Rz. 11

Der Leistende hat dem Leistungsempfänger grundsätzlich das Original der Freistellungsbescheinigung zu übergeben. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Freistellungsbescheinigung auf einen bestimmten Auftrag beschränkt ist. Ist die Freistellungsbescheinigung nur zeitlich befristet, lässt die Finanzverwaltung es zu, dass dem Leistungsempfänger eine Ablichtung der Freistellungsbescheinigung vorgelegt und ausgehändigt wird.[1] M. E. ist es damit auch ausreichend, dass die Freistellungsbescheinigung auf den Rechnungsformularen des Leistenden abgelichtet ist. Der Leistungsempfänger hat die ihm vom Leistenden übergebenen Unterlagen aufzubewahren.[2] Dies auch aus eigenem Interesse, um sich nicht einer Haftungsinanspruchnahme auszusetzen.

 

Rz. 12

Wird die Gegenleistung in Teilbeträgen (z. B. Abschlagszahlungen nach Baufortschritt) erbracht, kann im Hinblick auf diese Teilzahlungen nur dann vom Steuerabzug abgesehen werden, wenn bereits vor Auszahlung des jeweiligen Teilbetrags dem Leistungsempfänger eine gültige Freistellungsbescheinigung vorliegt. Es reicht demgegenüber nicht aus, wenn der Leistende die Freistellungsbescheinigung dem Leistungsempfänger erst zusammen mit der Schlussrechnung vorlegt. Entsprechendes gilt, wenn der Leistungsempfänger mit einer Gegenforderung gegen den Anspruch des Leistungserbringers (Hauptforderung) aufrechnet. Der maßgebliche Zeitpunkt, in dem bei der Aufrechnung eine Freistellungsbescheinigung vorliegen muss, ist der Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung, wenn zu diesem Zeitpunkt die Gegenforderung voll wirksam und fällig sowie die Hauptforderung erfüllbar sind (§ 387 BGB).

 

Rz. 13

Liegt die Freistellungsbescheinigung dem Leistungsempfänger nicht spätestens im Zeitpunkt der Erbringung der Gegenleistung vor, bleibt die Verpflichtung zur Durchführung des Steuerabzugs auch dann bestehen, wenn die Freistellungsbescheinigung dem Leistungsempfänger später vorgelegt wird. Unterlässt der Leistungsempfänger trotz fehlender Freistellungsbescheinigung den Steuerabzug, weil der Leistende ihm die Vorlage einer bereits erteilten Freistellungsbescheinigung zusichert, soll eine Haftungsinanspruchnahme dann unterbleiben, wenn dem Leistungsempfänger im Nachhinein eine bereits im Zeitpunkt der Zahlung gültige Freistellungsbescheinigung nachgereicht wird. Wird diese aber nicht nachgereicht oder liegt die Gültigkeit der Freistellungsbescheinigung zeitlich nach erfolgter Gegenleistung, setzt sich der Leistungsempfänger einem Haftungstatbestand aus.[3] Die Erteilung der Freistellungsbescheinigung nach § 48b Abs. 1 S. 1 EStG begründet keinen Vertrauensschutz dahingehend, dass der Geschäftspartner unter der dort benannten Adresse seinen Sitz hat und kein Scheinunternehmen ist.[4]

[1] Zur Fälschung einer Freistellungsbescheinigung und deren Folgen für den Leistungserbringer bzw. Haftung des Geschäftsführers: FG Köln v. 17.6.2009, 11 K 3017/05 EFG 2010, 1274, aufgehoben durch BFH v. 26.10.2011, VII R 22/10, BFH/NV 2012, 777, wegen fehlerhafter Schätzung des FG.

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