Rz. 114

Ein Gebäude ist ein Bauwerk, das durch räumliche Umschließung Schutz gegen äußere Einflüsse gewährt, den nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen gestattet, fest mit dem Grund und Boden verbunden und damit "ortsfest" ist sowie von einiger Beständigkeit und Standfestigkeit ist.[1]

 

Rz. 115

Die räumliche Umschließung setzt nicht voraus, dass das Bauwerk nach allen Seiten von Außenwänden abgeschlossen ist; der erforderliche Schutz gegen Witterungseinflüsse kann auch durch ein im Verhältnis zur Höhe über Grund sehr großes Dach gewährt werden; danach kann ein Gebäude vorliegen, wenn die Breite des Dachs mindestens die doppelte lichte Höhe beträgt.[2]

 

Rz. 116

Für die feste Verbindung mit Grund und Boden genügt es, dass das Bauwerk auf einem festen Fundament ruht[3] oder durch das Eigengewicht fest auf dem Grund und Boden ruht.[4] Das kann auch bei einem Container der Fall sein, der auf lose verlegten Kanthölzern aufgestellt ist, vorausgesetzt, dass er seiner individuellen Zweckbestimmung nach für eine dauernde Nutzung aufgestellt ist und sich diese beabsichtigte Ortsfestigkeit auch in dem äußeren Erscheinungsbild widerspiegelt.[5] Dagegen liegt keine feste Verbindung mit Grund und Boden und damit keine Ortsfestigkeit vor, wenn ein Baustellencontainer zum Einsatz auf stets wechselnden Einsatzstellen vorgesehen ist.[6]

 

Rz. 117

Ein Bauwerk gestattet den nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen, wenn die Nutzung des Gebäudes den Aufenthalt von Menschen erfordert, auch wenn dieser bestimmungsgemäße Aufenthalt nur jeweils wenige Minuten beträgt.[7] Dagegen genügt es nicht, dass das Bauwerk bestimmungsgemäß nur gelegentlich zu Kontroll-, Wartungs- und Reparaturarbeiten betreten wird.[8]

Bei der Prüfung der Frage, ob das Bauwerk Schutz gegen äußere Witterungseinflüsse gewährt, ist auch die Verkehrsanschauung zu berücksichtigen. Dabei ist aufgrund einer objektivierten und typisierenden Betrachtung zu prüfen, ob das Bauwerk nach seiner Zweckbestimmung diesen Schutz gewähren soll.[9]

 

Rz. 118

Bauwerke, die alle diese Begriffsmerkmale aufweisen, sind ausnahmslos als Gebäude zu behandeln.[10] Ein automatisch betriebenes Hochregallager ist danach kein Gebäude, sondern Betriebsvorrichtung, da sich in ihm während des Betriebs kein Mensch aufhalten darf, es also nicht für den nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen geeignet ist.[11]

 

Rz. 119

Konstruktionselemente, mit deren Hilfe die Umschließung oder Standfestigkeit erreicht wird, sind dem Gebäude zuzuordnen, auch wenn sie darüber hinaus weitere betriebliche Funktionen erfüllen; sie werden dadurch nicht zur Betriebsvorrichtung ("doppelfunktionale Konstruktionselemente"). Das gilt auch insoweit, als diese Konstruktionselemente wegen der betrieblichen Funktion stärker ausgeführt sind als es für die Erreichung der Standfestigkeit des Gebäudes erforderlich wäre. Daher gehören Konstruktionselemente eines Lagergebäudes, die der Umschließung des Gebäudes dienen, auch dann zum Gebäude, wenn sie wegen des Gewichts des Lagerguts stärker ausgestaltet sind als für die Standfestigkeit des reinen Gebäudes erforderlich.[12]

 

Rz. 120

Gebäude sind grundsätzlich als Einheit zu betrachten und daher einheitlich zu bilanzieren.[13] Getrennte, auf demselben Grundstück stehende Gebäude ohne enge bautechnische Verbindung (Verschachtelung, vgl. Rz. 121) sind jedoch jeweils eigenständige Wirtschaftsgüter.[14] Jeweils selbstständige Wirtschaftsgüter sind Gebäudeteile, die Sondereigentum nach dem WEG sind (Eigentumswohnungen).

 

Rz. 121

Eine bauliche Verschachtelung mit der Folge, dass ein einheitliches Wirtschaftsgut vorliegt, besteht bei einer baulichen Verbindung, die nicht ohne erhebliche Aufwendungen gelöst werden kann, insbesondere bei gemeinsamen tragenden Bauelementen.[15] Die bauliche Verschachtelung setzt eine Mehrzahl baulicher Verbindungen voraus, und zwar in einem Maß, dass die Teile des Bauwerks nicht ohne erhebliche Bauaufwendungen voneinander getrennt werden können. I. d. R. wird bei eigenen Fundamenten, eigenen Mauern und eigenem Eingang die Annahme einer baulichen Verschachtelung dann nicht gerechtfertigt sein, wenn die baulichen Verbindungen von untergeordneter Bedeutung sind.[16] Ein einheitliches Erscheinungsbild genügt nicht für eine bauliche Verschachtelung.

 

Rz. 122

Bei Anbauten an ein bestehendes Gebäude besteht keine bauliche Verschachtelung, wenn der Anbau eigene Außenwände, einen eigenen Eingang und eigene Fundamente hat und der baulichen Verbindung mit dem alten Gebäude nur untergeordnete Bedeutung zukommt.

Bei Anbauten ist der Neubau jedoch nicht als selbstständiges Wirtschaftsgut anzusehen, wenn er nach dem Gesamtbild der Verhältnisse mit dem schon vorhandenen Altbau eine Einheit bildet. Dies verlangt eine entsprechende bauliche und betriebliche Verflechtung von Alt- und Neubau, die in einer baulichen Verschachtelung und in einer aufeinander abgestimmten Nutzung der alten und neuen Gebäudeteile zum Ausdruck kommt.[17] Bei Anbauten fehlt es an einer Verschac...

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