Rz. 66

Das gewillkürte Betriebsvermögen umfasst solche Wirtschaftsgüter, die von ihrer Art und ihrer Funktion her nicht zwingend dem Betriebsvermögen oder dem Privatvermögen angehören. Es umfasst ferner gemischt genutzte Wirtschaftsgüter, deren betriebliche Nutzung zwar nicht überwiegt (nicht mehr als 50 % beträgt), die aber auch nicht von untergeordneter Bedeutung sind.[1]

Ist ein solches "neutrales" Wirtschaftsgut objektiv geeignet, den Betrieb zu fördern, kann der Stpfl. entscheiden, ob er das Wirtschaftsgut als Betriebsvermögen behandeln will; er kann dem Wirtschaftsgut, auf der Grundlage der objektiven Geeignetheit, also die Bestimmung geben, den Betrieb zu fördern. Es handelt sich dann um "gewillkürtes Betriebsvermögen".

Hat der Stpfl. seinen Betrieb verpachtet und führt er ihn als ruhenden Betrieb fort, kann er insoweit kein gewillkürtes Betriebsvermögen bilden (wohl aber notwendiges Betriebsvermögen, vgl. 42). Da der Betrieb ruht, lässt sich nicht mit hinreichender Sicherheit beurteilen, ob das "neutrale" Wirtschaftsgut dem Betrieb dienen kann.

Der Ausdruck "gewillkürtes Betriebsvermögen" darf nicht dahin verstanden werden, dass der Stpfl. das Wirtschaftsgut willkürlich zu dem Betriebsvermögen ziehen kann; dies wird schon durch das Erfordernis der objektiven Geeignetheit verhindert. "Gewillkürt" bedeutet, dass der Entscheidung des Stpfl. konstitutive Bedeutung zukommt (vgl. Rz. 86).

 

Rz. 67

Das Wirtschaftsgut muss bei objektiver Betrachtung geeignet sein, den Betrieb zu fördern; es muss also ein objektiver Zusammenhang zwischen dem Wirtschaftsgut und dem Betrieb hergestellt werden können. Dabei braucht dieser Zusammenhang noch nicht zu bestehen; es genügt, dass das Wirtschaftsgut objektiv geeignet ist, in Zukunft zur Förderung des Betriebs eingesetzt zu werden.[2]

Die Bildung von gewillkürtem Betriebsvermögen muss betrieblich veranlasst sein; der Stpfl. muss also darlegen, welche nachvollziehbaren wirtschaftlichen Gründe ihn veranlasst haben, das Wirtschaftsgut als Betriebsvermögen zu behandeln.[3] Es besteht also kein freies Wahlrecht, gewillkürtes Betriebsvermögen zu bilden.

 

Rz. 68

An der Eignung zur Förderung fehlt es, wenn bei Bildung des Betriebsvermögens bereits erkennbar ist, dass das Wirtschaftsgut dem Betrieb statt Nutzen nur Verluste bringen wird. Voraussehbar verlustbringende Wirtschaftsgüter können daher kein gewillkürtes Betriebsvermögen sein.[4] Dagegen schließt ein bloßes Verlustrisiko, dem Gewinnchancen gegenüberstehen, die Bildung von gewillkürtem Betriebsvermögen nicht aus.[5] Der Kaufmann muss sich nicht auf risikofreie Anlagen verweisen lassen.

 

Rz. 69

Hiervon abgesehen, dürfen an die Geeignetheit zur Förderung, und damit an den objektiven Zusammenhang, keine übertriebenen Forderungen gestellt werden.[6] Insbesondere bei Kaufleuten besteht ein weiter Spielraum, den Umfang des Betriebsvermögens selbst zu bestimmen.[7] Vgl. auch § 344 HGB, wonach bei Kaufleuten die Vermutung für ein Handelsgeschäft besteht. Steuerliche Belange sind hierdurch regelmäßig nicht beeinträchtigt, da gewillkürtes Betriebsvermögen steuerlich gebunden ist und damit spätestens bei Entnahme/Verkauf oder Betriebsaufgabe eine Versteuerung erfolgt. Eine Grenze ist nur dort zu ziehen, wo nach Lage der Dinge eine Förderung des Betriebs ausgeschlossen werden kann.[8]

 

Rz. 70

Besteht danach ein objektiver Zusammenhang zwischen Wirtschaftsgut und Betrieb, wird die Zuordnung als gewillkürtes Betriebsvermögen nicht dadurch verhindert, dass das Wirtschaftsgut tatsächlich noch nicht für den Betrieb genutzt wird.[9]

 

Rz. 71

Erwirbt der Stpfl. ein Grundstück, dessen endgültige Verwendung im betrieblichen oder privaten Bereich noch nicht feststeht, ist der objektive Zusammenhang mit dem Betrieb dann gegeben, wenn die Möglichkeit der betrieblichen Verwendung wirtschaftlich begründet ist. Hierfür reicht bereits aus, dass das Grundstück als Tauschobjekt für ein anderes, betrieblich zu nutzendes Grundstück in Betracht kommt.[10]

 

Rz. 72

Bei Geldmitteln, Bankguthaben, Wertpapieren usw. kann die Förderung des Betriebs in der Verstärkung des Kapitals, der Anlage als Liquiditätsreserve und den zu erwartenden Einnahmen (Zinsen, Dividende) liegen. Die Anlage in Wertpapieren kann schon deshalb betrieblich veranlasst sein, weil über dem Zinsniveau liegende Erträge erwartet werden.[11] Entsprechendes gilt für den Erwerb von Gold; allerdings ist Gold durch die geringere Flexibilität bei der Verwertung als kurzfristige Liquiditätsreserve nicht geeignet[12]; Gold kommt danach als gewillkürtes Betriebsvermögen unter diesem Gesichtspunkt nur in Betracht, wenn an eine längerfristige Verstärkung des Betriebskapitals gedacht ist.

 

Rz. 73

Der Erwerb von Wertpapieren auf Kredit kann betrieblich veranlasst sein, solange auf Sicht gesehen die Erträge höher sind als die Zinsen.[13] Wertpapiere, bei denen diese Voraussetzungen vorliegen, sind auch dann Betriebsvermögen, wenn sie in spekulativer Absicht erworben worden sind und Kursverluste in Kauf genommen werden[14];...

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