Rz. 33l

Als Rechtsfolge bestimmt die Vorschrift, dass der Erstattungsanspruch derjenigen Person zusteht, der die Kapitalerträge oder Vergütungen nach den Steuergesetzen des Ansässigkeitsstaats als Einkünfte oder Gewinne einer ansässigen Person zugerechnet werden ("Zurechnungssubjekt"). Durch diese Regelung soll sichergestellt werden, dass diejenige Person, die die Kapitalerträge oder Vergütungen zu versteuern hat, auch den Erstattungsanspruch geltend macht. Die Vorschrift bestimmt, dass "nur" dieser Person der Anspruch zusteht. Das schließt eine Zuordnung des Erstattungsanspruchs bei anderen Personen aus. Die Zuordnung bei dem Zurechnungssubjekt ist daher ausschließlich.

 

Rz. 33m

Die Regelung ist aber nicht so zu verstehen, dass immer nur die Zuordnung zu einer einzigen Person in Betracht kommt, obwohl das Gesetz für die Rechtsfolge nicht das Wort "soweit" verwendet. Da den Anspruch immer nur das Zurechnungssubjekt geltend machen kann, besteht eine anteilige Berechtigung, wenn mehrere Zurechnungssubjekte bestehen. Jede Person soll den Erstattungsanspruch nur insoweit geltend machen können, als ihm die Einkünfte oder Gewinne steuerlich zuzurechnen sind; soweit eine solche Zurechnung nicht erfolgt, kann er auch den Anspruch nicht geltend machen. Jedes Zurechnungssubjekt muss daher den auf ihn entfallenden Teil des Erstattungsanspruchs geltend machen. Würde man genügen lassen, dass er nur überhaupt Zurechnungssubjekt ist, er also auch bei nur anteiliger Beteiligung den ganzen Anspruch geltend machen kann, wäre bei mehreren Zurechnungssubjekten nicht zu entscheiden, wer von ihnen berechtigt sein soll, den Anspruch geltend zu machen. Eine Doppel- oder Mehrfacherstattung wäre nicht ausgeschlossen.

 

Rz. 33n

Unklar ist die Gesetzesformulierung, dass der Erstattungsanspruch dem Zurechnungssubjekt "zustehen" soll. Der Begriff "zustehen" ist zweideutig. Er kann sowohl bedeuten, dass der Erstattungsanspruch in der Person des Zurechnungssubjekts entsteht, sich also Voraussetzungen und Rechtsfolgen des Erstattungsanspruchs nach seiner Person richten (materielle Bedeutung des Begriffs "zustehen"; originärer Erstattungsanspruch des Zurechnungssubjekts). Der Begriff kann aber auch verfahrensrechtlich verstanden werden. Danach würde sich der Erstattungsanspruch nach Grund und Höhe nach der Person des Gläubigers richten. Das Zurechnungssubjekt würde dann einen fremden Erstattungsanspruch, den des Gläubigers, in eigenem Namen, etwa in Form einer Prozessstandschaft, geltend machen (derivativer Anspruch des Zurechnungssubjekts). Unproblematisch ist diese Frage regelmäßig bei der Erstattung der Abzugsteuer auf Vergütungen nach § 50a EStG, da die Ermäßigung der Abzugsteuer insoweit rechtsformneutral ist, obwohl sich auch insoweit die Frage ergeben kann, welches von mehreren DBA anwendbar ist. Problematisch wird die Frage der materiellen oder formellen Wirkung des § 50d Abs. 1 S. 11 EStG aber insbesondere bei der Erstattung der KapESt, da das internationale Schachtelprivileg nach DBA rechtsformabhängig ist, also nur Kapitalgesellschaften zusteht. Es stellt sich daher die Frage, ob es auf die Rechtsform des Gläubigers der Kapitalerträge ankommt (formelle Wirkung der Vorschrift) oder auf die Rechtsform des Zurechnungssubjekts (materielle Wirkung). Die gleiche Frage kann man hinsichtlich der erforderlichen Beteiligungshöhe stellen, ob es also auf die von dem Gläubiger gehaltene Beteiligung oder die "durchgerechnete" Beteiligung des Zurechnungssubjekts ankommt.

 
Praxis-Beispiel

Folgen der formellen und materiellen Wirkung

(1) An der deutschen A-AG ist die in einem DBA-Staat ansässige X-KGaA beteiligt, deren persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist. Die Ausschüttung der A-AG ist nach dem Recht des Ansässigkeitsstaats der X-KGaA steuerlich anteilig der KGaA und dem persönlich haftenden Gesellschafter zuzurechnen. Der persönlich haftende Gesellschafter muss nach § 50d Abs. 1 S. 11 EStG den anteilig auf ihn entfallenden Erstattungsanspruch geltend machen.[1] Bei einem materiellen Verständnis der Vorschrift würde dem persönlich haftenden Gesellschafter kein Erstattungsanspruch zustehen, da er nicht die Rechtsform einer Körperschaft aufweist. Bei einem formellen Verständnis käme es auf die Rechtsform der KGaA an, die sich für das internationale Schachtelprivileg qualifiziert. Der persönlich haftende Gesellschafter würde dann hinsichtlich des ihm zuzurechnenden Teils des Erstattungsanspruchs als natürliche Person einen Anspruch der KGaA geltend machen. Entsprechendes gilt für die Frage, ob es für die Beteiligungshöhe auf die Beteiligung der KGaA oder die "durchgerechnete" Beteiligung des persönlich haftenden Gesellschafters ankommt. Gleiches gilt, wenn der ausl. Gesellschafter eine Kapitalgesellschaft & atypische stille Gesellschaft ist, wenn der Stille eine natürliche Person ist.
(2) Ein materielles Verständnis der Vorschrift kann auch zur Ausweitung des internationalen Schachtelprivilegs führen. Ist der Gesellschafter der A-AG e...

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