Rz. 6

Der heutige § 20 EStG geht im Wesentlichen auf § 12 des Preußischen EStG v. 24.6.1891[1] zurück. § 6 Nr. 1 PrEStG 1891 unterwarf, ähnlich wie § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 des heutigen EStG, alle Einkünfte, die der Stpfl. aus Kapitalvermögen erzielte, der ESt. § 12 PrEStG 1891 ergänzte diese Vorschrift, enthielt aber, vergleichbar dem heutigen § 20 Abs. 1 EStG, keine Definition der Einkünfte aus Kapitalvermögen, sondern ebenfalls nur eine Aufzählung von Einnahmen, die zu Einkünften aus Kapitalvermögen führen konnten. Diese Aufzählung umfasste vor allem Zinsen aus Kapitalforderungen und Gewinnanteile aus bestimmten Kapitalbeteiligungen und entsprach damit inhaltlich weitgehend § 20 Abs. 1 des heutigen EStG, wenngleich der Komplementär einer KGaA damals noch Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielte. Auch die Subsidiarität der Einkünfte aus Kapitalvermögen gegenüber den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft und Gewerbebetrieb fand sich bereits in § 12 PrEStG 1891.[2]

 

Rz. 7

Das PrEStG 1891 wurde 1906 durch das Preußische EStG v. 19.6.1906[3] abgelöst. Für die Einkünfte aus Kapitalvermögen ergaben sich dadurch keine relevanten Änderungen. Nach § 6 Nr. 1 PrEStG 1906 unterlagen weiterhin alle Einkünfte, die der Stpfl. aus Kapitalvermögen erzielte, der ESt. Diese Vorschrift wurde nunmehr durch § 11 PrEStG 1906 konkretisiert, in dem sich aber, wie in § 12 PrEStG 1891, ebenfalls keine Definition der Einkünfte aus Kapitalvermögen, sondern erneut lediglich eine Aufzählung bestimmter Einnahmen fand, die zu Einkünften aus Kapitalvermögen führen konnten. Abgesehen davon, dass ab sofort auch die GmbH im Gesetz ausdrücklich erwähnt wurde und nur noch der Kommanditist, nicht aber auch der Komplementär einer KGaA, Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielte, deckte sich diese Aufzählung im Wesentlichen mit der des § 12 PrEStG 1891.

An der Subsidiarität der Einkünfte aus Kapitalvermögen gegenüber den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft und Gewerbebetrieb änderte sich nichts.[4]

 

Rz. 8

An die Stelle des PrEStG 1906 trat 1920 das Reichseinkommensteuergesetz v. 29.3.1920.[5] Im Hinblick auf die Einkünfte aus Kapitalvermögen knüpfte das REStG 1920 im Wesentlichen an das PrEStG 1906 an. § 5 REStG 1920 unterwarf wie bisher alle Einkünfte, die der Stpfl. aus Kapitalvermögen erzielte, der ESt. § 8 REStG 1920 ergänzte diese Vorschrift, enthielt aber ebenfalls keine Definition der Kapitaleinkünfte, sondern wiederum nur eine Aufzählung von Einnahmen, die zu Einkünften aus Kapitalvermögen führen konnten. Diese Aufzählung stimmte weitgehend mit der des § 11 PrEStG 1906 überein, enthielt aber weitere Differenzierungen bei den steuerbaren Kapitalerträgen und stellte außerdem klar, dass auch besondere Entgelte und Vorteile, die neben oder anstelle der in der Vorschrift genannten Kapitalerträge gewährt werden, zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören. Die Subsidiarität der Einkünfte aus Kapitalvermögen gegenüber den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft und Gewerbebetrieb wurde beibehalten.[6]

 

Rz. 9

Das REStG 1920 wurde 1925 durch das Reichseinkommensteuergesetz v. 15.8.1925[7] abgelöst. Für die Einkünfte aus Kapitalvermögen ergaben sich dadurch kaum Änderungen. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 REStG 1925 unterlagen weiterhin alle Einkünfte, die der Stpfl. aus Kapitalvermögen erzielte, der ESt. Diese Vorschrift wurde durch § 37 REStG 1925 konkretisiert, in dem sich aber, wie in § 8 REStG 1920, keine Definition der Einkünfte aus Kapitalvermögen, sondern erneut lediglich eine Aufzählung bestimmter Einnahmen fand, die zu Einkünften aus Kapitalvermögen führen konnten. Abgesehen davon, dass die Vorschrift nunmehr in drei Absätze gegliedert war und auch Einnahmen aus der Veräußerung von Dividenden- und Zinsscheinen als Einkünfte aus Kapitalvermögen der Besteuerung unterwarf, entsprach die Aufzählung des § 37 REStG 1925 im Wesentlichen der des § 8 REStG 1920. An der Subsidiarität der Einkünfte aus Kapitalvermögen gegenüber den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft und Gewerbebetrieb änderte sich nichts.[8]

 

Rz. 10

Weitere Neuerungen brachte das Reichseinkommensteuergesetz v. 16.10.1934.[9] Im Hinblick auf die Einkünfte aus Kapitalvermögen knüpfte das REStG 1934 im Wesentlichen an das REStG 1925 an. § 2 Abs. 3 Nr. 5 REStG 1934 unterwarf wie bisher alle Einkünfte, die der Stpfl. aus Kapitalvermögen erzielte, der ESt. § 20 REStG 1934 ergänzte diese Vorschrift, enthielt aber ebenfalls keine Definition der Einkünfte aus Kapitalvermögen, sondern wiederum nur eine Aufzählung von Einnahmen, die zu Einkünften aus Kapitalvermögen führen konnten. Diese Aufzählung stimmte weitgehend mit der des § 37 REStG 1925 überein. Für die Beteiligungserträge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 REStG 1934 führte das REStG 1934 die noch heute gültige Bezeichnung der Bezüge ein. Die Subsidiarität der Einkünfte aus Kapitalvermögen gegenüber den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft und Gewerbebetrieb wurde beibehalten und um die Subsidiarität gegenüber den Einkünften aus selbstständiger Arbeit...

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