Rz. 15

Wird ein Stpfl. aufgrund nationaler oder internationaler Regelungen in einem Staat steuerlich schlechter behandelt als in einem anderen, wird er versuchen, seine Einkünfte in Letzteren zu verlagern. Bekannte Instrumentarien hierzu sind, insbesondere bei in Wertpapieren verbrieften Ansprüchen, Wertpapierleihen oder sog. Repo- bzw. Wertpapierpensionsgeschäfte (§ 340b HGB).[1] Nach deutschem Verständnis ist der Entleiher bzw. Pensionsnehmer der wirtschaftlich Berechtigte nach § 39 AO. Der Entleiher bzw. Pensionsnehmer kann somit auf Basis des deutschen DBA mit dem Quellenstaat bzw. auf Basis des § 34c EStG eine Anrechnung von Quellensteuern erreichen. § 50d Abs. 3 EStG erfasst diese Fälle nicht, da diese Vorschrift nur im Rahmen der beschränkten Stpfl. gilt. Die Finanzverwaltung hatte diese Gestaltungen generell als rechtsmissbräuchlich nach § 42 AO eingestuft.[2] Ließ sich schon damals gegen eine solch pauschale Auffassung argumentieren, dass entsprechend den Regelungen in § 50c Abs. 10 EStG allenfalls in den Fällen ein Gestaltungsmissbrauch angenommen werden könnte, in denen durch die Rückkaufvereinbarung oder ähnliche Vereinbarungen das Kapitalanlegerrisiko (insbesondere das Kursrisiko) für den Inländer ausgeschlossen worden ist (§ 50c EStG Rz. 93ff.).[3] so kann nunmehr auf die ausdrückliche Regelung in § 8b Abs. 10 KStG (zur steuerlichen Behandlung von Wertpapierleihe und Wertpapierpensionsgeschäften, insb. mit Blick auf die sog. Kompensationszahlung) sowie § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 4 EStG (zu den Geschäften in zeitlicher Nähe zum Ausschüttungstermin, insbesondere der Annahme des wirtschaftlichen Eigentums) verwiesen werden. Mit diesen Regelungen hat der Gesetzgeber anerkannt, dass das wirtschaftliche Eigentum hinsichtlich der Erträge (ggf. abweichend von der Bilanzierung) beim Entleiher bzw. Pensionsnehmer oder Leerverkäufer ist. Damit dürfte der Auffassung der Finanzverwaltung der Boden entzogen sein. Im Übrigen kann eine "Verlagerungs"-Gestaltung nur noch in Ausnahmefällen als missbräuchlich eingestuft werden[4], da bereits die Versagung einer Anrechnung, die dem Inländer gewährt wird, nicht mit den EU-Freiheiten zu vereinbaren ist und mittels der Gestaltung lediglich ein EU-rechtskonformer Zustand hergestellt wird, d. h. dass dem Übertragenden die Anrechnung der KapESt oder anderer Steuern gewährt wird.

 

Rz. 16

Aus der Voraussetzung, dass zur Anrechnung nur derjenige berechtigt ist, in dessen Namen und auf dessen Rechnung die Steuer im Ausland gezahlt worden ist, folgt für Einkünfte aus Kapitalvermögen, dass derjenige zur Anrechnung berechtigt ist, der Inhaber des Kapitalvermögens in dem Zeitpunkt ist, in dem die Einkünfte anfallen. Ist das Kapitalvermögen veräußert worden, fallen die Einkünfte bei derjenigen Person an, die im Zeitpunkt des Zuflusses der Einkünfte Inhaber des Kapitalvermögens ist, und zwar auch dann, wenn die Einkünfte Vergütungen für die Kapitalüberlassung für Zeiträume vor der Veräußerung abdecken. Etwa gezahlte bzw. erhaltene Stückzinsen ändern daran nichts; der Zufluss von Stückzinsen bei dem Veräußerer führt nicht zur Anrechnung bei diesem, da die Stückzinsen von einer anderen Person als dem Verpflichteten der Kapitalerträge geleistet werden und auch nicht mit ausl. Steuer belastet sind[5].

[1] OFD Frankfurt/M. v. 19.10.2006, S 7100 A – 257 – St 11.
[2] OFD Frankfurt v. 16.7.1998, S 2293 A – 81 – St II 25, IStR 1998, 610.
[5] BMF v. 8.10.1996, IV C 6 – S 1301 – 41/96, BStBl I 1996, 1190; OFD Münster v. 9.10.2007, S 2293 - 61 - St 45 – 31, IStR 2007, 832.

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