Rz. 9

§ 26a Abs. 1 S. 1 EStG bringt zum Ausdruck, dass auch bei der Einzelveranlagung der Grundsatz der Individualbesteuerung gilt.[1] Die Vorschrift ist wenig glücklich gefasst. Zum einen drückt sie etwas Selbstverständliches aus, nämlich den Grundsatz der persönlichen Einkünftezurechnung nach § 2 Abs. 1 EStG. ESt-Subjekt ist nach § 1 EStG die natürliche Person. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass eine Person verheiratet ist oder Teil einer eingetragenen Lebenspartnerschaft ist, sodass sich sowohl bei der Zusammenveranlagung als auch bei der getrennten Veranlagung bzw. ab Vz 2013 bei der Einzelveranlagung die Vorschriften, die die Bemessungsgrundlage bestimmen, immer auf den einzelnen Stpfl. beziehen.[2] Dass jedem Ehegatten die von ihm bezogenen Einkünfte – unter Berücksichtigung der bei der Einkünfteermittlung abzuziehenden Frei- und Pauschbeträge – zuzurechnen sind, ist vor diesem Hintergrund selbstverständlich. Abs. 1 S. 1 normiert daher nicht die Zurechnung der Einkünfte, sondern bestätigt lediglich die Aussage des § 2 Abs. 1 EStG.

 

Rz. 10

Zum anderen ist die Vorschrift sprachlich zu eng gefasst, weil sie scheinbar die individuelle Zurechnung auf Einkünfte beschränkt. Auch für nicht die Einkünfteerzielung, sondern den Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 2 Abs. 3 EStG), das Einkommen (§ 2 Abs. 4 EStG), das zu versteuernde Einkommen (§ 2 Abs. 5 EStG), den Tarif (§ 2 Abs. 6 EStG) sowie weitere Steuerermäßigungen betreffende Vorschriften gilt der Grundsatz der Individualbesteuerung, sofern nicht das Gesetz selbst (wie z. B. in § 26a Abs. 2 EStG für Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und die Steuerermäßigung nach § 35a EStG) Ausnahmen anordnet. Personenbezogene Frei- und Pauschbeträge sind grds. nur bei dem Ehegatten zu berücksichtigen, der die entsprechenden Einkünfte bezogen hat. § 26a Abs. 1 S. 1 EStG ist daher dahin auszulegen, dass – vorbehaltlich gesetzlicher Ausnahmen – grds. so zu veranlagen ist, wie dies ohne das Bestehen einer Ehe zu geschehen hätte. Die tarifliche ESt ist folgerichtig nach dem Grundtarif (§ 32a Abs. 1 EStG) zu bestimmen. Das Splittingverfahren (§ 32a Abs. 6 S. 2 EStG) ist nicht möglich.

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