Rz. 84

Nach § 2 Abs. 1 S. 1 EStG sind Einkünfte demjenigen zuzurechnen und von demjenigen zu versteuern, der sie erzielt. Das ist derjenige, der den Tatbestand verwirklicht, an den das EStG die Entstehung der Steuer knüpft (persönliche Zurechnung der Einkünfte).[1]

Da Einkommen das Ergebnis einer entgeltlichen Teilnahme durch Verwertung von Leistungen am Markt darstellt (Rz. 37), ist Zurechnungssubjekt von Einkünften derjenige, der "über diese Teilnahme, über die Leistungserstellung disponieren kann, d. h. die Möglichkeit hat, Marktchancen zu nutzen, Leistungen zu variieren, im Extremfall auch zu verweigern, indem er seine Tätigkeit einstellt, Kapital zurückzieht, Mietverhältnisse kündigt etc.".[2] Weitere Voraussetzung ist aber, dass die Einkünfte durch Teilnahme am Marktgeschehen im Rahmen einer der 7 Einkunftsarten erzielt werden (Rz. 42).

 

Rz. 85

Für den Normalfall ist die Zuordnung unproblematisch. Derjenige, der als Land- und Forstwirt Bodenfrüchte u. Ä. erwirtschaftet und vermarktet, erzielt Einkünfte nach § 13 EStG; derjenige, der gewerblich am Markt tätig ist, erzielt als Einzel- oder Mitunternehmer Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Wer im Rahmen selbstständiger oder nichtselbstständiger Arbeit Bezüge aus dieser Tätigkeit erwirtschaftet, erzielt Einkünfte aus § 18 EStG oder § 19 EStG. Bei den übrigen Überschusseinkünften steht die Tätigkeit als solche im Hintergrund. Die Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) werden wegen der Überlassung von Kapital gegen Entgelt, weniger wegen einer Tätigkeit erzielt. Entsprechendes gilt für die Vermietung (§ 21 EStG). Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt daher derjenige, der Kapitalvermögen gegen Entgelt im eigenen Namen und für eigene Rechnung zur Nutzung überlässt, oder sein Rechtsnachfolger in dem Rechtsverhältnis, das der Überlassung des Kapitals zur Nutzung zugrunde liegt, soweit ihm die Einnahmen zivilrechtlich gebühren. Gesetzliche Zurechnungsregeln enthalten § 20 Abs. 8 EStG und § 21 Abs. 3 EStG. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt derjenige, der ein Gebäude u. Ä. (§ 21 Abs. 1 EStG) gegen Entgelt auf Zeit einem anderen überlässt.[3]

Werden die so erzielten Einkünfte auf einen anderen übertragen, liegt sog. Einkommensverwendung vor, die auf die einmal erzielten Einkünfte ohne Einfluss ist.

 
Praxis-Beispiel

Einkommensverwendung

Die Mutter zahlt die Mieteinnahmen aus ihrem Grundstück an die Tochter weiter bzw. weist die Mieter an, sie direkt an die Tochter zu überweisen; die Mutter tritt die Mieteinnahmen an einen Dritten ab.

Die Mutter erzielt die Mieteinnahmen, da allein sie durch entgeltliche Überlassung des Grundstücks Teilnehmerin am Marktgeschehen ist, nicht etwa die Tochter oder der Abtretungsempfänger. Entsprechendes gilt, wenn die Einnahmen von einem Dritten gepfändet werden, sodass der Vermieter über die Einnahmen nicht mehr verfügen kann. Er bleibt derjenige, der das Grundstück im Rahmen eines Mietvertrags gegen Entgelt überlässt und erzielt somit nach wie vor die Einkünfte. Dies gilt auch z. B. im Falle einer Lohnpfändung, im Falle der Zwangsverwaltung oder eines Insolvenzverfahrens. Auch hier erzielt der Arbeitnehmer, der Eigentümer oder Schuldner weiterhin die Einkünfte.

Rz. 86 einstweilen frei

 

Rz. 87

Ohne Bedeutung ist, ob die Einkünfte allein durch eigene Tätigkeit oder auch durch Hilfskräfte erzielt werden. Das wirtschaftliche Ergebnis von Arbeitnehmern ist dem Arbeitgeber zuzurechnen, sodass er die Einkünfte der entsprechenden Einkunftsart erzielt.

Ehegatten erzielen jeweils für sich Einkünfte, die gesondert ermittelt werden und erst in einem gemeinsamen Gesamtbetrag der Einkünfte zusammengeführt werden. Erzielen Ehegatten z. B. durch gemeinsame Vermietung eines Grundstücks Einkünfte, sind die Einkünfte ihnen zuzurechnen, wenn sie in gesamthänderischer Verbundenheit den Tatbestand der Einkunftsart verwirklichen.[4] Verfahrensmäßig sind ihnen die Einkünfte durch eine einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte zuzurechnen, § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO.

Bei nichtrechtsfähigen Personengesellschaften wie OHG, KG oder GbR ist die Gesellschaft selbst Subjekt der Einkunftserzielung (§ 15 EStG Rz. 408)[5], d. h. die Einkünfte sind zunächst der Gesellschaft zuzurechnen, bei ihr zu ermitteln und anschließend auf die Gesellschafter aufzuteilen (§ 180 Abs. 1 Nr. 2a AO).

 

Rz. 88

Werden nicht nur die bereits erzielten "Einkünfte übertragen", sondern die Tätigkeit aufgegeben und von einem anderen ausgeübt, endet die Einkunftserzielung.

 
Praxis-Beispiel

Ende der Einkunftserzielung

Das vermietete Grundstück oder das Aktienpaket werden entgeltlich oder unentgeltlich auf einen anderen übertragen. Nunmehr entscheidet der Erwerber über die weitere Tätigkeit am Markt, er übt die Stellung eines Vermieters oder Aktionärs aus und erzielt damit die Einkünfte.

 

Rz. 89

Problematisch ist die Zurechnung der Einkünfte, wenn neben den bisherigen Teilnehmer am Marktgeschehen ein anderer tritt, der die Einkünfte vereinnahmen darf, z. B. dadurch, dass der Eigentümer einem Dri...

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