Rz. 48

Bei einer zusammengeballten Aufdeckung der stillen Reserven, wie sie insbesondere mit einer Betriebsveräußerung typischerweise verbunden ist, kommt es zu einer erhöhten Steuerbelastung durch den progressiven ESt-Tarif. Zweck der Steuervergünstigungen in § 16 EStG ist es, diesen Nachteil zu mildern. Dies gilt trotz der mit Wirkung ab 1996 geltenden Einschränkung des Freibetrags auf einen "Lebensfreibetrag" (§ 16 Abs. 4 EStG, Rz. 253ff.) und der Ersetzung des halben Steuersatzes durch die Fünftel-Regelung des § 34 EStG. Insoweit besteht auch weiterhin eine – wenn auch geringere – Steuererleichterung für Veräußerungsgewinne. Ob es im Einzelfall tatsächlich zu einer erhöhten Besteuerung kommen würde, ist unerheblich, weil die Vorschrift dies nicht als Tatbestandsmerkmal aufführt (vgl. z. B. Rz. 51, 64, 248). Der genannte Gesetzeszweck wirkt sich jedoch im Rahmen einer teleologischen Auslegung der Tatbestandselemente des § 16 EStG aus. So ist § 16 EStG zum einen auf Vorgänge beschränkt, die ihrer Art nach die nachteiligen Folgen der Steuerprogression herbeiführen können. Ausgeschlossen sind somit Vorgänge, bei denen die stillen Reserven nicht "in einem einheitlichen Vorgang innerhalb kurzer Zeit" (Rz. 67)[1] und nicht in vollem Umfang (wesentliche Betriebsgrundlagen, ggf. einschließlich von Sonderbetriebsvermögen, Rz. 111) aufgedeckt werden. Zum anderen erfordert diese gesetzgeberische Zielsetzung eine Erweiterung des Begriffs der "wesentlichen Betriebsgrundlagen" (Rz. 105) auch auf funktional betrieblich nicht notwendige, aber finanziell gewichtige Wirtschaftsgüter mit hohen stillen Reserven[2].

 

Rz. 49

Die Einheitlichkeit und Kurzfristigkeit des Vorgangs ist bei der Betriebsveräußerung im Ganzen gegeben und somit unproblematisch. Anders bei der Betriebsaufgabe: Hier kommt es zu einer teleologischen Reduktion des Aufgabebegriffs, durch die längerfristige Aufgabehandlungen, also insbesondere Liquidationsvorgänge normaler Art, ausgeschlossen werden (Rz. 67).

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