Rz. 20

Besondere Anforderungen an den Erbringer der Bauleistung (Leistender) stellt das Gesetz nicht. Der Begriff ist offenbar bewusst sehr weit gefasst um Abgrenzungsprobleme zu vermeiden. Es wird einzig darauf abgestellt, dass jemand eine Bauleistung erbringt oder über eine solche abrechnet (fiktiver Leistender). Weder die Ansässigkeit, die Rechtsform, die umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft, der Unternehmenszweck oder die Nachhaltigkeit der Tätigkeit des Leistenden ist von Bedeutung. Das Steuerabzugsverfahren ist vom Leistungsempfänger unabhängig davon durchzuführen, ob der Leistende im Inland oder im Ausland ansässig ist. Es kommt auch nicht darauf an, ob es zum Unternehmenszweck des Leistenden gehört, Bauleistungen zu erbringen oder ob er mit seinem Unternehmen überwiegend Bauleistungen erbringt. Auch wenn jemand nur ausnahmsweise gegenüber einem Unternehmer eine Bauleistung erbringt, unterliegt die Vergütung dem Steuerabzug.[1] Es ist auch nicht erforderlich, dass derjenige, der über eine Bauleistung abrechnet, diese selbst erbracht hat (§ 48 Abs. 1 S. 3 EStG, z. B. Generalunternehmer). Insbesondere beim entgeltlichen Erwerb einer Immobilie von einem Bauträger stellt sich das Rechtsgeschäft aber regelmäßig als ein Grundstückskaufvertrag dar. Wegen der hier zu findenden Abgrenzung zwischen Bauherr und Erwerber wird auf BMF v. 31.8.1990, IV B 3 – S 2253a – 49/90, BStBl I 1990, 366, verwiesen. Da die Rechtsform des Leistenden keine Bedeutung hat, kann auch eine Personengesellschaft Leistender sein.

 

Rz. 21

Schließt eine Arbeitsgemeinschaft Verträge über Bauleistungen mit Leistungsempfängern ab, so ist die Arbeitsgemeinschaft Erbringer der Leistung. Erbringt ein Partner der Arbeitsgemeinschaft aufgrund eines eigenen Vertrags Bauleistungen gegenüber der Arbeitsgemeinschaft, so ist der Partner Leistender und die Arbeitsgemeinschaft Leistungsempfänger.[2] Bei Wohneigentümergemeinschaften wird darauf abgestellt, ob sämtliche Wohnungen von den jeweiligen Eigentümern zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden oder nicht.[3] Wird auch nur eine Wohnung von dem betreffenden Eigentümer nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt, gilt die Wohneigentümergemeinschaft insoweit als Unternehmer. Für diese im Wege der Umlage erhobenen Bauleistungen gilt die Wohneigentümergemeinschaft insoweit als Leistender, weil sie über eine Bauleistung abrechnet, die sie selbst nicht erbracht hat (Rz. 20).

 

Rz. 22

Im Rahmen einer Organschaft ist anders, als bei Bestimmung des Leistungsempfängers, nicht auf den Organträger, sondern auf das jeweilige Unternehmen innerhalb des Organkreises abzustellen. Aufgrund der zivilrechtlichen Eigenständigkeit kann jedes Unternehmen innerhalb des Organkreises jemand i. S. d. § 48 Abs. 1 EStG sein. Erbringt demnach eine Organgesellschaft Bauleistungen an Leistungsempfänger außerhalb des umsatzsteuerlichen Organkreises, ist Leistender die Organgesellschaft.[4]

 

Rz. 23

Bei einer atypisch stillen Gesellschaft (z. B. GmbH & atypisch Still) ist m. E. nicht dem ertragsteuerlichen Gebilde der Personengesellschaft, sondern dem nach Außen auftretenden Gebilde des Handelsgewerbetreibenden der Vorrang als Leistender einzuräumen. Für die Annahme der atypisch stillen Gesellschaft als Leistender spricht, dass auch diese Rechtsform ein "Jemand" i. S. d. § 48 Abs. 1 S. 1 EStG sein kann. Für das Gebilde des Handelsgewerbetreibenden als Leistender spricht aber, dass dieser zivilrechtlich tatsächlich als Leistender im Außenverhältnis auftritt und die atypisch stille Gesellschaft nur eine reine Innengesellschaft verkörpert. Zudem ist das Gebilde des Handelsgewerbetreibenden der tatsächliche Arbeitgeber der beschäftigten Arbeitnehmer und umsatzsteuerlich der Unternehmer.

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