Rz. 121

Rechtsfolge des § 50d Abs. 3 EStG ist, dass die zwischengeschaltete Gesellschaft die Steuerentlastung nur in voller Höhe in Anspruch nehmen kann, wenn entweder alle Bruttoerträge der zwischengeschalteten Gesellschaft aus eigener Wirtschaftstätigkeit stammen, wenn an ihr nur Gesellschafter beteiligt sind, denen die Steuerentlastung bei direktem Bezug der Einkünfte aus dem Inland ebenfalls zustünde oder, wenn diese Voraussetzungen nicht vorliegen, keiner der Tatbestände des Abs. 3 S. 1 Nr. 1 und 2 erfüllt ist. Ausgeschlossen ist dann sowohl die vollständige oder teilweise Erstattung der Abzugssteuer nach § 50d Abs. 1 EStG als auch die vollständige oder teilweise Freistellung vom Steuerabzug nach § 50d Abs. 2 EStG.[1]

 

Rz. 121a

Für die Bestimmung der Rechtsfolgen ist die entscheidende Frage, ob und in welchem Umfang die Vorschrift eine "Aufteilungsvorschrift" ist. Diese Frage knüpft an die Bedeutung des Wortes "soweit" in S. 1 an. Unzweifelhaft ist, dass sich dieser Ausdruck auf die an der ausl. Gesellschaft beteiligten Personen bezieht. Hieraus ergibt sich eine anteilige Erstattungsberechtigung der zwischengeschalteten Gesellschaft, soweit ein Gesellschafter bei direkter Beteiligung an der inländischen Gesellschaft zur Erstattung berechtigt wäre. Fraglich kann aber sein, ob sich das Wort "soweit" auch auf das zweite Merkmal, d. h. die aus eigener Wirtschaftstätigkeit erzielten Bruttoerträge, bezieht. Grammatikalisch kann der entsprechende Halbs. sowohl als "…und soweit die von der ausl. Gesellschaft…" als auch als "und wenn die von der ausl. Gesellschaft…" gelesen werden. Einen Hinweis darauf, was der Gesetzgeber regeln wollte, kann man allenfalls aus dem Wort "sowie" ableiten, mit dem die Regelungen über die Funktionsvoraussetzungen an die vorstehenden Halbsätze angefügt werden. Daraus kann man schließen, dass der Gesetzgeber zwei Gruppen von Voraussetzungen schaffen wollte. Die eine Gruppe besteht danach aus den "beteiligten Personen mit eigener Entlastungsberechtigung" und den „Bruttoerträgen aus eigener Wirtschaftstätigkeit, für die das Wort "soweit" gilt, die zweite Gruppe aus den Funktionsvoraussetzungen, auf die sich das Wort "soweit" nicht bezieht. Danach hätte eine Aufteilung sowohl nach der Vergütungsberechtigung des/der Gesellschafter als auch nach dem Verhältnis der nicht aus eigener Wirtschaftstätigkeit stammenden Bruttoerträge zu den gesamten Bruttoerträgen zu erfolgen.[2] Zwingend ist diese Ansicht jedoch nicht. Es ist m. E. grammatikalisch auch vertretbar, in dem Text vor der Nr. 1 nicht nur einen Nebensatz zu sehen, der durch "soweit" eingeleitet wird, sondern zwei Nebensätze, die nebeneinander stehen. Dabei wird der erste Nebensatz durch das Wort "soweit" eingeleitet wird, der zweite Nebensatz hieran durch "und die von…" angeschlossen. Bei diesem Verständnis würde sich das Wort "soweit" nur auf die fehlende Entlastungsberechtigung der Gesellschafter beziehen, während bei der eigenen Wirtschaftstätigkeit keine Aufteilung erfolgen würde. Der Begriff der "Bruttoerträge aus eigener Wirtschaftstätigkeit" würde sich bei letzterer Auslegung nur auf die Erträge beziehen, für die jeweils eine Entlastungsberechtigung geltend gemacht wird.

 

Rz. 121b

Folgt man der Ansicht, dass sich das Wort "soweit" auch auf die "Bruttoerträge aus eigener Wirtschaftstätigkeit" bezieht, hängt die Entlastungsberechtigung nicht nur von der Qualität der Erträge ab, für die die Entlastung beantragt wird, sondern auch von der Qualität der anderen Bruttoerträge. Dadurch kann es zu systematisch kaum haltbaren Ergebnissen kommen.[3]

 
Praxis-Beispiel

Aufteilung der Steuerentlastung und Ermittlung der Höhe der Entlastungsberechtigung

(1) An der ausl. Gesellschaft A sind Gesellschafter beteiligt, die selbst nicht entlastungsberechtigt sind (z. B. natürliche Personen). Die Gesellschaft erzielt sonstige Bruttoerträge von 80 Mio. EUR, die nicht aus eigener Wirtschaftstätigkeit stammen, und steuerabzugspflichtige Erträge i. H. v. 20 Mio. EUR aus dem Inland, die sich als Erträge aus eigener Wirtschaftstätigkeit qualifizieren.

Nur 20 % der gesamten Bruttoerträge stammen aus eigener Wirtschaftstätigkeit. Daher steht der ausl. Gesellschaft nur eine Entlastungsberechtigung i. H. v. 20 % der abgezogenen Steuer zu.

Sachlich ist dieses Ergebnis nicht zu rechtfertigen. Die steuerabzugsverpflichteten Bruttoerträge gehören in voller Höhe zu der eigenen Wirtschaftstätigkeit. Insoweit kann also hinsichtlich der Einschaltung der ausl. Gesellschaft kein Missbrauch vorliegen. Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, die Vergütung teilweise auszuschließen. Die Vorschrift geht insoweit über den Zweck der Missbrauchsvermeidung hinaus.

(2) Wie Beispiel 1, jedoch stammen die sonstigen Bruttoerträge von 80 Mio. EUR aus eigener Wirtschaftstätigkeit, während die steuerabzugsverpflichteten Bruttoerträge von 20 Mio. EUR nicht aus eigener Wirtschaftstätigkeit stammen.

In diesem Fall steht der Gesellschaft eine Entlastungsberechtigung i. H. v. 80 % zu, obwohl die ...

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