Rz. 492

Das Steuerrecht vollzieht die Zwitterstellung der KGaA zwischen AG und KG grundsätzlich nach: Die Gesellschaft selbst unterliegt gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG der KSt-Pflicht. Dann bestimmt § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG, dass bei KGaA der Teil des Gewinns, der an persönlich haftende Gesellschafter auf ihre nicht auf das Grundkapital gemachten Einlagen oder als Vergütungen (Tantieme) für die Geschäftsführung verteilt wird, abziehbare Aufwendungen darstellt. Die Einkünfte des Komplementärs unterliegen gem. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG der ESt, soweit dieser als persönlich haftender Gesellschafter und nicht als Anleger im Grundkapital erscheint. Die Kommanditaktionäre realisieren dagegen Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 20 EStG.[1]

Im wirtschaftlichen Ergebnis wird mit der vorstehenden Technik erreicht, dass die Kommanditaktionäre wie die Anteilseigner der übrigen Kapitalgesellschaften besteuert werden, nämlich mit Vorbelastung durch KSt und GewSt auf Ebene der Gesellschaft und sodann mit 25 % Abgeltungsteuer gem. § 32d Abs. 1 EStG. Da für den Komplementär gem. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 i. V. m. § 32a EStG der persönliche ESt-Satz zur Anwendung kommt, wäre eine Vorbelastung seiner Gewinnanteile auf Ebene der KGaA steuersystematisch nicht gerechtfertigt, auf diese Weise erklärt sich die Abziehbarkeit der Gewinnanteile nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG. § 15 Abs. 1 Nr. 3 EStG ist steuersystematisch nicht nur Einkünftequalifikationsnorm, sondern auch Zurechnungsnorm.[2]

 

Rz. 493

Soweit der Komplementär der KGaA Gewinnanteile auf seine nicht in das Grundkapital gemachten Einlagen erhält, wird er wie ein Mitunternehmer besteuert.[3] Zwischen der KGaA und dem oder den persönlich haftenden Gesellschaftern besteht aber keine Mitunternehmerschaft.[4] Im Unterschied zu § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG kommt es ferner nicht auf Mitunternehmerrisiko oder Mitunternehmerinitiative an; der Komplementär wird dem Mitunternehmer lediglich in seiner steuerlichen Wirkung gleichgestellt.[5] Ebenso reicht eine mittelbare Stellung als Komplementär einer KGaA nicht für die Anwendung des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG aus, da es an einem dem § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 EStG entsprechenden Verweis fehlt.[6]

Soweit der persönlich haftende Gesellschafter dagegen Einlagen auf das Grundkapital hält und daraus Einnahmen (Dividenden) oder Veräußerungs- oder Liquidationsgewinne erzielt, wird auch er wie ein Kommanditaktionär behandelt (arg. §§ 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG, 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG). Er erzielt dann Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG.[7]

 

Rz. 494

Der Gewinnanteil des Komplementärs ist grds. durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln.[8] Ob dem Komplementär bereits der handelsrechtliche oder erst der steuerrechtliche Gewinnanteil zugerechnet wird (Reichweite der sog. "Wurzeltheorie"), beinflusst nur die Höhe der notwendigen Korrekturen und ist daher im Ergebnis ohne Bedeutung.[9] Die Ermittlung des Gewinnanteils erfolgt ungeachtet der nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG abzusetzenden Beträge.[10] Dies betrifft auch und insb. die erfassten Tätigkeitsvergütungen, da dem Komplementär insoweit später Sonderbetriebseinnahmen zuzuschreiben sind (s. u.). Außerbilanzielle Hinzurechnungen und Kürzungen (z. B. aufgrund nicht abziehbarer Aufwendungen oder steuerfreier Erträge) sind dem Komplementär und der KGaA aufgrund des Transparenzprinzips anteilig zuzurechnen.[11] Nunmehr ebenfalls geklärt scheint, dass der Komplementär unter den gleichen Voraussetzungen Ergänzungsbilanzen bilden darf, wie jeder andere Mitunternehmer.[12]

§ 15 Abs. 1 Nr. 3 EStG ist hinsichtlich seiner Struktur wie § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG aufgebaut, insbes. werden auch die Sondervergütungen für die Überlassung von Kapital und Wirtschaftsgütern sowie Tätigkeiten im Dienste der Gesellschaft in die Einkünfte des persönlich haftenden Gesellschafters einbezogen. Daraus wird deutlich, dass der persönlich haftende Gesellschafter auch (notwendiges oder gewillkürtes) Sonderbetriebsvermögen bei der KGaA bilden kann.[13] Es gelten hierfür die allgemeinen Regeln (Rz. 415ff.). Kein Sonderbetriebsvermögen sind allerdings mangels eines tauglichen Dienens- oder Förderungszusammenhang zum Betrieb der KGaA die etwaigen Kommanditaktien des Komplementärs.[14] Die Regelung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG erfasst nur die Vergütungen für die Geschäftsführung des Komplementärs und dessen Gewinnanteil; dies begründet sich indes darin, dass Aufwendungen für Darlehen oder überlassene Wirtschaftsgüter den Gewinn der KGaA ohnehin und unstreitig mindern. Demgegenüber sind die Aufwendungen für die Geschäftsführung und den Gewinnanteil gesellschaftsrechtlich und nicht betrieblich veranlasst, sie stellen daher im Grundsatz Gewinnverwendung dar, die ohne die explizite Anordnung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG nicht abziehbar wären.

 

Rz. 495

Der Komplementär kann auch eine GmbH & Co. KG sein.[15] Insofern gelten die o. g. Grundsätze gleichermaßen, es entsteht steuersystematisch eine Art "doppelstöckige Personengesellschaft", allerdin...

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