Rz. 22

§ 50i EStG soll auch keine Vertrauensschutztatbestände verletzen, denn die Stpfl. seien – so die Gesetzesbegründung zur zeitlichen Anwendungsregelung des § 52 Abs. 48 EStG (vorher: § 52 Abs. 59d EStG)[1] – bisher selbst davon ausgegangen, dass sie die Besteuerung der stillen Reserven im Zeitpunkt des Wegzugs, der Umstrukturierung oder des Ausschlusses des Besteuerungsrechts zunächst vermeiden könnten und dafür die deutsche Besteuerung der laufenden Einkünfte hinzunehmen hätten. Im Übrigen wird an dieser Stelle auf die Ausführungen in Rz. 81f ff. verwiesen.

 

Rz. 23

An dieser Beurteilung müssten sich die Stpfl. nach Treu und Glauben weiterhin festhalten lassen. Deshalb sei es jedenfalls in den Altfällen gerechtfertigt, die Besteuerung ungeachtet entgegenstehender Vorschriften der DBA durchzuführen.[2] Zumindest im Hinblick auf die, die laufenden Einkünfte i. S. d. § 50i Abs. 1 S. 3 EStG (vorher: § 50i S. 2 EStG) betreffende Anwendungsregelung des § 52 Abs. 48 EStG (vorher: § 52 Abs. 59d S. 2 EStG), wird im Schrifttum[3] eine verfassungswidrige echte Rückwirkung angenommen. Im Übrigen wird an dieser Stelle auf die Ausführungen in Rz. 81f ff. verwiesen.

 

Rz. 24

Die Gefahr einer Doppelbesteuerung für den Fall, dass der ausl. Staat ungeachtet der inländischen Gesetzeslage im tatsächlichen Veräußerungsfall sein Besteuerungsrecht geltend macht[4], dürfte – so Mitschke[5] aus Sicht der Finanzverwaltung – bei den Altfällen eher gering sein. Sie bestehe jedenfalls dann nicht, wenn – wie in der Vergangenheit häufig geschehen – der ausl. Staat das spätere deutsche Besteuerungsrecht ausdrücklich anerkannt hat.

 

Rz. 25

Nach anderen im Schrifttum vertretenen Auffassungen[6] drohen Doppelbesteuerungen, da die Vorschrift auch stille Reserven erfasst, die nach einem Wegzug entstehen. Bei einer späteren tatsächlichen gewinnrealisierenden Anteilsveräußerung (oder Entnahme) erfolgt die inländische Besteuerung nach Maßgabe der allgemeinen Regeln (Teileinkünfteverfahren, ggf. inklusive GewSt)[7] und nicht nach § 6 AStG. Stpfl. ist der gesamte Gewinn, also auch jene stillen Reserven, die erst nach einem Wegzug entstehen, und zwar ungeachtet etwaiger DBA-Bestimmungen.[8]

 

Rz. 26

Besteuert auch der ausl. Staat den Veräußerungs- bzw. Entnahmegewinn bzw. die laufenden Einkünfte, besteht nur die Möglichkeit, die Durchführung eines Verständigungsverfahrens zu beantragen (Art. 25 Abs. 1 OECD-MA).[9] Flankierende Ergänzungen in § 34c EStG zur Milderung einer drohenden Doppelbesteuerung sind nicht vorgesehen. Zu europarechtlichen Auswirkungen insbesondere des neuen § 50i Abs. 2 EStG u. a. in Bezug auf die DMC-Entscheidung des EuGH v. 23.1.2014[10] vgl. die Ausführungen in Rz. 88 ff.

[1] Gesetzentwurf des Bundesrats, Entwurf eines JStG 2013 v. 10.4.2013, BT-Drs. 17/13033, 20, 77; Mitschke, FR 2013, 694, 698.
[2] Beispielhaft Art. 13 Abs. 5 OECD-MA; zustimmend: Bilitewski/Schifferdecker, Ubg 2013, 559, 565; Salzmann, IWB 2013, 405, 411; a. A. Pohl, IStR 2013, 699, 703; ebenfalls kritisch in Zusammenhang mit Rückwirkungsfragen: Prinz, DB 2013, 1378, 1381.
[3] Salzmann, IWB 2013, 405, 411; Pohl, IStR 2013, 699, 703.
[4] Diese Gefahr sieht Prinz, DB 2013, 1378, 1381; zum Doppelbesteuerungsrisiko bei Betriebsaufspaltungen i. S. d. § 50i S. 3 EStG Schulze zur Wiesche, BB 2013, 2463, 2467.
[5] Mitschke, FR 2013, 694, 698; grds. zustimmend, aber differenzierend: Pohl, IStR 2013, 699, 702.
[6] Töben, IStR 2013, 682, 685; das Risiko einer Doppelbesteuerung nicht gänzlich ausschließend: Pohl, IStR 2013, 699, 702.
[7] Prinz, DB 2013, 1378, 1381.
[8] Töben, IStR 2013, 682, 685.
[9] BMF-Schreiben zur Anwendung der Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) auf Personengesellschaften v. 26.9.2014, IV B 5 – S 1300/09/10003, BStBl I 2014, 1258; Pohl, IStR 2013, 699, 702.
[10] EuGH v. 23.1.2014, Rs. C-164/12 (DMC), BFH/NV 2014, 478; Patzner/Nagler; GmbHR 2014, 210; s. a. Mitschke, IStR 2014, 106; Vorinstanz: Vorabentscheidungsersuchen des FG Hamburg v. 26.1.2012, 2 K 224/10, EFG 2012, 1206, Haufe-Index 2945000.

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