Rz. 25

Nach § 1 Abs. 1 EStG liegt unbeschränkte Steuerpflicht vor, wenn die natürliche Person Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Andere Anknüpfungspunkte der natürlichen Person an das Inland reichen nicht aus. So ist eine bedeutende Betriebsstätte (z. B. die Geschäftsleitung) ebenso wenig ausreichend wie das Vorhandensein eines ständigen Vertreters (§ 13 AO).

Die unbeschränkte Steuerpflicht beginnt in dem Zeitpunkt, in dem ihre Voraussetzungen erfüllt sind, also mit der Begründung des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts im Inland. Sie endet, wenn Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Inland aufgegeben werden.

 

Rz. 26

Trotz Bestehens eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts im Inland kann die unbeschränkte Steuerpflicht durch besondere Regelungen ausgeschlossen sein. Eine Übersicht von Vorrechten und Befreiungen aufgrund zwischenstaatlicher Abkommen hat die Finanzverwaltung veröffentlicht.[1]

Solche Regelungen bestehen in den internationalen Abkommen über Diplomaten und Konsuln.[2] Diplomaten einer ausl. Mission und Konsularbeamte einer ausl. konsularischen Vertretung haben nach dem WÜD bzw. dem WÜK kraft völkerrechtlicher Fiktion im Inland keinen Wohnsitz und sind demnach von innerstaatlichen Steuern befreit, sofern sie nicht die deutsche Staatsangehörigkeit haben oder nach den Sonderregelungen des WÜD bzw. WÜK im Inland ständig ansässig sind. Danach ist für Diplomaten und Konsularbeamte (nicht für Wahlkonsuln) in dem Tätigkeitsstaat eine Einkommensbesteuerung höchstens in dem Umfang der beschr. Steuerpflicht zulässig. Mitglieder des Verwaltungs- und technischen Personals (ausgenommen die sog. Ortskräfte) der diplomatischen Missionen und Konsulate fallen ebenso unter diese Vergünstigung wie die zu ihrem Haushalt gehörenden Familienmitglieder. Soweit danach beschr. Steuerpflicht besteht (Inlandseinkünfte), greift zusätzlich die Befreiungsvorschrift nach § 3 Nr. 29 EStG und soweit einschlägig, greifen entsprechende Regelungen in DBA (§ 3 Nr. 29 EStG Rz. 7).

 

Rz. 27

Nach Art. X Abs. 1 S. 1 des Nato-Truppenstatuts v. 18.8.1961[3], gelten Zeitabschnitte, in denen sich ein Mitglied einer Truppe oder eines zivilen Gefolges bzw. von technischen Fachkräften nur in dieser Eigenschaft im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik aufhält, nicht als Zeiten des Aufenthalts in diesem Gebiet oder als Änderung des Aufenthaltsorts oder Wohnsitzes, es sei denn, sie sind Staatsangehörige der Bundesrepublik (Art. X Abs. 4 NatoTrStat). Es kommt nur zur Anwendung, wenn sich dieses Personal im Zusammenhang mit seinen Dienstobliegenheiten in dem Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei innerhalb des Gebietes des Nordatlantikvertrages befindet (Art. 1 Abs. 1 Buchst. a und b des Abkommens).[4] In dieser Eigenschaft hält sich jemand im Inland auf, wenn nach den gesamten Lebensumständen erkennbar ist, dass die betreffende Person in dem maßgeblichen Zeitraum fest entschlossen ist, nach Beendigung ihres Dienstes in den Ausgangsstaat bzw. in den Heimatstaat zurückzukehren.[5] Die Feststellung eines Rückkehrwillens verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.[6] Maßgeblich sind die Verhältnisse aus der Sicht des jeweiligen Besteuerungszeitraums. Der erforderliche feste Entschluss zur Rückkehr in den Ausgangsstaat oder Heimatstaat verlangt eine zeitliche Fixierung im Hinblick auf die Rückkehr nach Beendigung des Dienstes. Es genügt nicht, irgendwann nach Beendigung des Dienstes zurückkehren zu wollen. Die Rückkehr muss vielmehr in einer gewissen zeitlichen Nähe zur Beendigung des Dienstes stehen.[7] Das spätere tatsächliche Verhalten ist nicht entscheidend, kann aber ein Indiz sein.[8] Die Grundsätze des Anscheinsbeweises sind hier nicht anwendbar. Denn ein Tatsachennachweis mittels Anscheinsbeweises setzt das Vorliegen eines "typischen Geschehensablaufs" voraus, an dem es hier fehlen muss.[9] Ferner setzt die Fiktion voraus, dass die betreffende Person nicht vor Aufnahme ihrer Tätigkeit einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland begründet hat und sich nicht auch aus anderen Gründen im Inland aufhält. Hierfür spricht, dass der Stpfl. im Inland familiär und persönlich verwurzelt ist, eigenes Grundvermögen erworben hat und sich gegen eine Rückversetzung in den Heimatstaat wehrt.[10] Die Eheschließung kann bedeuten, dass ein solcher Fall vorliegt.[11] Hier ist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung[12] zu prüfen, ob der durch den Sonderstatus bestehende Aufenthalt im Inland durch andere insbesondere private Gründe so überlagert wird, dass die Zugehörigkeit zu den Streitkräften nicht mehr bestimmend sein kann, wobei die Eheschließung hierfür ein Indiz ist. Art. X Abs. 1 S. 1 NatoTrStat geht als lex specialis den §§ 8, 9 AO vor[13]; die genannten Personen haben also (kraft Fiktion) keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik und unterliegen daher nicht der unbeschränkten, sondern der beschr. Steuerpflicht. Zusätzlich sind von der beschr. Steuerpflicht die Bezüge und Einkünfte ausgenommen, die diesen Per...

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