründen geschaffen worden.

Buchst. a (Übergangsregelung bei Aufhebung oder Änderung von Vorschriften): Die Ermächtigung wird gegenwärtig nicht genutzt.

Buchst. b (Preissteigerungsrücklage): Die Ermächtigung wurde gestrichen.

Buchst. c (steuerbegünstigte Zwecke): Nachdem die wesentlichen Regelungen über die Abzugsfähigkeit von Spenden und Beiträge in § 10b EStG übernommen worden sind, erfasst die Ermächtigung nur noch die Regelung über den Nachweis der Zuwendungen. Die Ermächtigung ist in § 50 ES...

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