Rz. 176

§ 17 EStG enthält keine umfassende Regelung der Gewinnermittlung. Nach Abs. 2 ist Veräußerungsgewinn der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt. Eine Regelung über den Zeitpunkt der Gewinnverwirklichung fehlt jedoch. Da es sich bei den Einkünften aus § 17 EStG um gewerblichen Gewinn handelt, wenn auch nur kraft Fiktion, handelt es sich um eine Ermittlung von Gewinn, nicht von Überschüssen nach §§ 8, 9 EStG. Nach § 17 Abs. 2 EStG wird dieser Gewinn durch Gegenüberstellen des Veräußerungspreises (abzgl. Veräußerungskosten) und der Anschaffungskosten ermittelt. Damit ähnelt die Gewinnermittlung nach § 17 EStG dem Vermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG. Jedenfalls handelt es sich nicht um eine Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG. Daraus folgt weiterhin, dass das Zufluss- und Abflussprinzip nach § 11 EStG nicht anwendbar ist.

 

Rz. 177

Ähnelt die Gewinnermittlung dem Vermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG, so weist sie doch auch Unterschiede auf. Der wesentliche Unterschied liegt darin, dass bei § 17 EStG keine Erfassung von Vermögensmehrungen für jedes Wirtschaftsjahr erfolgt, sondern nur eine Ermittlung am Ende der Besitzzeit (Veräußerung), was zu einer Saldierung von Vermögensmehrungen und -minderungen in den davor liegenden Vz führt.[1] Die Gewinnermittlung nach § 17 EStG ist daher eine Gewinnermittlung eigener Art.[2]

 

Rz. 178

Für den Zeitpunkt der Gewinnrealisierung nach § 17 EStG folgt hieraus, dass der Gewinn im Zeitpunkt der Veräußerung realisiert wird, d. h. mit Übertragung des rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Eigentums an den Anteilen[3] ohne Rücksicht darauf, wann die Gegenleistung zufließt. Nicht maßgebend ist auch der Zeitpunkt des Abschlusses des schuldrechtlichen Vertrags (Rz. 108).[4] Für alle den Veräußerungsgewinn beeinflussenden Faktoren ist auf den Zeitpunkt der Veräußerung eine Stichtagsbewertung vorzunehmen. Auf diesen Zeitpunkt sind daher auch erst in der Zukunft fällig werdende Teile der Gegenleistung anzusetzen, evtl. unter Herausrechnen des in der Gegenleistung enthaltenen Zinsanteils; das Zufluss-/Abflussprinzip gem. § 11 EStG gilt nicht (Rz. 185).[5]

 

Rz. 178a

Soweit die tatsächlich erhaltene Gegenleistung nicht in Geld, sondern in Sachgütern besteht, ist der Veräußerungspreis mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Für die Bewertung kommt es aber auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Erfüllung der Gegenleistungspflicht an, wenn diese von den Verhältnissen im Zeitpunkt der Entstehung des Veräußerungsgewinns abweichen. Eine Veränderung der den Wert bestimmenden Umstände wirkt materiell-rechtlich auf den Zeitpunkt der Entstehung des Veräußerungsgewinns zurück.[6]

 

Rz. 178b

Bei zeitlich gestreckter Zahlung des Veräußerungserlöses in verschiedenen Vz fällt ein Veräußerungsverlust anteilig nach dem Verhältnis der Teilzahlungsbeträge zu dem Gesamtveräußerungserlös in den jeweiligen Vzder Zahlungszuflüsse an.[7]

 

Rz. 179

Da es sich bei § 17 EStG um die Versteuerung des Gewinns aus Anteilen an Kapitalgesellschaften handelt, ist diese Versteuerung konsequenterweise in das Halb-/Teileinkünfteverfahren einbezogen. Ab Inkrafttreten des Halbeinkünfteverfahrens aufgrund des Steuersenkungsgesetzes v. 23.10.2000[8] nach § 52 Abs. 4b EStG sind für die Gewinnermittlung im Rahmen des § 17 EStG neben Abs. 2 auch § 3 Nr. 40 Buchst. c EStG sowie § 3c Abs. 2 S. 1 Halbs. 2 EStG anzuwenden. Danach ist die Hälfte, im Teileinkünfteverfahren 40 %, des Veräußerungspreises bzw. des gemeinen Werts steuerfrei zu belassen. Folglichist bei der Ermittlung des Gewinns aus § 17 EStG lediglich die Hälfte bzw. 60 % des Veräußerungspreises bzw. gemeinen Werts anzusetzen (Rz. 180). Entsprechend sind auch nur die Hälfte bzw. 60 % der Anschaffungskosten und der Veräußerungskosten mindernd zu berücksichtigen. Der nach § 17 EStG stpfl. Gewinn wird danach ab dem in § 52 Abs. 4a EStG genannten Zeitpunkt aus der Differenz zwischen der Hälfte bzw. 60 % des Veräußerungspreises bzw. des gemeinen Werts der Anteile, vermindert um die Hälfte bzw. 60 % der Veräußerungskosten, und der Hälfte bzw. 60 % der Anschaffungskosten, gebildet. Das gilt sowohl für die Errechnung eines Veräußerungsgewinns als auch eines Veräußerungsverlusts. Aus § 3c Abs. 2 EStG lässt sich nicht entnehmen, dass der nur anteilige Ansatz von Anschaffungskosten und Veräußerungskosten der Höhe nach auf die Einnahmen aus der Veräußerung beschränkt, die darüber hinausgehenden Kosten also voll abziehbar seien. Schon die a. F. des § 3c Abs. 2 EStG verlangte nur das Vorliegen von Einnahmen i. S. d. § 3 Nr. 40 EStG, aber nicht, dass die Aufwendungen diese Einnahmen nicht überstiegen.[9]  Es genüge für die Anwendung des § 3c Abs. 2 EStG auch, wenn nur geringfügige Einnahmen vorliegen[10], allerdings genügt ein symbolischer Kaufpreis von 1 EUR bei objektiv wertlosen Anteilen nicht, um das Abzugsverbot nach § 3c Abs. 2 EStG anzuwenden.[11] Das gilt umso mehr nach der Neufassung des § 3c Abs. 2 EStG, wonach die Absicht, ...

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