1 Allgemeines

1.1 Übersicht über die Vorschrift

 

Rz. 1

§ 50d EStG ist durch Gesetz v. 2.6.2021[1] neu konzipiert worden. Dabei wurden die bisher in dieser Vorschrift in den Abs. 1–2, 4–6 enthaltenen Regeln über die Entlastung vom Steuerabzug nach § 43b, § 50g EStG oder DBA in den neuen § 50c EStG überführt. In dieser Vorschrift wurden die verfahrensrechtlichen Regeln über Steuerabzug, Erstattungs- und Freistellungsverfahren zusammengefasst. In § 50d EStG verbleiben die Vorschriften, die Besonderheiten bei der Anwendung der DBA betreffen, wobei diese sich auf den Steuerabzug, aber auch auf andere steuerrechtliche Regelungen beziehen können. Zudem wurden einige Vorschriften im Rahmen des § 50d EStG neu konzipiert. Die Neuregelung des § 50d EStG ist nach § 52 Abs. 47b EStG in allen noch offenen Fällen anzuwenden, entfaltet also echte Rückwirkung. Um verfassungsrechtliche Probleme aufgrund dieser Rückwirkung zu vermeiden, wird weiter bestimmt, dass die neu ausgestaltete Vorschrift des § 50d Abs. 3 EStG rückwirkend dann nicht anzuwenden ist, wenn die Fassung des § 50d Abs. 3 EStG, die zum Zeitpunkt des Zuflusses der Einkünfte galt, den Entlastungsanspruch gewährte (s. Rz. 22).Die bisherige Fassung des § 50d EStG mit eingehender Kommentierung ist in der Datenbank abrufbar.

 

Rz. 2

§ 50d EStG zerfällt in mehrere Teile, deren einzige Verbindung darin besteht, dass sie an Regelungen der DBA anknüpfen. Die Regelungen betreffen sowohl die unbeschränkte als auch die beschr. Steuerpflicht. Die Vorschrift enthält folgende Bestimmungen:

  • § 50d Abs. 3 EStG regelt, dass der Ermäßigungsanspruch bei der Abzugsteuer nach DBA bei missbräuchlicher Gestaltung (Treaty shopping) ausgeschlossen ist. Grundlage der Ermäßigung der Abzugsteuer ist nach dem Wortlaut der Vorschrift ein DBA. Die Vorschrift wird aber auch auf Ermäßigungen nach der Mutter-Tochterrichtlinie i. V. m. 43b Abs. 1 S. 1 EStG, nach der Zins- und Lizenzrichtlinie i. V. m. § 50g Abs. 4 EStG und auf die Reduzierung der KapESt nach § 44a Abs. 9 S. 2 EStG entsprechend angewandt. Da diese Regelungen den Quellensteuerabzug betreffen bzw. die Freistellung davon, behandelt dieser Teil der Vorschrift regelmäßig nur die beschr. Steuerpflicht, also den Fall, dass eine im Ausland ansässige Person Kapitalerträge, Zinsen, Lizenzgebühren und ähnliche dem Steuerabzug unterliegende Vergütungen aus dem Inland erhält. Die Vorschrift regelt insoweit also den "Inbound-Fall". Allerdings ist nicht ausgeschlossen, dass die Vorschrift auch auf doppelansässige Körperschaften mit Sitz im Inland anzuwenden ist.
  • Abs. 7 weist keinen Zusammenhang mit den anderen Absätzen aus. Es handelt sich um eine Vorschrift, die die Verbindung des Kassenstaatsprinzips der DBA zu § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG herstellt.
  • Abs. 8 und 9 regeln den Fall, dass ein unbeschränkt Stpfl. Einkünfte aus dem Ausland erhält, die im Inland (regelmäßig nach einem DBA) von der Besteuerung freigestellt worden sind. Die beiden Absätze betreffen also den "Outbound-Fall" und damit die unbeschränkte Steuerpflicht. Sie schließen die Steuerfreistellung aus, wenn die Einkünfte im Ausland nicht der Besteuerung unterlegen haben. Sie sollen unbesteuerte ("weiße") Einkünfte vermeiden und enthalten daher eine Subject-to-tax-Klausel bzw. Switch-over-Klausel.
  • Abs. 10 enthält eine Regelung für Sondervergütungen bei Mitunternehmerschaften. Die Vorschrift gilt dem Wortlaut nach für den Inbound- und den Outbound-Fall, hat aber praktisch wegen des Vorrangs des Abs. 9 nur Wirkungen für den Inbound-Fall und damit die beschr. Steuerpflicht.
  • Abs. 11 enthält für hybride Gesellschaftsformen eine besondere Regelung für Zurechnungsfragen beim internationalen Schachtelprivileg und behandelt nur den Outbound-Fall (unbeschränkte Steuerpflicht).
  • Abs. 11a behandelt die Zuordnung des Ermäßigungsanspruchs bei Abzugsteuern bei hybriden Gesellschaftsformen und betrifft die beschr. Steuerpflicht
  • Abs. 12 enthält eine Regelung, die das deutsche Besteuerungsrecht bei Abfindungen anlässlich der Beendigung eines Dienstverhältnissen sichern soll. Die Vorschrift weist Verbindungen zu § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. d EStG auf, gilt aber nicht nur für die beschr. sondern auch für die unbeschränkte Steuerpflicht
  • Abs. 13 regelt das deutsche Besteuerungsrecht bei sonstigen Bezügen aus Aktien bei Anwendung eines DBA. Die Regelung betrifft die beschr. Steuerpflicht.
  • Abs. 14 regelt die Anwendung des DBA, wenn eine Personengesellschaft nach § 1a KStG zur KSt optiert hat. Die Vorschrift erfasst die unbeschr. und die beschr. Steuerpflicht.
[1] BStBl I 2021, 787; Florstedt, BB 2021, 1823; Grotherr, DStR 2021, 1321; Jochimsen/Gsödl, IStR 2021, 387; Grotherr, GmbHR 2021, 478; Beutel/Oppel, DStR 201, 1017.

1.2 Rechtsentwicklung

 

Rz. 3

Im Folgenden werden nur die Änderungen dokumentiert, die die in der Neufassung des § 50d EStG enthaltenen Bestimmungen betreffen. Zur Rechtsentwicklung derjenigen Vorschriften, die in § 50c EStG übernommen worden sind vgl. § 50c EStG Rz. 7.

§ 50d EStG ist durch G. v. 25.7.1988[1] eingefügt worden. Die Vorschrift enthielt damals aber nur Regelung...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge