Rz. 219

Der Tatbestand des Abs. 9 S. 1 Nr. 2 erfasst die Fälle, in denen die Einkünfte einer im Inland unbeschränkt stpfl. Person nur deshalb nicht im Ausland besteuert werden, weil der ausl. Staat diese Einkünfte im Rahmen der beschr. Steuerpflicht nicht erfasst. Der Gesetzeswortlaut ist nicht an das internationale Begriffsverständnis angepasst; gemeint ist, dass die Einkünfte nur deshalb in dem anderen Staat steuerbefreit sind, weil der Stpfl. in diesem Staat nicht ansässig ist.[1] Bei der Klausel handelt sich um eine "Subject-to-tax-Klausel".

 

Rz. 219a

Die Vorschrift enthält eine Regelung, die § 50d Abs. 8 EStG vergleichbar ist. Während § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 2 EStG eine allgemeine, für alle Einkunftsarten geltende Regelung enthält, regelt Abs. 8 speziell den Rückfall des Besteuerungsrechts an Deutschland für Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Dabei sind die Voraussetzungen des § 50d Abs. 8 EStG enger, da kein Rückfall des Besteuerungsrechts eintritt, wenn der andere Staat auf sein Besteuerungsrecht bewusst verzichtet hat, während es bei § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 2 EStG nur darauf ankommt, ob die Einkünfte der Besteuerung unterliegen.

 

Rz. 219b

Die Rspr. hat aus § 50d Abs. 9 S. 3 EStG, wonach die Regelung des Abs. 8 unberührt bleiben soll, geschlossen, dass Abs. 8 als die speziellere Vorschrift ist und Abs. 9 S. 1 Nr. 2 verdrängt.[2] Durch G. v. 26.6.2013[3] ist die Formulierung des S. 3 geändert worden, sodass Abs. 8 nur insoweit vorrangig sein soll, als dadurch die Freistellung in weiterem Umfang eingeschränkt wird als durch Abs. 9 S. 1 Nr. 2. Daher sind beide Vorschriften nebeneinander anzuwenden. Die Rechtsfolge bestimmt sich nach derjenigen Vorschrift, die zu der jeweils weitgehenderen Einschränkung der Steuerfreiheit führt. Hierzu sowie zum Inkrafttreten der Neuregelung vgl. Rz. 189.

 

Rz. 219c

Die Vorschrift setzt in ihrem Tatbestand voraus, dass die Einkünfte nach einem DBA von der deutschen Besteuerung auszunehmen sind. Als Rechtsfolge bestimmt sie, dass ungeachtet des DBA nicht die Freistellungs-, sondern die Anrechnungsmethode anzuwenden ist. Die Vorschrift enthält also ein Treaty Override und damit einen Bruch des Vertrags der Bundesrepublik mit dem ausl. Staat. Der BFH hat daher § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 2 EStG wegen des darin liegenden Verstoßes gegen den Grundsatz der Vertragstreue, der Völkerrechtsfreundlichkeit des GG und des Rechtsstaatsprinzips für verfassungswidrig gehalten und dem BVerfG zur Entscheidung vorgelegt.[4] Angesichts der neueren Rspr. des BVerfG zum Treaty Override ist jedoch nicht damit zu rechnen, dass das BVerfG die Vorschrift für verfassungswidrig erklären wird. Vgl. zur Rspr. des BVerfG Rz. 5d.

 

Rz. 220

Die Steuerfreistellung im Ausland muss allein und ausschließlich auf der beschr. Steuerpflicht beruhen, d. h., es muss sich um Einkünfte handeln, die der ausl. Staat im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht (bei Ansässigkeit) erfassen würde. Sind die Einkünfte im Ausland generell steuerfrei, also auch im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht, beruht die Steuerfreiheit im Ausland nicht "nur" auf der beschr. Steuerpflicht; Abs. 9 S. 1 Nr. 2 ist dann nicht anwendbar. Das ist auch der Fall, wenn die fraglichen Einkünfte deshalb bei unbeschränkter Steuerpflicht steuerfrei wären, weil sie ihrer Höhe nach unter der Besteuerungsgrenze liegen.[5] Gleiches gilt, wenn die Einkünfte zwar der beschr. Steuerpflicht unterliegen, tatsächlich aber keine Steuer festgesetzt wird, weil ein Ausgleich mit Verlusten erfolgt. Auch dann ist Abs. 9 S. 1 Nr. 2 nicht anwendbar. Die Vorschrift will die Ausnutzung sachlicher Steuerfreistellungen im Rahmen der beschr. Steuerpflicht (wie z. B. in der Bundesrepublik die Freistellung von Zinseinkünften bei beschr. Steuerpflicht) verhindern.

 

Rz. 220a

Maßgebend ist nur, dass die Einkünfte im Ausland wegen der beschr. Steuerpflicht nicht stpfl. sind, d. h., dass die gesetzlichen Vorschriften des ausl. Staats diese Einkünfte aus der beschr. Steuerpflicht ausscheiden. Unterliegen die Einkünfte im ausl. Staat der beschr. Steuerpflicht, werden sie aber tatsächlich nicht besteuert, weil der ausl. Staat die Einkünfte nicht kennt (Verletzung der Erklärungspflicht durch den Stpfl.), greift die Vorschrift nicht ein. Die Vorschrift greift, anders als Nr. 1, auch nicht ein, wenn der ausl. Staat die Einkünfte einer Abzugssteuer mit begrenztem Steuersatz unterwirft. Wird die Abzugssteuer jedoch erstattet, weil zunächst unabhängig von der Steuerpflicht der Einkünfte ein Steuerabzug vorgenommen wurde, sich nach einer Prüfung aber ergeben hat, dass der Stpfl. im Rahmen der beschr. Steuerpflicht einen Anspruch auf Steuerfreistellung hat, ist die Vorschrift anwendbar.[6] Dass die Erstattung, und damit die Steuerfreistellung, im ausl. Staat antragsabhängig ist, ändert daran nichts. Die Vorschrift ist auch anwendbar, wenn es tatsächlich nicht zu einer Erstattung kommt, weil der Stpfl. den Antrag nicht oder nicht rechtzeitig stellt. Auch dann sind die Einkünfte im ausl. Staat nicht...

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