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Der Betriebsstätte werden alle Wirtschaftsgüter zugeordnet, die nach ihrer Zweckbestimmung der Erreichung des Zwecks der Betriebsstätte dienen[1]. Entscheidend soll nach den Vorstellungen der Finanzverwaltung die jeweilige Nutzung sein (§ 5 Abs. 1 BsGaV); bei einer Nutzung durch mehrere, ist zu prüfen, bei welcher Stelle die Nutzung überwiegt. Eine Aufteilung des Wirtschaftsgutes ist also nicht vorzunehmen; vielmehr ist ggf. zu untersuchen, ob es letztlich zu einer Nutzungsänderung derart gekommen ist, dass das Wirtschaftsgut nunmehr einer anderen Betriebsstätte zuzuordnen ist. In einem solchen Fall stellen sich dann die Fragen der Entstrickung etwaiger Gewinne.

Der faktischen Feststellung der Nutzung vorgelagert ist wohl aber die Prüfung der Frage, ob ein selbstständiger Gewerbebetrieb am gleichen Ort und unter gleichen oder ähnlichen Bedingungen diese Wirtschaftsgüter zur Erzielung eines vergleichbaren Geschäftserfolgs benötigen würde[2]. Es ist somit auf die betriebliche Veranlassung abzustellen. Diese ist in Anlehnung an § 4 Abs. 4 EStG anzunehmen, wenn zum einen ein Wirtschaftsgut betrieblich veranlasst angeschafft, hergestellt oder eingelegt wird und es zum anderen objektiv in einem wirtschaftlichen oder tatsächlichen Zusammenhang mit dem Betrieb steht; dieses Verständnis findet sich auch in der Regelung des § 5 Abs. 2 S. 2 BsGaV. Ausschlaggebend ist insoweit in erster Linie die Zurechnung aufgrund des rechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentums an dem Wirtschaftsgut. In zweiter Linie ist nach dem sachlichen Zusammenhang bzw. der funktionalen Zugehörigkeit zu fragen, d. h., es ist zu untersuchen, welcher unternehmerischen Funktion das jeweilige Wirtschaftsgut dient bzw. ob die Nutzung durch die Betriebsstätte betriebswirtschaftlich sinnvoll ist[3]. Sollte danach immer noch keine Zuordnung möglich sein, ist letztlich auf den (ggf. in der Bilanzierung verkörperten) Willen der Geschäftsleitung abzustellen. § 5 Abs. 2 BsGaV zeigt in diesem Zusammenhang, dass entscheidende, mit der Personalfunktion verknüpfte Tätigkeiten, die Anschaffung, Herstellung, Verwaltung und Veräußerung des materiellen Wirtschaftsguts sind. Eine Ausnahme gilt für unbewegliches Vermögen, in dem die Geschäftstätigkeiten der Betriebsstätte ausgeübt werden, dieses ist stets dieser Betriebsstätte zuzuordnen (§ 5 Abs. 2 S. 3 BsGaV).

Wassermeyer[4] will mit Blick auf die Gewinnabgrenzung das Veranlassungsprinzip um den allgemeinen Fremdvergleichsgrundsatz ergänzen. Hierdurch werde es erst ermöglicht, eine sachgerechte Abgrenzung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte vorzunehmen, da auch eine partielle Zuordnung möglich sei und nicht ein "Alles-oder-nichts-Prinzip" vorherrsche. Vor diesem Hintergrund differenziert er auch zwischen Anlage- und Umlaufvermögen: Beim Anlagevermögen gebe die Bilanzierung die Bestimmung vor, wer das jeweilige Wirtschaftsgut nutzt; beim Umlaufvermögen ist hingegen entscheidendes Kriterium die Übernahme des Vermarktungsrisikos.

Der BFH[5] hat die bloße rechtliche Zugehörigkeit einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft zum Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft nicht als ausreichend angesehen; die abkommensrechtliche tatsächliche Zugehörigkeit verlange mehr. Es genügte in diesem Zusammenhang nicht, dass die Personengesellschaft die Kontrolle und Koordinierung der einzelnen Arbeitsabläufe übernimmt, bestimmte Synergieeffekte nutzt (z. B. gebündelter Wareneinkauf), Personalangelegenheiten bearbeitet, Preispolitik, Werbung, Öffentlichkeitsarbeit, Vertrieb sowie die Unternehmensstrategie gestaltet. Als nicht ausreichend hat der BFH auch die partielle Wahrnehmung von Geschäftsleitungsfunktionen der Kapitalgesellschaft angesehen. Diese Ansicht findet sich nunmehr in § 2 Abs. 4 S. 2 Nr. 2 BsGaV.

Mit der Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung werden auch weitere Zuordnungsregelungen vorgegeben:

  • Immaterielle Werte sind der Betriebsstätte zuzuordnen, die sie selbst geschaffen hat; hierbei ist ggf. zu analysieren, welcher Personalfunktion die größte Bedeutung bei der Schaffung zukam; eine spätere Zuordnungsänderung kann nur bedingt durch die Nutzung, Verwaltung, Weiterentwicklung den Schutz oder die Veräußerung des immateriellen Wirtschaftsgutes hervorgerufen werden (§ 6 Abs. 2 BsGaV).
  • Beteiligungen, Finanzanlagen und ähnliche Vermögenswerte sind nicht – wie bislang – per se dem Stammhaus zuzuordnen; vielmehr ist die Zuordnung vor dem Hintergrund des funktionalen Zusammenhangs zur Nutzung durch die jeweilige Stelle des Unternehmens vorzunehmen; ausschlaggebende Kriterien sind hierbei u. a. ihre Anschaffung, Verwaltung, Risikosteuerung oder Veräußerung (§ 7 Abs. 2 BsGaV).
  • Nur die unmittelbar mit einem Vermögenswert in Zusammenhang stehenden Chancen und Risiken sind zu berücksichtigen; alle anderen, insb. mittelbare Chancen und Risiken, sind entsprechend der mit ihnen verbundenen Personalfunktionen auf die jeweiligen Betriebsstätten zuzuordnen; ausdrücklich und erstmals wird in § 10 BsGaV geregelt, dass es kein...

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