Rz. 4

Die ESt ist mit einem Aufkommen von 283.203 Mio. EUR für 2017 neben der USt mit einem Aufkommen von 170.498 Mio. EUR zzgl. 55.856 Mio. EUR Einfuhrumsatzsteuer für 2017 – die ertragreichste Steuer. Allerdings entfällt der weitaus größte Anteil des Aufkommens auf die Abzugsteuern:

  • LSt: 195.524 Mio. EUR,
  • Nicht veranlagte Steuern vom Ertrag 20.918 Mio. EUR (nach Abzug der Erstattungen durch das BZSt),
  • Abgeltungsteuer: 7. 333 Mio. EUR.

Die veranlagte ESt beträgt 59.428 Mio. EUR (nach Abzug von Kindergeld und der Erstattungen). Zugleich ist die ESt Bemessungsgrundlage für die Annexsteuern KiSt bzw. Lohnkirchensteuer und den Solidaritätszuschlag.

 

Rz. 5

Die ESt ist die Steuer mit der höchsten Gerechtigkeitsqualität, da sie neben der objektiven auch die subjektive Leistungsfähigkeit des einzelnen Stpfl. berücksichtigt (Rz. 49f).[1] Dazu ist die ESt theoretisch am Universalitäts- und Totalitätsprinzip ausgerichtet, d. h., dass ausnahmslos alle natürlichen Personen (§ 1 EStG) ihr disponibles Einkommen versteuern müssen. Persönliche Steuerbefreiungen für Fürsten, Monarchen und Diktatoren sind ausgeschlossen. Erforderlich ist dazu aber, dass der Staat dafür sorgt, dass alle Stpfl. rechtlich und tatsächlich durch ein Steuergesetz gleich belastet werden.[2] Das gilt auch für einen gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (Rz. 9).[3] Das Totalitätsprinzip beschränkt sich auf die unbeschränkte Steuerpflicht (§ 1 EStG Rz. 25ff.). Der Stpfl. muss sein Welteinkommen bei der unbeschränkten Steuerpflicht im Inland versteuern. Durch DBA, die mit fast jedem Staat bestehen, ist das Welteinkommensprinzip nahezu beseitigt. Bei Bestehen eines DBA gehen ausl. Einkünfte lediglich durch den Progressionsvorbehalt in die Bemessungsgrundlage ein (§ 32b EStG). In Ausnahmefällen hat auch der Wohnsitzstaat ein Besteuerungsrecht, z. B. bei der Besteuerung von Grundbesitz im DBA mit Spanien. In diesen Fällen wird aber die ausl. Steuer auf die inländische Steuer angerechnet. Bei der beschr. Steuerpflicht (§ 1 Abs. 4 EStG) gilt das Territorialprinzip, d. h., die Steuerpflicht knüpft an inländische Einkünfte an.

Bei der erweiterten beschr. Steuerpflicht nach § 2 AStG unterliegen die im Ausland erzielten Einkünfte der deutschen ESt, sofern sie nicht Einkünfte nach § 34c Abs. 1 EStG sind. Nach § 5 AStG ist eine Hinzurechnung von Einkünften aus Basisgesellschaften möglich.

 

Rz. 6

Als direkte und damit merkliche Steuer produziert die ESt Widerstand, im Einzelfall vom Stpfl., planmäßig durch Lobbyismus, der eigene Steuervorteile zu erhalten oder zu schaffen sucht. Die ESt ist damit zur verwaltungsaufwendigsten Steuer geworden. Innendienst und Außenprüfung im FA befassen sich nahezu ausschließlich mit der veranlagten ESt, während die – vom Aufkommen viel höhere – USt als Anmeldesteuer "am Rande mitläuft".

Eine Vielzahl von Sozialzwecknormen, Ausnahmen und Steuervergünstigungen, z. B. durch Sonderabschreibungen, ferner der Versuch des Gesetzgebers, jede nur denkbare Möglichkeit zu regeln, haben zu einer Kompliziertheit der ESt geführt, die sie auch für Fachleute kaum noch justiziabel macht. Immer umfangreichere Schreiben der Finanzverwaltung[4] dienen der Auslegung des unverständlichen Gesetzes und übernehmen damit in vielen Fällen die Funktion des Gesetzgebers. Im Ergebnis sind Gleichheit und damit Gerechtigkeit der Besteuerung nicht mehr feststellbar. Die ESt ist nach allgemeiner Ansicht zu einer "Dummensteuer"[5] verkommen, die nur noch von denjenigen entrichtet wird, die schlecht beraten sind oder wegen Steuerabzugs an der Quelle (LSt, KapESt) wenige Möglichkeiten der Steuerersparnis haben.

 

Rz. 7

Die ESt gehört im internationalen Vergleich zu den Steuern vom Gesamteinkommen ("global income taxes"), die sich dadurch auszeichnen, dass sie verschiedene Einkünfte zu einer einheitlichen Bemessungsgrundlage zusammenfassen und hierauf einen einheitlichen Tarif anwenden, der für alle Einkunftsarten gilt (synthetische Gesamteinkommensteuer, Einheitssteuer). Hiervon abweichend erfasst die analytische Schedulensteuer verschiedene Einkünfte nach der Art ihrer Einkunftsquelle in verschiedene Listen und unterwirft sie je nach ihrer Liste einem gesonderten Tarif. Systembrüche in das Prinzip der Einheitssteuer sind auch bei der deutschen ESt unverkennbar, sei es wegen einkunftsartabhängiger Befreiungen (§ 3 EStG), wegen unterschiedlicher Ermittlung der Einkünfte (§§ 4, 5 EStG versus § 4 Abs. 3 EStG, §§ 8, 9 EStG), wegen unterschiedlicher Freibeträge (§§ 13 Abs. 3, 14a, 16 Abs. 4, 17 Abs. 3, 18 Abs. 3, 19 Abs. 2, 20 Abs. 4, 23 Abs. 4, 24a EStG) sowie wegen des gesonderten Tarifs im Rahmen der Abgeltungsteuer (§ 32d Abs. 1 S. 1 EStG).

 

Rz. 8

Durch das UntStRefG 2008 v. 14.8.2007[6] ist ab Vz 2009 für Einkünfte aus privaten Kapitalvermögen – mit Ausnahmen – eine Abgeltungsteuer i. H. v. 25 % eingeführt worden. Eine Veranlagung findet i. d. R. nicht mehr statt, die...

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