Rz. 76

Die Vorschrift des § 50d Abs. 3 EStG definiert ihren sachlichen Geltungsbereich durch den Verweis auf die "völlige oder teilweise Entlastung" nach Abs. 1 und 2. "Entlastung" bedeutet danach Entlastung von der Abzugssteuer nach § 50a EStG oder der KapESt, die nach einem DBA oder nach § 43b EStG zu gewähren ist, sowie die Fälle des § 50g EStG. In sachlicher Hinsicht ist daher nur der Steuerabzug bei Kapitalerträgen und nach § 50a EStG betroffen. Im Rahmen der Anwendung des Abs. 3 ist nur entscheidend, dass eine Entlastungsberechtigung nach den in Bezug genommenen Vorschriften vorliegt. Dagegen brauchen zwischengeschaltete Gesellschaft und Gesellschafter bei direktem Halten der Beteiligung nicht nach den gleichen Vorschriften entlastungsberechtigt zu sein. Maßgebend ist nur, dass eine Entlastungsberechtigung in entsprechender Höhe besteht.[1]

 

Rz. 77

Die Zahlung von Zinsen unterliegt regelmäßig nicht der Missbrauchsregelung des § 50d Abs. 3 EStG, da Zinszahlungen an beschr. Stpfl. nur in besonderen Fällen der beschr. Steuerpflicht und daher regelmäßig keiner Abzugssteuer unterliegen (§ 49 EStG Rz. 360). Das gilt auch, soweit die Zinsschranke nach § 4h EStG und § 8a KStG anwendbar ist. Anders als nach § 8a KStG a. F. werden die Zinsen nicht in verdeckte Gewinnausschüttungen umqualifiziert und unterliegen dann, selbst wenn sie nicht abzugsfähig sind oder später abzugsfähig werden, nicht der KapESt.[2] Die Vorschrift ist aber auf Zinszahlungen anwendbar, wenn im Einzelfall KapESt entsteht, etwa weil der Darlehensbetrag durch inl. Grundbesitz gesichert ist (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. c EStG) oder wenn ein Tafelgeschäft vorliegt, weil die Auszahlung der Zinsen gegen Übergabe der Zinsscheine erfolgt (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. d EStG).

 

Rz. 78

"Entlastung" ist die völlige oder teilweise Freistellung von oder Erstattung der Abzugssteuer nach den genannten Vorschriften. Durch den Verweis auf Abs. 1, 2 beschränkt die Vorschrift ihren Anwendungsbereich auf die Fälle des Quellensteuerabzugs, da diese Absätze nur anwendbar sind auf Einkünfte, die dem Steuerabzug unterliegen. Damit werden andere Einkünfte, bei denen eine Freistellung nach DBA erfolgt, die aber nicht dem Steuerabzug unterliegen, z. B. Erschleichen der Steuerentlastung bei Veräußerungsgewinnen, die nach den DBA regelmäßig nicht der beschr. Steuerpflicht unterliegen, nicht von Abs. 3 erfasst.[3] Diese Fälle können nach § 42 AO zu beurteilen sein; vgl. auch die Fallgestaltung in Rz. 65b.

 

Rz. 78a

Der sachliche Anwendungsbereich des § 50d Abs. 3 EStG ist durch § 44a Abs. 9 S. 2 EStG erweitert worden.[4] Nach § 44a Abs. 9 S. 1 EStG wird die KapESt bei Gesellschaftern, die beschr. stpfl. Körperschaften sind, auf 15 % reduziert, da der Tarifsteuersatz von Körperschaften nur 15 % beträgt. Nach § 44a Abs. 9 S. 2 EStG ist auf diese Reduzierung der KapESt ebenfalls § 50d Abs. 3 EStG anwendbar. Damit soll verhindert werden, dass ein ausl. Gesellschafter, der natürliche Person und daher nicht für die Reduzierung der KapESt nach § 44a Abs. 9 S. 1 KStG qualifiziert ist, eine Körperschaft zwischenschaltet. § 50d Abs. 3 EStG ist auf diese Fälle nicht direkt anwendbar, da die Entlastung von der KapESt nach § 44a Abs. 9 S. 1 EStG in § 50d Abs. 1 EStG nicht in Bezug genommen worden ist; deshalb musste die Anwendbarkeit des § 50d Abs. 3 EStG durch eine ausdrückliche Verweisung sichergestellt werden. Die Verweisung bezieht sich nicht auf die Berechtigung nach DBA oder § 43b EStG, die im Rahmen des § 44a Abs. 9 EStG unbeachtlich sind, sondern nur auf die Substanzerfordernisse des § 50d Abs. 3 EStG. Das bedeutet, dass die Vorschrift entsprechend anwendbar ist, wenn an der zwischengeschalteten Gesellschaft Gesellschafter beteiligt sind, die nicht selbst zur Reduzierung der Steuer auf 15 % berechtigt, also keine Körperschaften sind. Die Berechtigung zur Reduzierung der KapESt auf 15 % besteht dagegen, soweit die zwischengeschaltete Gesellschaft Bruttoerträge aus eigener Wirtschaftstätigkeit erzielt. Soweit das nicht der Fall ist, erfolgt die Reduzierung auf 15 % dennoch, wenn für die Zwischenschaltung der ausl. Gesellschaft wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe vorhanden sind und wenn die ausl. Gesellschaft mit einem angemessen eingerichteten Geschäftsbetrieb am allg. wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt.[5]

 

Rz. 78b

Des Weiteren ist der Anwendungsbereich des § 50d Abs. 3 EStG durch § 32 Abs. 5 S. 2 Nr. 4 KStG erfolgt. Für eine Übergangszeit sind beschr. stpfl. Körperschaften mit Sitz und Geschäftsleitung in einem EU- oder EWR-Staat die KapESt auch dann zu erstatten, wenn die Beteiligung geringer ist als 10 % und weitere Voraussetzungen vorliegen. Die Erstattung erfolgt jedoch nur, wenn sie bei entsprechender Anwendung des § 50d Abs. 3 EStG nicht ausgeschlossen wäre.[6] Eine ausdrückliche Verweisung auf § 50d Abs. 3 EStG war zur Anwendung dieser Vorschrift im Rahmen des § 32 Abs. 5 KStG erforderlich, weil § 50d Abs. 1 EStG, auf den Abs. 3 verweist, die Erstattungsregelung des § 32 Ab...

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