Rz. 62

Für die Frage, unter welchen Voraussetzungen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG vom Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht ausgegangen werden kann, ist zwischen den laufenden Erträgen des Kapitalvermögens i. S. d. § 20 Abs. 1 EStG und den Gewinnen aus der Veräußerung von Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 2 EStG zu differenzieren. Bei den laufenden Erträgen i. S. d. § 20 Abs. 1 EStG ist das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht seit der Einführung der Abgeltungsteuer regelmäßig zu bejahen, da Erwerbsaufwendungen im Regelfall nicht mehr abgezogen werden können[1] und der Stpfl. daher bei objektiver Betrachtung in aller Regel ein positives Gesamtergebnis anstreben wird.[2] Auch bei den im Rahmen der Abgeltungsteuer neu eingefügten Gewinnen aus der Veräußerung von Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 2 EStG ist regelmäßig vom Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen.[3] Zwar können bei Veräußerungsgewinnen aus Kapitalvermögen anders als bei den laufenden Erträgen des Kapitalvermögens bestimmte Erwerbsaufwendungen zum Abzug gebracht werden[4], sodass auch ein negatives Gesamtergebnis erzielt werden kann. Dennoch sind kaum Fälle vorstellbar, in denen der Stpfl. bei objektiver Betrachtung eine Kapitalanlage erwirbt, hält und veräußert, ohne sein Handeln auf ein positives Gesamtergebnis zu richten. Anders ist dies nur in den seltenen Fällen zu beurteilen, in denen es dem Stpfl. beim Erwerb, Halten und Veräußern einer Kapitalanlage gerade darum geht, einen Verlust zu erzielen. Der erst im Laufe des Haltens einer Kapitalanlage gefasste Entschluss, diese mit Verlust zu veräußern, führt dagegen nicht zum Entfallen der Einkünfteerzielungsabsicht. Ein Gestaltungsmissbrauch liegt selbst dann nicht vor, wenn der Stpfl. eine identische Kapitalanlage kurze Zeit später erneut anschafft.[5]

[2] BMF v. 22.12.2009, IV C 1 – S 2252/08/10004, BStBl I 2010, 94; Geurts, in Bordewin/Brandt, EStG, § 20 EStG Rz. 61; von Beckerath, in Kirchhof, EStG, 9. Aufl. 2010, § 20 EStG Rz. 8.
[3] BMF v. 22.12.2009, IV C 1 – S 2252/08/10004, BStBl I 2010, 94; Geurts, in Bordewin/Brandt, EStG, § 20 EStG Rz. 61; von Beckerath, in Kirchhof, EStG, 9. Aufl. 2010, § 20 EStG Rz. 8.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge