1 Allgemeines

1.1 Überblick über die Vorschrift

 

Rz. 1

§ 50i EStG wurde durch das AmtshilfeRLUmsG v. 26.6.2013[1] eingefügt. Die Vorschrift soll "erhebliche Steuerausfälle in Milliardenhöhe" verhindern. Mit § 50i EStG wurde eine Regelung geschaffen, die die Besteuerung späterer Veräußerungsgewinne in den Fällen ermöglicht, in denen aufgrund des bisherigen Rechtsverständnisses der Finanzverwaltung im Zeitpunkt des Wegzugs ins Ausland, einer Umstrukturierung oder Überführung von Wirtschaftsgütern oder Anteilen auf die Besteuerung verzichtet wurde.[2] In einem weiteren Gesetzgebungsverfahren (KroatienAnpG v. 25.7.2014[3]) hat der Gesetzgeber § 50i EStG neu gefasst, insbesondere um einen 2. Absatz erweitert und erheblich verschärft. Eine steuerneutrale Einbringung vor allem von Kapitalgesellschaftsanteilen in Personengesellschaften[4] ist durch Gesellschafter, die im Ausland leben, seitdem grundsätzlich nicht mehr möglich.

 

Rz. 2

§ 50i Abs. 1 S. 1 EStG dient der Absicherung der inländischen Besteuerung von Gewinnen aus der Veräußerung oder Entnahme von Wirtschaftsgütern bzw. Anteilen an Kapitalgesellschaften i. S. d. § 17 EStG, die nach einem Wegzug zu einem späteren Zeitpunkt realisiert werden. Diese Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens oder Anteile i. S. d. § 17 EStG müssen vor dem 29.6.2013 in das Betriebsvermögen einer Personengesellschaft i. S. d. § 15 Abs. 3 EStG zu Buchwerten übertragen oder überführt worden sein. In diesem Fall soll ein späterer Veräußerungs- oder Entnahmegewinn, den ein gem. DBA im anderen Vertragsstaat ansässiger Stpfl. erzielt, ungeachtet entgegenstehender DBA-Bestimmungen (sog. Treaty Override) im Inland zu versteuern sein.[5]

 

Rz. 2a

Der bisherige § 50i S. 2 EStG wurde durch das KroatienAnpG zum neuen § 50i Abs. 1 S. 3 EStG. Der neue § 50i Abs. 1 S. 2 EStG erweitert nunmehr ausdrücklich den Anwendungsbereich des § 50i Abs. 1 S. 1 EStG auf Umstrukturierungen i. S. d. § 20 UmwStG.

 

Rz. 3

§ 50i Abs. 1 S. 3 EStG erstreckt die Rechtsfolgen aus den vorhergehenden S. 1 und 2 des Abs. 1 auch auf die laufenden Einkünfte einer gem. § 15 Abs. 3 EStG fiktiv gewerblichen Personengesellschaft i. S. d. S. 1. Die Änderung des S. 3 (bisher S. 2) durch das KroatienAnpG ist Folge der Einfügung des neuen S. 2. Danach gilt seine Rechtsfolge auch für die Fälle des neu eingefügten S. 2.

 

Rz. 4

Der bisherige S. 3 wird durch das KroatienAnpG zum neuen S. 4; dieser Satz dehnt – mit Geltung ab Vz 2014 – außerdem die darin enthaltene Regelung zur Betriebsaufspaltung auch auf Einzelunternehmen aus.[6] Erzielt ein Besitz-Einzelunternehmen oder eine Besitzpersonengesellschaft im Rahmen einer Betriebsaufspaltung gewerbliche Einkünfte, sind die S. 1 und 3 nach § 50i S. 4 EStG n. F. entsprechend anzuwenden.

 

Rz. 4a

Zur Vermeidung von sog. Steuergestaltungsstrategien wurde mit dem KroatienAnpG ein neuer § 50i Abs. 2 EStG eingefügt. In dessen Anwendungsbereich wird außer über die bei einem Wegzug in einen anderen Vertragsstaat gesetzlich fingierte "Steuerhängigkeit" der betreffenden Wirtschaftsgüter hinaus kein weitergehender Besteuerungsaufschub gewährt.

 

Rz. 4b

Nach § 50i Abs. 2 S. 1 EStG werden die Bewertungswahlrechte des Umwandlungssteuerrechts für den Ansatz von Sachgesamtheiten, z. B. bei der Einbringung von Mitunternehmeranteilen nach § 20 Abs. 1 UmwStG, die die Wirtschaftsgüter und Anteile i. S. d. § 50i Abs. 1 EStG enthalten, suspendiert.

 

Rz. 4c

§ 50i Abs. 2 S. 2 EStG soll sicherstellen, dass Übertragungen und Überführungen der betreffenden Wirtschaftsgüter aus dem Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft oder dem Sonderbetriebsvermögen des Mitunternehmers der Personengesellschaft ungeachtet des § 6 Abs. 3 und 5 EStG nur mit dem gemeinen Wert angesetzt werden können.

 

Rz. 4d

§ 50i Abs. 2 S. 3 EStG enthält eine Legaldefinition des sog. "Strukturwandels"; i. d. F. erfolgt ebenfalls der Ansatz der betreffenden Wirtschaftsgüter und Anteile mit dem gemeinen Wert.

 

Rz. 4e

Nach § 50i Abs. 2 S. 4 EStG bleibt Abs. 1 S. 4 (Betriebsaufspaltungen) von der Neuregelung in Abs. 2 unberührt.

[1] BGBl I 2013, 1809.
[2] Gesetzentwurf des Bundesrats, Entwurf eines JStG 2013 v. 10.4.2013, BT-Drs. 17/13033, 18, 73.
[3] Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 25.7.2014, BGBl I 2014, 1266.
[4] Ebenso Prinz, GmbHR 2014, R 241.
[5] Töben, IStR 2013, 682.
[6] BT-Drs. 18/1995, 23, 116; s. a. Prinz, GmbHR 2014, R 241.

1.2 Rechtsentwicklung und Bedeutung der Vorschrift

 

Rz. 5

Zur Vermeidung der Aufdeckung stiller Reserven bei einem Wegzug ins Ausland (§ 6 AStG), bei einer Umstrukturierung (§ 20 UmwStG) oder beim Ausschluss oder einer Beschränkung des Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts nach § 4 Abs. 1 S. 3 und 4 EStG sind Anteile an Kapitalgesellschaften und andere Wirtschaftsgüter in der Vergangenheit häufig im Rahmen des sog. "Verstrickungsmodells"[1] steuerneutral[2] auf eine gewerblich geprägte Personengesellschaft i. S. d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG (typischerweise auf eine GmbH & Co. KG) übertragen worden.[3]

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