Rz. 9

§ 35 EStG wurde in den sog. Brühler Empfehlungen zur Reform der Unternehmensbesteuerung[1] vorgestellt. Dort war er eines von insgesamt vier diskutierten Reformmodellen für die Besteuerung von Personenunternehmen[2]. Durch das Steuersenkungsgesetz v. 23.10.2000[3] wurde die bis dahin geltende Tarifkappung nach § 32c EStG a. F. durch § 35 EStG ersetzt. Ersterer Regelung standen erhebliche verfassungsmäßige Bedenken gegenüber[4]; zur verfassungsrechtlichen Beurteilung des § 35 EStG Rz. 20ff.

 

Rz. 10

Im Gesetzgebungsverfahren zum Steuersenkungsgesetz war zunächst eine Ermäßigung um den zweifachen Gewerbesteuer-Messbetrag vorgesehen[5]. Im Rahmen des Vermittlungsausschusses erfolgte eine Reduzierung des Faktors auf das 1,8-Fache des Gewerbesteuer-Messbetrags[6]. Hiermit war eine geringere Entlastung bei der ESt verbunden.

Durch das Steueränderungsgesetz v. 20.12.2001[7] wurde der zeitliche Anwendungsbereich in § 52 Abs. 50a EStG neu geregelt[8] und ein Ausschluss des § 35 EStG im Rahmen der Tonnagebesteuerung in § 5a Abs. 5 EStG eingeführt[9].

 

Rz. 11

Mit dem Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz v. 20.12.2001[10] wurde zum einen in § 35 Abs. 2 S. 4 EStG der Bezug auf die §§ 14, 17 oder 18 KStG ausgedehnt. Dabei handelt es sich um eine redaktionelle Änderung, die klarstellen soll, dass alle Gruppen von Organschaftsverhältnissen nach den §§ 14, 17 oder 18 KStG gleich behandelt werden[11]. Zum anderen wurde in § 18 Abs. 4 S. 3 UmwStG ein Ausschluss der Ermäßigung nach § 35 EStG in Bezug auf Gewinne i. S. d. § 18 Abs. 4 S. 1 und 2 UmwStG eingeführt[12].

 

Rz. 12

Im Rahmen des Gesetzes zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen v. 16.5.2003[13] wurde auf Initiative der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses[14] in § 35 Abs. 1 S. 2 und 3 EStG eine Versagung der Ermäßigung bei niedriger GewSt-Belastung von unter 200 % Hebesatz eingeführt. Dadurch sollten wirtschaftlich die Gemeinden getroffen werden, die einen niedrigen Hebesatz erhoben haben. Allerdings waren nur ESt-Pflichtige von dieser Maßnahme betroffen, während sich die geringen Steuersätze bei Körperschaften auswirken konnten, sodass damit die Attraktivität dieser Gemeinden für die Körperschaften nicht beeinträchtigt wurde. Diese Regelung behielt nur sieben Monate Gültigkeit.

 

Rz. 13

Durch Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung des GewStG und anderer Gesetze v. 23.12.2003[15] wurde der Normierung eines Mindesthebesatzes i. H. v. 200 % in § 16 Abs. 4 GewStG Rechnung getragen, sodass § 35 Abs. 1 S. 2 und 3 EStG aufgehoben werden konnte. Damit war die Anwendung des § 35 EStG unabhängig davon möglich, wie hoch der Hebesatz der jeweiligen Gemeinde war. § 35 Abs. 2 EStG wurde aufgehoben, weil er nur für die gewerbesteuerliche Organschaft im Vz 2001 relevant war. Die Zuständigkeiten für die Feststellungen wurden in § 35 Abs. 3 EStG neu geregelt.

 

Rz. 14

Ein neuer § 35 Abs. 2 S. 3 EStG wurde durch das Gesetz zum Dritten Zusatzprotokoll zum DBA der Niederlande v. 14.12.2004[16] eingeführt. Er regelt die Anwendung des § 35 EStG bei Mitunternehmerschaften mit Auslandsberührungen in DBA-Fällen[17]. Außerdem wurden redaktionelle Fehler behoben.

 

Rz. 15

Durch das JStG 2007[18] wurde in § 35 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 EStG ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers beseitigt. Es erfolgte in Übereinstimmung mit dem bisherigen Verständnis die Klarstellung, dass der GewSt-Messbetrag aus einer Mitunternehmerschaft, deren Mitunternehmer den Mitunternehmeranteil in einem betrieblichen Einzelunternehmen hält, trotz der Kürzung nach § 9 Nr. 2 GewStG in den Messbetrag des Einzelunternehmens für Zwecke des § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG einzubeziehen ist. Dadurch wird erreicht, dass die von der Personengesellschaft gezahlte GewSt beim Einzelunternehmer zu einer Entlastung im Rahmen des § 35 EStG führt.

 

Rz. 16

Durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 v. 14.8.2007[19] erfolgten vergleichsweise grundlegende Änderungen. So wurde der Anrechnungsfaktor von bis dahin 1,8 auf 3,8 erhöht. Außerdem wurde § 35 Abs. 1 EStG um einen S. 5 ergänzt, nach der die tatsächlich gezahlte GewSt als weitere Obergrenze für die Anrechnung zu beachten ist. Dadurch soll vermieden werden, dass die Anrechnung nach § 35 EStG zu einem höheren Abzugsbetrag von der ESt führt, als tatsächlich GewSt entrichtet wurde. Die erstmalige Anwendung erfolgte ab Vz 2008. Die verfahrensrechtliche Umsetzung dieser Begrenzung beim einzelnen Gesellschafter wurde durch eine Änderung von § 35 Abs. 2 S. 1 EStG gewährleistet. Außerdem wurde Abs. 4 hinzugefügt. Dieser sieht vor, dass die Begrenzung auf die tatsächlich gezahlte, anteilige GewSt auch für Mitunternehmer und persönlich haftende Gesellschafter einer KGaA gilt.

 

Rz. 17

Im Rahmen des JStG 2008 v. 20.12.2007[20] wurde § 35 Abs. 1 EStG durch die S. 2 bis 4 ergänzt. Dadurch wird eine Konkretisierung der Begrenzung der anrechenbaren GewSt auf die tatsächlich gezahlte GewSt vorgenommen. Ab Vz 2008 berechnet sich der Ermäßigungsbetrag nach der im Gesetz definierten Formel, u...

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