Rz. 149

Eine "Aushebelung" des Abs. 3 durch Gestaltungen ist schwierig.[1] Möglich ist es, die zwischengeschaltete Gesellschaft so mit Substanz auszustatten, dass sie die Voraussetzungen des Abs. 3 S. 1 Nr. 1, 2 erfüllt. Bei Leistungen gegenüber konzernabhängigen Gesellschaften ist jedoch die Gefahr von verdeckten Gewinnausschüttungen zu vermeiden. Bei einer Umqualifizierung von Dienstleistungsentgelten in verdeckte Gewinnausschüttungen würden diese als schädliche Bruttoerträge qualifiziert mit der Gefahr, dass es zur Aufteilung bei der Entlastungsberechtigung kommt.[2]

 

Rz. 150

Eine weitere Möglichkeit wäre, in der Bundesrepublik eine Personengesellschaft zwischenzuschalten, die die Beteiligung hält. Die Beteiligungserträge würden dann, soweit eine (ausl.) Kapitalgesellschaft an der Personengesellschaft beteiligt ist und durchgerechnet eine Beteiligung von mindestens 10 % hält, nach § 8b KStG[3] steuerbefreit sein, sodass die KapESt zu erstatten wäre. § 50d Abs. 3 EStG wäre nicht anwendbar, da die Entlastung von der KapESt nicht auf § 43b EStG, sondern auf § 8b KStG beruht. Abgesehen davon, dass diese Gestaltung dem Vorwurf der Umgehung des § 50d Abs. 3 EStG und damit dem Missbrauch nach § 42 AO ausgesetzt sein kann, ist zweifelhaft, ob eine Beteiligung mehr oder weniger beliebig mit steuerrechtlicher Wirkung einer Personengesellschaft zugeordnet werden kann. Für Betriebsstätten hat der BFH[4] entschieden, dass eine Betriebsstätte keine "Holdingfunktion" ausüben kann. Da Personengesellschaften im internationalen Steuerrecht wie Betriebsstätten behandelt werden, muss befürchtet werden, dass die Verwaltung diese Rspr. auf Personengesellschaften anwenden[5] und dies auf die Steuerentlastung nach § 8b KStG übertragen wird. Eine Beteiligung wäre daher nur dann mit steuerlicher Wirkung der Personengesellschaft zuzuordnen, wenn die Personengesellschaft selbst eine substanzielle wirtschaftliche Tätigkeit ausübt und die Beteiligung mit dieser Tätigkeit in einem funktionalen wirtschaftlichen Zusammenhang steht. Die Gewinnausschüttungen der Kapitalgesellschaft dürfen dann nur als Nebenerträge aus dem aktiven Geschäft der Personengesellschaft anzusehen sein ("funktionale Betrachtungsweise"). Diese Gestaltung ist daher mit einem hohen Risiko verbunden.

 

Rz. 151

Eine Umgehung des § 50d Abs. 3 EStG ist möglich, indem der ausl. Gesellschafter sich in Form einer atypisch stillen Gesellschaft an der deutschen Kapitalgesellschaft beteiligt.[6] Dann unterliegt der Gewinnanteil des ausl. Gesellschafters zwar der beschr. Steuerpflicht, doch ist die Steuerbelastung im Grundsatz nicht höher als die Steuerbelastung, die eintreten würde, wenn die deutsche Kapitalgesellschaft die Gewinne zu versteuern hätte. Der Gewinn kann dann KapESt-frei aus der stillen Gesellschaft entnommen werden, da es sich nicht mehr um eine Ausschüttung handelt. Als weiterer Vorteil wird angeführt, dass die Anteile an der deutschen Kapitalgesellschaft notwendiges Betriebsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft sind.[7] Dann würde die Ausschüttung an den ausl. Gesellschafter in das Sonderbetriebsvermögen dieses Gesellschafters bei der atypisch stillen Gesellschaft fließen, sodass diese Dividende nach § 8b Abs. 1 KStG steuerfrei und die KapESt anzurechnen bzw. zu erstatten wäre. Da diese Erstattung nicht auf § 43b EStG oder DBA beruht, wäre § 50d Abs. 3 EStG nicht anwendbar. Es muss jedoch bezweifelt werden, ob dieser letztere Effekt durchsetzbar wäre; zumindest läge ein Rechtsmissbrauch nach § 42 AO nahe, wenn die atypische stille Gesellschaft keine andere Funktion als die Reduzierung der KapESt hat. Im Übrigen ist diese Gestaltungsmöglichkeit durch den ab 1.1.2012 anwendbaren § 50d Abs. 11 EStG beseitigt worden.

 

Rz. 152

Eine ähnliche Gestaltung ist über eine KGaA möglich, bei der der ausl. Gesellschafter als persönlich haftender Gesellschafter eine gegenüber dem Kommanditkapital überwiegende Beteiligung hält. In diesem Fall werden die Gewinne der KGaA in den mitunternehmerischen Bereich der KGaA fallen, sodass die Überführung an den ausl. Gesellschafter nicht als Gewinnausschüttung zu qualifizieren ist und daher keine KapESt auslöst. Auch dieser Gestaltung ist jedoch durch § 50d Abs. 11 EStG der Boden entzogen worden.

 

Rz. 153

Eine weitere Möglichkeit stellt eine grenzüberschreitende Verschmelzung auf die ausl. Mutter-Kapitalgesellschaft in der EU dar.[8] Diese Verschmelzung ist, soweit in Deutschland eine Betriebsstätte verbleibt, steuerneutral möglich. Die thesaurierten Gewinne der (bisherigen) deutschen Betriebsstätte können ohne KapESt-Abzug an das ausl. Stammhaus transferiert werden, da Deutschland keine "branch profit tax" kennt.

 

Rz. 154

Die Ersetzung der Ausschüttung durch Zinsen (Gesellschafter-Fremdfinanzierung) ist durch die Zinsschranke nach § 4h EStG, § 8a KStG eingeschränkt.

[1] Käshammer/Schümmer, IStR 2011, 410.
[2] Kessler/Eicke, DStR 2007, 781, 785.
[3] Mit Ausnahme von 5 %, § 8b Abs. 5 KStG.
[5] So...

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