Rz. 95

Die wesentlichen Betriebsgrundlagen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs müssen innerhalb kurzer Zeit und damit in einem einheitlichen Vorgang entweder in das Privatvermögen überführt oder an verschiedene Erwerber veräußert oder teilweise veräußert und teilweise in das Privatvermögen überführt werden. Im Gegensatz zur Betriebsveräußerung, die zu einem bestimmten Stichtag erfolgt, umfasst die Betriebsaufgabe verschiedene Einzelakte, die sich über einen bestimmten Zeitraum erstrecken.

 

Rz. 96

Die Betriebsaufgabe beginnt mit vom Aufgabeentschluss getragenen Handlungen, die objektiv auf die Auflösung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs als selbstständiger Organismus des Wirtschaftslebens gerichtet sind. Im Regelfall fällt hierunter der erste Veräußerungs- bzw. Entnahmevorgang, der zur Aufdeckung von stillen Reserven führt. Der Beginn des Abwicklungszeitraums kann aber auch in der Einstellung der werbenden land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit oder z. B. in der Beauftragung eines Maklers mit der Veräußerung der wesentlichen Betriebsgrundlagen zu sehen sein.[1]

 

Rz. 97

Der Zeitraum für die Betriebsaufgabe endet mit der Veräußerung der letzten wesentlichen Betriebsgrundlage bzw. mit deren Überführung in das Privatvermögen. In Veräußerungsfällen ist dabei abzustellen auf den Zeitpunkt der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums.[2] Nicht abzustellen ist auf den Zeitpunkt, in dem die stillen Reserven des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs im Wesentlichen oder nahezu vollständig aufgedeckt worden sind (H 16 Abs. 2 "Zeitraum für die Betriebsaufgabe" EStH 2021).

 

Rz. 98

Der Abwicklungszeitraum kann nicht dadurch abgekürzt werden, dass Wirtschaftsgüter, die bei Aufgabe des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs nicht veräußert worden sind, formell in das Privatvermögen überführt werden, um sie anschließend privat zu veräußern. Geltung hat dies insbesondere für solche Wirtschaftsgüter, die ihrer Art nach kein Privatvermögen sein können. In solchen Fällen ist davon auszugehen, dass der Land- und Forstwirt i. d. R. seine land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit fortsetzt.[3]

 

Rz. 99

Was als kurzer Zeitraum anzusehen ist, bestimmt sich nach den Umständen des konkreten Einzelfalls. Hierbei darf der Begriff "kurzer Zeitraum" nicht zu eng aufgefasst werden (H 16 Abs. 2 "Zeitraum für die Betriebsaufgabe" EStH 2021). Maßgebend für die Beurteilung ist zum einen, ob die Aufgabehandlungen wirtschaftlich noch als einheitlicher Vorgang angesehen werden können.[4] Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass es dem Land- und Forstwirt nicht zuzumuten ist, schwer verkäufliche Wirtschaftsgüter u. U. erheblich unter Wert zu veräußern.[5] Von daher können sich Betriebsaufgabevorgänge – je nach Marktgängigkeit der zum Verkauf stehenden Wirtschaftsgüter – auch über mehrere Vz erstrecken. Beträgt der Abwicklungszeitraum nicht mehr als 6 Monate, ist ein einheitlicher Vorgang grundsätzlich immer zu bejahen.[6] Gleiches gilt bei Vorliegen besonderer Umstände auch für Zeiträume von 14 bis 18 Monaten.[7] Dagegen kann bei einem Zeitraum von mehr als 36 Monaten nicht mehr von einem wirtschaftlich einheitlichen Vorgang ausgegangen werden (H 16 Abs. 2 "Zeitraum für die Betriebsaufgabe" EStH 2021).[8] Vor diesem Hintergrund dürften bei Vorliegen besonderer Umstände Abwicklungszeiträume von bis zu 36 Monaten noch als kurzer Zeitraum anzusehen sein.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge