Rz. 92

Aus Vereinfachungsgründen wird unterstellt, dass die Ehegatten die Zusammenveranlagung wählen, wenn sie die nach § 26 Abs. 2 EStG erforderlichen Erklärungen nicht abgeben, da es sich im Regelfall um die günstigste Veranlagungsart handelt. Dies ist eine zwingende Rechtsfolge; die gesetzliche Vermutung ist unwiderleglich.[1] Für einen entgegenstehenden Antrag auf getrennte Veranlagung ist das FA beweispflichtig.[2] Beim Tod eines Ehegatten ist eine Zusammenveranlagung nur möglich, wenn der Erbe des Verstorbenen zustimmt.[3] Schlägt daher ein Ehegatte die Erbschaft nach dem verstorbenen (anderen) Ehegatten aus, ist zur Zusammenveranlagung immer die Zustimmung des Erben erforderlich.[4] Es kann unterstellt werden, dass der Erbe ebenfalls die Zusammenveranlagung wünscht, wenn eindeutig feststeht, dass er Kenntnis von seiner Erbenstellung und den, den verstorbenen Ehegatten betreffenden, steuerlichen Vorgängen hat.[5] Der Gesetzgeber hat mit den Änderungen durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 v. 1.11.2011[6] mit § 26 Abs. 3 EStG klargestellt, dass eine Zusammenveranlagung durchzuführen ist, wenn von dem Wahlrecht nach Abs. 2 nicht oder nicht wirksam Gebrauch gemacht wird.

 

Rz. 93

Die nach § 26 Abs. 2 EStG erforderlichen Erklärungen müssen fehlen. Dies ist nicht der Fall, wenn einer der Ehegatten die Einzelveranlagung wählt, da hierfür die Wahlentscheidung eines Ehegatten ausreicht. Die gesetzliche Vermutung der Wahl der Zusammenveranlagung greift daher in folgenden Fällen ein[7] bzw. die Zusammenveranlagung ist nach § 26 Abs. 3 EStG durchzuführen, wenn

  • Erklärungen beider Ehegatten fehlen,
  • nur ein Ehegatte die Zusammenveranlagung wählt.
 

Rz. 94

Das FA ist verpflichtet zu ermitteln, ob die erforderlichen Erklärungen abgegeben werden, und hat auf eine Erklärung über eine bestimmte Veranlagungsart hinzuwirken. Bei Anhaltspunkten für bestehende Interessengegensätze, z. B. bei anhängigem Scheidungsverfahren oder wenn nach dem Tod eines Ehegatten die Erben an dessen Stelle treten, verletzt das FA seine Ermittlungspflicht, wenn es ohne weitere Nachforschungen das Einverständnis des anderen Ehegatten unterstellt.[8] Allein die Weigerung eines Ehegatten, die von dem anderen Ehegatten abgegebene gemeinsame Steuererklärung zu unterzeichnen, rechtfertigt nicht die Einzelveranlagung nach § 26a EStG.[9]

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