1 Einführung

1.1 Beschränkte Steuerpflicht

 

Rz. 1

§ 49 EStG knüpft an die Definition der beschr. Steuerpflicht in § 1 Abs. 4 EStG an. Zur Unterscheidung zwischen beschr. und unbeschränkter Steuerpflicht vgl. daher Erl. zu § 1 EStG. Durch die beschr. Steuerpflicht soll die wirtschaftliche Tätigkeit nicht im Inland ansässiger natürlicher Personen und Körperschaften steuerlich belastet werden. Diese Belastung ist aus 2 Gründen zweckmäßig.[1] Einmal ist es angemessen, dass der im Ausland Ansässige zu den Kosten der Schaffung und Unterhaltung der staatlichen Infrastruktur beiträgt, die er zur Erzielung von Einnahmen und anderen wirtschaftlichen Vorteilen nutzt. Sodann erfordert der Gesichtspunkt der Wettbewerbsgleichheit mit der inländischen Tätigkeit unbeschränkt Stpfl. die steuerliche Belastung der im Inland erzielten Einkünfte. Anderenfalls würde eine Nichtbesteuerung der inländischen Einkünfte von Ausländern deren wirtschaftliche Tätigkeit zulasten der inländischen Stpfl. begünstigen, wenn die Steuerbelastung im Ansässigkeitsstaat des Ausländers niedriger ist als in der Bundesrepublik oder sogar ganz fehlt, weil es sich bei dem Ansässigkeitsstaat um eine "Steueroase" handelt. Die beschr. Steuerpflicht hat insoweit die Aufgabe, eine möglichst vergleichbare steuerliche Belastung der inländischen wirtschaftlichen Betätigung sicherzustellen.

 

Rz. 2

Aus diesen Ausführungen ergibt sich bereits das Spannungsfeld, in dem die Regeln der beschr. Steuerpflicht stehen. Der Staat muss definieren, für welche Einkünfte er das Besteuerungsrecht in Anspruch nimmt. Aus der Souveränität des Staats und dem darauf beruhenden Territorialitätsprinzip folgt, dass der Staat alle Einkünfte besteuern kann, die eine ausreichende Beziehung zu dem Staatsgebiet aufweisen, aber andererseits auch nur diejenigen Einkünfte besteuern darf, die diese Beziehung aufweisen, sog. "genuine link" Rz. 48). Der Staat muss also entscheiden, welche Einkünfte er steuerlich erfassen will, und welche er im Inland nicht besteuert, wie etwa regelmäßig die Zinseinkünfte (Rz. 360). Hierbei sollen weder Besteuerungslücken entstehen, die zu unbesteuerten, "weißen" Einkünften führen, noch soll es zur Überlagerung der Besteuerungsansprüche verschiedener Staaten kommen, die zu Doppelbesteuerungen und damit zur Behinderung der globalen Wirtschaftsintegration führen können. Deutschland hat die Entscheidung, welche Einkünfte von im Ausland Ansässigen besteuert werden sollen, in § 49 EStG mit der Definition der "inländischen Einkünfte" getroffen.

 

Rz. 2a

Aus dem Grundsatz, dass der Staat diejenigen Einkünfte besteuern kann, die eine ausreichende Verbindung zum Inland aufweisen, folgt aber nicht, dass der Staat diese Einkünfte auch besteuern muss. Der Staat hat insoweit einen weiten Spielraum für das gesetzgeberische Ermessen. Er kann also aus wirtschafts- und finanzpolitischen Gründen Einkünfte von der inländischen Besteuerung freistellen, obwohl diese Einkünfte eine ausreichende Beziehung zum Inland aufweisen. Das ist z. B. für Zinseinkünfte geschehen, um die Aufnahme von Krediten im Ausland zu erleichtern. Der Katalog der inländischen Einkünfte ist mehrfach erweitert worden, um Besteuerungsrechte, die nach dem DBA Deutschland zugestanden worden sind, auch tatsächlich in Anspruch zu nehmen (Rz. 221, 222). Andererseits kann sich eine Begrenzung des deutschen Besteuerungsrechts trotz einer ausreichend engen Beziehung zum Staatsgebiet aus den DBA ergeben, die das deutsche Besteuerungsrecht beschränken oder ganz ausschließen. In diesen Fällen geht die Regelung des § 49 Abs. 1 EStG ins Leere.

 

Rz. 3

Schließlich stellen sich die Frage der Aufklärung von Sachverhalten, die wenigstens z. T. vom Ausland aus verwirklicht worden sind, und die Frage der Beitreibung der Steuern. Unilateral wird die Erhebung der Steuern durch das Abzugsverfahren, § 50a EStG, sichergestellt, wenn keine ausreichende dauernde physische Präsenz, wie z. B. eine Betriebsstätte, im Inland besteht. Der Aufklärung der Sachverhalte dient der internationale Auskunftsverkehr, der unilateral in § 117 AO, DBA-rechtlich in den Auskunftsklauseln der DBA, innerhalb der EU durch Richtlinien, durch Tax Information Exchange Agreements (TIEA) mit Steueroasen und durch weitere internationale Verträge geregelt ist.[2]

 

Rz. 4

Die beschr. Steuerpflicht knüpft an mehrere Tatbestandsmerkmale an, nämlich das Fehlen von Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt im Inland sowie das Beziehen inländischer Einkünfte. Die Tatbestandsmerkmale des Fehlens von Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt im Inland sind in § 1 Abs. 4 EStG, das Merkmal der inländischen Einkünfte ist in § 49 EStG geregelt. Die Besteuerung der beschr. Stpfl. im Einzelnen ist in § 50 EStG enthalten. Eine erweiterte beschr. Steuerpflicht regelt § 2 AStG.

 

Rz. 5

§ 49 EStG ist nur im Rahmen der beschr. Steuerpflicht anwendbar, für die unbeschränkte Steuerpflicht hat die Vorschrift keine Bedeutung. §§ 49ff. EStG enthalten das Gegenstück zu § 34d EStG. Während § 34d EStG Regelungen für Auslandsbeziehungen unbeschränkt Stpfl. ent...

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