Rz. 63

Ein Zuwendungsnießbrauch ist gegeben, wenn der Eigentümer einem Dritten den Nießbrauch an seinem Grundstück zuwendet. Dies kann entgeltlich, teilentgeltlich und unentgeltlich geschehen.

Der Nießbrauch ist entgeltlich zugewendet, wenn die Parteien den Wert des Nießbrauchs und der Gegenleistung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten gegeneinander abgewogen haben und subjektiv von der Gleichwertigkeit ausgegangen sind, selbst wenn Leistung und Gegenleistung objektiv ungleichwertig sind. Dies ist bei Vereinbarungen unter fremden Dritten zu unterstellen.[1]

 

Rz. 64

Sind Leistung und Gegenleistung nicht nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten gegeneinander abgewogen, liegt ein teilentgeltlicher Erwerb vor, der im Verhältnis des Kapitalwerts des Nießbrauchs zum Entgelt in einen entgeltlichen und unentgeltlichen Teil aufzuteilen ist.

 

Rz. 65

Liegt keine Gegenleistung vor oder liegt der Wert der Gegenleistung unter 10 % des Werts des Nießbrauchs, ist die Zuwendung des Nießbrauchs unentgeltlich.[2]

 

Rz. 66

Der Nießbraucher tritt kraft Gesetzes gem. §§ 576, 577 BGB in die Rechtsstellung des Eigentümers ein. Er erzielt nunmehr die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, wenn er das Grundstück in Besitz nimmt und verwaltet und die Mietzahlungen an den Nießbraucher geleistet werden. Eine lediglich rechnungsmäßige Beteiligung des Nießbrauchers an den Erträgen des Mietobjekts reicht aber nicht aus.[3] Dies gilt auch in Fällen des Bruttonießbrauchs, ein Nießbrauch, bei dem sich der Eigentümer verpflichtet, die sich aus §§ 1041, 1045, 1047 BGB ergebenden Lasten des Nießbrauchers zu tragen, und in den Fällen des Quoten- oder Bruchteilsnießbrauchs.[4] Bei obligatorischen Nutzungsrechten greift § 567 BGB nicht, sodass der Nutzungsberechtigte nur durch Umwandlung des Mietvertrags, d. h. durch Zustimmung des Mieters, in die Vermieterstellung eintreten kann.[5] Ein der Sicherheit dienendes fortbestehendes dingliches Recht, das tatsächlich nicht ausgeübt wird, steht einer schuldrechtlichen Nutzungsvereinbarung nicht entgegen.[6]

 

Rz. 67

Vertreten Eltern ihre minderjährigen Kinder, sind die Willenserklärungen im Namen der Kinder abzugeben.[7]

 

Rz. 68

Bei langfristiger Rückvermietung durch den Nießbraucher an den Eigentümer in Fällen des unentgeltlichen Zuwendungsnießbrauchs liegt nach neuerer Rspr. (Rz. 109f.) regelmäßig keine missbräuchliche Gestaltung i. S. d. § 42 AO vor. Demgegenüber geht die Verwaltung regelmäßig von einer missbräuchlichen Gestaltung aus, ebenso bei Rückvermietung durch minderjährige Kinder an ihre Eigentümer-Eltern.[8] Angesichts der geänderten Rspr. zur Vermietung an Kinder (Rz. 96ff.) ist die Auffassung nicht mehr haltbar.[9]

 

Rz. 69

Wird das mit dem Nießbrauch belastete Grundstück beim unentgeltlichen Zuwendungsnießbrauch durch Vermietung genutzt, sind die Einkünfte unter den Voraussetzungen der Rz. 55ff. dem Nießbraucher zuzurechnen. Er erzielt die Einnahmen und kann Werbungskosten wie jeder andere Vermieter geltend machen, soweit er sie im Rahmen der Nießbrauchsvereinbarung übernommen und bei fehlender Vereinbarung aufgrund der gesetzlichen Lastentragung tatsächlich getragen hat.[10] In den Fällen des Bruttonießbrauchs kann der Nießbraucher mangels eigener Aufwendungen keine Werbungskosten geltend machen.

 

Rz. 70

Absetzungen für Abnutzung (AfA) auf das Gebäude kann der Nießbraucher nicht geltend machen, da er die Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht getragen hat und der Nießbrauch keine Rechtsnachfolge i. S. d. § 11d EStDV bedeutet.[11] Soweit der Nießbraucher Herstellungskosten für in Ausübung des Nießbrauchs errichtete Anlagen und Einrichtungen i. S. d. § 95 Abs. 1 S. 2 BGB oder für Aufwendungen für Einbauten zu vorübergehenden Zwecken gem. § 95 Abs. 1 S. 1 BGB getragen hat, kann er AfA geltend machen. In diesen Fällen richtet sich die Höhe der AfA nach der Dauer des Nießbrauchs, ist die voraussichtliche Nutzungsdauer geringer, nach der Nutzungsdauer.[12] Das unentgeltlich erworbene Nutzungsrecht kann mangels Anschaffungskosten nicht abgeschrieben werden.[13]

 

Rz. 71

Der Eigentümer des mit dem Nießbrauch belasteten Grundstücks erzielt keine Mieteinnahmen (mehr), da diese nunmehr vom Nießbraucher erzielt werden. Mangels Einkünfteerzielung kann er keine AfA und keine Werbungskosten geltend machen, selbst wenn er sie im Rahmen eines Bruttonießbrauchs tatsächlich getragen hat.[14]

 

Rz. 72

Der unentgeltliche Zuwendungsnießbrauch hat somit den großen Nachteil, dass während seines Bestehens keine AfA geltend gemacht werden kann; er vernichtet für diese Zeit AfA-Volumen, da nach Beendigung des Nießbrauchs der Eigentümer im Fall der Vermietung nur noch ein AfA-Volumen gekürzt um die Nießbrauchszeit geltend machen kann.

 

Rz. 73

Der Nießbraucher erzielt beim entgeltlichen Zuwendungsnießbrauch durch die Vermietung des Grundstücks wie beim unentgeltlichen Zuwendungsnießbrauch wiederum Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (Rz. 54ff.). Hinsichtlich der Werbungskosten und der Gebäude-AfA ergeben sich ebenfalls keine Änderun...

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