Rz. 45

Adoptionskosten sowie sämtliche hiermit im Zusammenhang stehende Kosten (Reisekosten, Vermittlungsgebühren) sind grundsätzlich keine als außergewöhnliche Belastung abzugsfähige Kosten, da es insoweit an der Zwangsläufigkeit mangelt.[1] Unerheblich ist insoweit, ob die Kinderlosigkeit durch eine Krankheit bedingt ist, da die Adoption selbst keine Heilbehandlung dieser Krankheit ist.[2] Ebenso scheiden sittliche Gründe für eine Zwangsläufigkeit aus, da Kinderlosigkeit in der Gesellschaft nicht mit Nachteilen versehen gewesen ist[3], selbst wenn der Adoption eine Pflegschaft vorausgegangen ist.[4]

 

Rz. 45a

Obgleich der VI. Senat des BFH mit einer Divergenzanfrage an den Großen Senat erkennen ließ, dass er die Rspr. hinsichtlich der Adoption möglicherweise ändern wollte[5], wurde eine Anerkennung von Adoptionskosten als außergewöhnliche Belastung letztlich verneint.[6] Neben der fehlenden Qualifikation als Heilbehandlung sollen auch keine weiteren Gründe für eine Zwangsläufigkeit sprechen, zumal die Entscheidung des Stpfl. zur Adoption nicht aus einer Zwangslage erwachse, sondern eine freiwillige Entscheidung sei.[7] Insoweit geht der BFH einen anderen Weg als der österreichische Verwaltungsgerichtshof, der für das österreichische Steuerrecht den Abzug von Adoptionskosten als außergewöhnliche Belastung mit der Begründung anerkannt hat, dass in dem i. S. d. bisherigen Judikatur zur künstlichen Befruchtung ein öffentliches Interesse der Gesellschaft an Kindern zum Ausdruck käme und die Anerkennung deshalb gerechtfertigt sei.[8] Es ist insoweit zwar begrüßenswert, dass der BFH die Rspr. nicht als Korrektiv vermeintlich bestehender gesellschaftlicher Bedürfnisse, die der Gesetzgeber "vergessen" habe zu kodifizieren, anwendet. Gleichwohl vermag die Begründung nicht zu überzeugen. Demnach sollen als außergewöhnliche Belastungen nur solche Aufwendungen in Betracht kommen, die einen Bereich der Lebensführung betreffen, der der "individuellen Gestaltung des Steuerpflichtigen entzogen ist".[9] Dabei verkennt der Senat indes, dass Adoptionskosten m. E. einen existenziellen Grundbereich des Stpfl. betreffen, der gerade durch den Grundfreibetrag vor dem Besteuerungszugriff des Fiskus verschont bleiben soll. Soweit bei einer künstlichen Befruchtung entstehende Kosten als Kosten einer Heilbehandlung den Abzug als außergewöhnliche Belastung rechtfertigen, ergibt sich dies bei medizinischer Unmöglichkeit einer solchen Behandlung für die Kosten der Adoption m. E. aus tatsächlichen Gründen.

 

Rz. 45b

Der BFH führt insoweit an, dass mit der Entscheidung nicht verkannt werden würde, dass der Erfüllung des Kinderwunschs in Form der Adoption ein "wesentlich sinnstiftendes Element" sei und die ungewollte Kinderlosigkeit vom Stpfl. als schwere Belastung empfunden würde.[10] Bereits hieran wird deutlich, dass der BFH offenbar lediglich auf den subjektiven Wunsch des Stpfl. zur Annahme von Kindern abstellt. Hierbei kommt es bei Adoptionskosten aufgrund einer Unfruchtbarkeit eines der Partner m. E. indes nicht an.

Der subjektive Kinderwunsch, der die medizinische Behandlung einer künstlichen Befruchtung indiziert, besteht in derartigen Fällen vielmehr auch. Entscheidend ist, dass die Adoptionskosten den Stpfl. aufgrund der Unfruchtbarkeit bei Adoption ebenfalls zwangsläufig aus tatsächlichen Gründen entstehen können, denn die Mehrzahl der Stpfl., die sich für die Annahme von Kindern entscheidet, hat eben gerade nicht Kosten einer Adoption zu tragen. Adoptionskosten betreffen auch gerade nicht das Kind selbst und degradieren dieses damit als "Objekt" einer Heilung, wie der BFH argumentiert. Die entstehenden Adoptionskosten beziehen sich auf das Adoptionsverfahren, die Zwangsläufigkeit zur Durchführung dieses Verfahrens ergibt sich aus der Unfruchtbarkeit des jeweiligen Stpfl.

 

Rz. 45c

Mit dem krankheitsbedingten Element der Unfruchtbarkeit stünde der Rspr. m. E. ein objektives Element zur Verfügung, um die Zwangsläufigkeit hinreichend zu überprüfen. Da die Rspr. des BFH mittlerweile und auch gerade aufgrund der jüngsten Entscheidung als gefestigt angesehen werden muss, bleibt es jedoch dabei, dass Adoptionskosten nicht als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind.

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