Rz. 738

Beschränkt abzugsfähig sind die Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung (§ 9 EStG Rz. 116) und Betriebsstätte (Rz. 738). Hierfür gilt § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4, Abs. 2 EStG entsprechend.[1] Die Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und Betriebsstätte werden daher pauschal ermittelt, ohne Rücksicht auf die Art des benutzten Verkehrsmittels. Nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG können 0,30 EUR für jeden Entfernungskilometer, höchstens jedoch 4.500 EUR pro Jahr angesetzt werden (§ 9 EStG Rz. 136). Werden die Wege mit dem Kfz zurückgelegt, gelten besondere Abzugsregelungen (Rz. 746).

§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 EStG gilt entsprechend für Gesellschafter-Geschäftsführer von Personengesellschaften. Zwar kann eine Personengesellschaft keine "Wohnung" unterhalten und keine "Fahrten" unternehmen. Trotzdem ist die Regelung entsprechend anzuwenden; es ist dann auf die Wohnung und die Fahrten des Gesellschafters, aber auf die Betriebsstätte der Personengesellschaft abzustellen.[2] Die Vorschrift gilt jedoch nicht für Fahrten des nicht geschäftsführenden Gesellschafters zum Sitz der Personengesellschaft; sind diese Fahrten überhaupt betrieblich veranlasst, so sind sie in vollem Umfang als Betriebsausgaben abziehbar.

 

Rz. 739

"Betriebsstätte" i. S. d. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 EStG ist nicht die Betriebsstätte i. S. d. § 12 AO. Der besondere Zweck der Vorschrift, im Zusammenhang mit § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG die Gleichbehandlung von Arbeitnehmern und betrieblich tätigen Stpfl. zu sichern, zwingt dazu, den Begriff der Betriebsstätte weiter auszulegen als im Rahmen des § 12 AO.[3] Betriebsstätte i. S. d. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 EStG ist die von der Wohnung getrennte Beschäftigungsstätte des Stpfl., d. h. das Gelände, auf dem (oder von dem aus) die steuerrechtlich relevante Tätigkeit ausgeübt wird, die Baulichkeit, Anlage oder Einrichtung, in der (oder von der aus) dies geschieht. Eine abgrenzbare Fläche oder Räumlichkeit und eine hierauf bezogene eigene Verfügungsmacht des Stpfl. sind nicht erforderlich.[4] Der Auffassung, es sei eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht für den Auftraggeber sowie eine zusätzliche Verfestigung der Tätigkeit notwendig, damit eine Betriebsstätte beim Auftraggeber begründet werden kann, ist m. E. nicht zuzustimmen.[5] Unterhält der Stpfl. keine Betriebsstätte i. S. d. § 12 AO, ist als Betriebsstätte i. S. d. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 EStG die Betriebsstätte des Auftraggebers anzusehen.[6] Die Auslegungsergebnisse für den Begriff der "Arbeitsstätte" können auch für den Begriff der Betriebsstätte herangezogen werden (§ 9 EStG Rz. 122). Die Finanzverwaltung verwendet daher regelmäßig nicht den Begriff "Betriebsstätte" sondern verwendet die "ersten Tätigkeitsstätte".[7] Mithilfe einer aktiven Handlung des Arbeitgebers könne der Arbeitnehmer steuerlich wirksam einer Tätigkeitsstätte zugeordnet werden.[8] Nach Auslegung der neueren Rspr. dürfte es m. E. keinen Unterschied machen, ob ein Arbeitnehmer direkt in einer Räumlichkeit des Arbeitgebers arbeitet oder bei dessen Kunden. Die Abzugsbeschränkung für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte lässt sich somit nicht mehr dadurch umgehen, dass die Definition der Betriebsstätte sehr eng ausgelegt wird und der Arbeitnehmer regelmäßig nicht in einer solchen, sondern z. B. beim Kunden des Auftraggebers tätig ist. Diese Auslegung entspricht m. E. der Intention des Gesetzgebers und führt zu einer besseren Gleichstellung verschiedener Berufsgruppen.

 

Rz. 739a

Eine besondere Bedeutung kommt dabei der Definition der ersten Tätigkeitsstätte zu. Zwar wird diese in § 4 EStG nicht weiter bestimmt, jedoch schafft die Definition in § 9 Abs. 4 S. 1 EStG Abhilfe und stellt dabei ausdrücklich auf eine "ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (…) oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten" ab. Damit sind solche Fälle erfasst, in denen der Arbeitnehmer beim Kunden/Mandanten des Arbeitgebers tätig ist. Ein notwendiges Kriterium ist jedoch die dauerhafte Zuordnung des Arbeitnehmers an diese Tätigkeitsstätte. § 9 Abs. 4 S. 2 EStG stellt dabei auf die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie ergänzende Absprachen und Weisungen ab.

Wenn der Arbeitgeber folglich hinsichtlich der örtlichen Zuordnung in einem Arbeitsvertrag den Arbeitnehmer ausdrücklich einer Tätigkeitsstätte zuordnet, hat diese Weisung auch für die einkommensteuerlichen Fragestellungen des Arbeitnehmers Bestand. In diesem Einfluss des Arbeitgebers auf die steuerlichen Angelegenheiten des Arbeitnehmers kann indes ein Kritikpunkt gesehen werden. Fraglich ist, ob das die Intention des Gesetzgebers sein konnte. In der Literatur wird dieser Einfluss sogar als willkürlich herbeigeführte Rechtsfolge mit einem Verstoß "gegen elementare Gleichbehandlungsgrundsätze"[9] betitelt und als verfassungswidrig deklariert. Wenn eine explizite Zuordnung vom Arbeitgeber unterbleibt, richtet sich die erste Tätigkeitsstätte nach der überwiegenden Arbeitszeit. § 9 Abs. 4 S. 4 EStG definie...

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