Rz. 452

Nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG gehören neben dem Anteil am Gewinn der Personengesellschaft auch Vergütungen, die der Mitunternehmer erhält für

  • seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft,
  • die Hingabe von Darlehen,
  • die Überlassung von Wirtschaftsgütern

zu seinen Einkünften aus Gewerbebetrieb. Diese sog. Sondervergütungen sind ihrer Art nach ebenfalls Sonderbetriebseinnahmen; im Gegensatz zu den Sonderbetriebseinnahmen allgemeiner Art (Rz. 451) sind sie jedoch im Gesetz ausdrücklich geregelt. Aus dieser systematischen Zugehörigkeit zum Bereich der Sonderbetriebseinnahmen ergibt sich notwendigerweise, dass auch die Sondervergütungen grundsätzlich betrieblich veranlasst sein müssen, also ihren Anlass in der mitunternehmerischen Beteiligung haben (Rz. 447).

Nur die drei genannten Vorgänge sind Sondervergütungen, sämtliche Fallgruppen, die nicht hierunter fallen, sind ggf. als Sonderbetriebseinnahmen zu qualifizieren, ohne, dass dieser Unterscheidung rechtliche Relevanz zukommen würde. Prägendes Merkmal der Sondervergütung ist eine Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis[1] bei gleichzeitiger gesondert schuldrechtlicher Vereinbarung.[2] Eine schuldrechtliche Vereinbarung ist insb. bei einem ergebnisunabhängigen Entgelt anzunehmen. Umgekehrt spricht der Untergang des Zahlungsanspruchs in einer Verlustsituation eher für einen nicht unter § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 Halbs. 2 EStG fallenden Vorabgewinn.[3]

 

Rz. 452a

Eine Sondervergütung ist nur insoweit anzunehmen, als die schuldrechtliche Vereinbarung angemessen ist.[4] In Höhe eines eventuellen unangemessenen Teils, der dem Gesellschafter zufließt, wird man eine Entnahme anzunehmen haben, die den Gewinn der Gesellschaft nicht mindern darf (§ 4 Abs. 1 S. 1, 2 EStG).[5] Darüber hinaus muss ein synallagmatischer Zusammenhang zwischen der Handlung des Gesellschafters und der Sondervergütung durch die Gesellschaft vorliegen, wie bereits durch die Voraussetzung einer schuldrechtlichen Vereinbarung indiziert wird: Wenn eine Sondervergütung unabhängig von einer erbrachten Leistung gewährt wird und somit nicht "Leistungsvergütung" ist, kommt eine Hinzurechnung zum gewerblichen Gewinn nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 Halbs. 2 EStG nicht in Betracht.[6]

Die Feststellungslast für die Zugehörigkeit von Einnahmen eines Gesellschafters zu den Sondervergütungen und damit den Einkünften aus Gewerbebetrieb i. S. d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG trägt nach allgemeinen Grundsätzen das FA.[7]

 

Rz. 453

Die Anwendung des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG entfällt nicht bereits dann, wenn auch ohne die Anwendung der Vorschrift die Erfassung der Einkünfte im gewerblichen Bereich des Empfängers gesichert wäre. Damit hat der BFH die sog. Subsidiaritätstheorie (Rz. 396) abgelehnt.[8] § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG bezweckt nach dieser Entscheidung nicht nur die vollständige Erfassung von Bezügen im gewerblichen Bereich, er ordnet vielmehr die Bezüge gleichzeitig auch einer bestimmten gewerblichen Einkunftsquelle zu.[9]

 

Rz. 454

Werden Vergütungen aufgrund von Schuldverhältnissen zwischen gewerblichen Schwester-Personengesellschaft gezahlt, so ist § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG nicht anwendbar.[10] Zum einen hat die Qualifikation des Vermögens als Gesellschaftsvermögen der gewerblich tätigen leistenden Personengesellschaft Vorrang vor der Qualifikation als Sonderbetriebsvermögen bei der die Leistung empfangenden Schwestergesellschaft.[11] Zum anderen gilt § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG nur für den Gesellschafter der leistenden Personengesellschaft und nicht für sonst wie verbundene Unternehmen.[12]

 

Rz. 455

Wenn neben der anderen Personengesellschaft auch deren Gesellschafter zur Erbringung der Leistung, für die die Vergütung gezahlt wird, verpflichtet sind, ist § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG anzuwenden. Außerdem soll § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG auch dann anzuwenden sein, wenn die, die Vergütung empfangende Personengesellschaft nicht i. S. v. § 15 EStG sowie i. S. d. GewStG gewerblich tätig ist.[13] Außerdem darf die andere Personengesellschaft nicht nur vorgeschoben sein, um die Anwendung des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG auszuschließen.[14]

 

Rz. 456

Gehören Sondervergütungen i. S. v. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG bei der Gesellschaft zu aktivierungspflichtigen Herstellungskosten, so sind sie zu aktivieren, auch wenn sie dem leistenden Mitunternehmer als Sondervergütungen zuzurechnen sind.[15] Es ist also nicht zwingend, dass die Vergütungen der Gesellschaft sofort abziehbare Betriebsausgaben sind. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG steht einer Aktivierung nicht entgegen.[16] Die Sondervergütung beim Gesellschafter ist zeitgleich mit der Aktivierung des Aufwandes zu erfassen, obwohl sich dadurch der Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft erhöht.[17] Der Effekt kehrt sich gleichwohl in späteren Jahren um, wenn sich die eventuellen Abschreibungen auf das aktivierungspflichtige Wirtschaftsgut auswirken.

Das Gesetz kennt keine negativen Sondervergütungen.[18] Es ist daher ausgeschlossen, dass die Vereinnahmung eines Entgeltes durch die Gesel...

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