Rz. 56

Der "ständige Vertreter" bildet im deutschen Steuerrecht einen eigenen Anknüpfungspunkt für das Vorliegen ausl. Einkünfte (§ 13 AO); im OECD-MA bildet er einen Unterfall der Betriebsstätte. Sachliche Bedeutung hat diese Abweichung aber nicht.

 

Rz. 57

Ein ständiger Vertreter ist nach § 13 AO eine Person, die nachhaltig die Geschäfte eines Unternehmens besorgt und dabei dessen Sachweisungen unterliegt, insbesondere, indem sie Verträge abschließt oder vermittelt oder Aufträge einholt, oder indem sie einen Bestand von Gütern und Waren unterhält und davon Auslieferungen vornimmt. Der ständige Vertreter ist für eine "andere Person", den Unternehmer, tätig[1]. Art. 5 OECD-MA schränkt den Begriff des ständigen Vertreters dagegen erheblich ein. Nach Art. 5 Abs. 5 OECD-MA konstituiert nur der Abschlussvertreter eine Betriebsstätte; anders als im inländischen Recht führen die Vermittlung von Verträgen und das Hereinholen von Aufträgen nicht zur Betriebsstätte. Weiterhin liegt nach dem OECD-MA, ebenfalls anders als im inländischen Recht, keine Betriebsstätte vor, wenn der Vertreter für den Geschäftsherrn ein Warenlager unterhält, von diesem Auslieferungen vornimmt, und wenn er Abschlussvollmacht zum Einkauf hat.

 

Rz. 58

Unabhängige Vertreter sind nach Art. 5 Abs. 6 OECD-MA Makler, Kommissionäre und andere (d. h. nicht weisungsgebundene) Personen, die im Rahmen ihrer ordentlichen Geschäftstätigkeit handeln. Ein solcher unabhängiger Vertreter unterhält durch seine Tätigkeit eine eigene Betriebsstätte, begründet aber nicht eine Betriebsstätte des Geschäftsherrn. Ausgehend vom Wortlaut des § 13 AO könnte für das inländische Recht die Auffassung vertreten werden, dass beide Fälle, der abhängige wie der unabhängige Vertreter einen Anknüpfungspunkt für ausl. Einkünfte begründen können (s. aber R 49 Abs. 1 EStR 2012 zum Inbound-Fall). Insoweit kann es zu Wertungsdifferenzen kommen. Es fragt sich, ob die hieraus resultierenden Besteuerungskonflikte durch das nationale Recht mittels § 50d Abs. 9 EStG zugunsten des deutschen Fiskus gelöst werden.

 

Rz. 59

"Unabhängig" ist der Vertreter dann, wenn er von dem Geschäftsherrn rechtlich und wirtschaftlich unabhängig ist; sachliche Weisungsgebundenheit führt nicht zum Verlust der Unabhängigkeit[2]. Auch die Tatsache, dass der Vertreter dem gleichen Konzern angehört wie der Geschäftsherr, führt nicht zur Abhängigkeit. Ein abhängiger Vertreter liegt nur vor, wenn er eine dem Arbeitnehmer vergleichbare Stellung innehat[3].

 

Rz. 60

Der abhängige Vertreter begründet eine Betriebsstätte des Geschäftsherrn, aber keine eigene Betriebsstätte[4].

 

Rz. 61

"Im Rahmen seiner ordentlichen Geschäftstätigkeit" agiert der selbstständige Vertreter, wenn er im Rahmen dessen handelt, was nach Lage des Einzelfalls für einen Makler, Kommissionär oder Handelsvertreter verkehrsüblich ist[5].

 

Rz. 62

Bei dem Stpfl. ist der Teil des Gewinns, den der ständige Vertreter für ihn erzielt, dem Anknüpfungstatbestand des ständigen Vertreters zuzurechnen und daher im Ansässigkeitsstaat des ständigen Vertreters zu versteuern. Maßgebend ist der Umfang der Funktion, die der ständige Vertreter im Rahmen des Gesamtunternehmens des Stpfl. ausübt[6].

[1] BFH v. 18.12.1990, X R 82/89, BStBl II 1991, 395; zu Einzelheiten M.Frotscher, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 13 AO Rz. 1ff.
[3] FG Köln v. 7.7.1993, 6 K 4693/87, EFG 1994, 138.
[4] FG München v. 15.12.1992, 16 K 4179/91, EFG 1993, 707.
[5] BFH v. 30.4.1975, I R 152/73, BStBl II 1975, 626; BFH v. 14.9.1994, I R 116/93, BStBl II 1995, 238, a. A. noch die Vorinstanz, FG Köln v. 7.7.1993, 6 K 4693/87, EFG 1994, 138, das auf die konkrete Ausgestaltung der Geschäftstätigkeit des jeweiligen Vertreters abstellt.
[6] A. A. Sieker, BB 1996, 981, der der Tätigkeit des ständigen Vertreters grundsätzlich keinen Gewinn zuordnen will.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge