Rz. 117

Voraussetzung für den Abzug der Freibeträge ist zunächst, dass die gebotene Freistellung des Kinderexistenzminimums (ab 2002: neben dem sächlichen Existenzminimum durch den Kinderfreibetrag auch der Bedarf für Betreuung, Erziehung oder Ausbildung, sog. Sammelfreibetrag) durch das Kindergeld nicht in vollem Umfang bewirkt wird (§ 31 S. 4 EStG). Dies betrifft zum einen die Gruppe von Stpfl. mit hohem Einkommen, bei denen die fiktive Umrechnung des Kindergelds in einen Freibetrag einen geringeren Betrag als die gesetzlichen Freibeträge ergibt (ab 2002 rund 25 % der Stpfl. mit Kindern; § 31 EStG Rz. 6). Zum anderen sind dies Stpfl., die vom Kindergeldanspruch ausgeschlossen sind, aber einen Kinderfreibetrag erhalten, z. B. Ausländer ohne einen Aufenthaltstitel i. S. v. § 62 Abs. 2 EStG.[1] Führt die Günstigerprüfung nach § 31 EStG zu dem Ergebnis, dass die gebotene steuerliche Freistellung des Existenzminimums des Kindes bereits durch das ausgezahlte Kindergeld bewirkt worden ist, kann nicht zusätzlich noch ein Kinderfreibetrag in Anspruch genommen werden, da der Familienleistungsausgleich nur zum Ziel hat, das Existenzminimum des Kindes von der ESt freizustellen (§ 31 EStG Rz. 5).[2]

Durch das JStG 1996 (Rz. 9) wurden die jährlichen Freibeträge ab 1996 durch Monatsbeträge ersetzt (Monatsprinzip). Nach dem FamFG (Rz. 9) sind die Freibeträge ab 2000 wieder als Jahresbeträge ausgewiesen. Dies ändert indes nichts am Monatsprinzip. Die Freibeträge sind für jeden Zählmonat zu berücksichtigen. Denn nach § 32 Abs. 6 S. 5 EStG ermäßigen sich die Freibeträge für jeden Monat, in dem die Voraussetzungen für die Gewährung nicht vorliegen, um ein Zwölftel (Zwölftelung).

Der Kinderfreibetrag deckt ab 2000 nur noch das sächliche Existenzminimum (Sozialhilferegelsatz für Kinder, einmalige Leistungen, Mietmehrbedarf, Heizkosten) ab.

Mit Wirkung ab 2002 kam der Gesetzgeber durch das 2. FamFG (Rz. 9a) der weiteren Forderung des BVerfG[3] nach Berücksichtigung auch des Erziehungsbedarfs in einem zweiten Reformschritt nach und führte den einheitlichen Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (Sammelfreibetrag) für alle Kinder auch über das 16. Lebensjahr hinaus ein. Der Sammelfreibetrag deckt die notwendigen Bedarfe jenseits des sächlichen Existenzminimums ab. Er beträgt seit 2010 1.320 EUR (bei Zusammenveranlagung 2.640 EUR). Der Ausbildungsbedarf wurde aus dem Grund mit einbezogen, weil die einzelnen Bedarfe im Lauf des Berücksichtigungszeitraums (grds. bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahrs) sich je nach Lebensalter in ihrer Höhe verändern. Am Anfang überwiegt typischerweise der Betreuungsbedarf, der mit zunehmendem Alter immer mehr durch den Erziehungsbedarf und später durch den Ausbildungsbedarf verdrängt wird.[4]

 

Rz. 118

Die Regelungen über die Verdoppelung und die Übertragung der Freibeträge in § 32 Abs. 6 EStG zeigt, dass für jedes Kind die vollen Freibeträge (die doppelten Beträge des S. 1) einmal zu gewähren sind. Bei mehreren Abzugsberechtigten sind die Freibeträge daher aufzuteilen (sog. Halbteilungsgrundsatz). Der Halbteilungsgrundsatz entspricht der verfassungsrechtlichen Vorgabe, dass unterhaltspflichtige Elternteile, die ihrer Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Kind nachkommen, von kindbedingten Steuererleichterungen nicht ausgenommen werden dürfen[5], und berücksichtigt die Freistellung des Existenzminimums eines Kindes bei beiden Elternteilen (§ 31 EStG Rz. 4ff.).

Die halben Freibeträge sind abzuziehen

  • bei unbeschränkt stpfl. Eltern[6] bzw. bei auf Antrag als unbeschränkt stpfl. zu behandelnden beschränkt Stpfl. (§ 1 Abs. 3 EStG), bei denen die Voraussetzungen der Zusammenveranlagung nach §§ 26, 26b EStG nicht vorliegen, d. h. dauernd getrennt lebende, geschiedene oder Eltern eines nichtehelichen Kindes für ihr gemeinsames Kind;
  • bei getrennt veranlagten Ehegatten (ab Vz 2013: Einzelveranlagung; § 26a EStG) für die Kinder, die zu beiden in einem Kindschaftsverhältnis stehen;
  • bei Stiefeltern oder Großeltern, denen ein halber Freibetrag nach § 32 Abs. 6 S. 10 EStG übertragen wurde.

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