Rz. 31

Steuerrechtlich besteht nach § 5 Abs. 2 EStG ein Ansatzverbot für nicht entgeltlich erworbene immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Dementsprechend führen Aufwendungen für die Grundlagenforschung und die Neuentwicklung nicht zu aktivierungspflichtigen Wirtschaftsgütern, sondern stellen sofort abzugsfähige Betriebsausgaben dar.

Auch die Kosten für eine zweckgebundene Forschung gehören nicht zu den Herstellungskosten der Fertig- und Halbfertigerzeugnisse eines Unternehmens.[1]

 

Rz. 32

Für die Kosten der Weiterentwicklung besteht steuerlich grundsätzlich eine Aktivierungspflicht als Fertigungsgemeinkosten. Soweit derartige Aufwendungen nicht durch eine detaillierte Kostenstellenrechnung ermittelt werden können, ist es nach Auffassung der Finanzverwaltung[2] nicht zu beanstanden, wenn diese Aufwendungen im Schätzungswege erfasst werden, derart, dass 2 % des Gesamtaufwands für Forschungs- und Entwicklungsarbeiten (Grundlagenforschung, Neuentwicklung, Weiterentwicklung) als Fertigungsgemeinkosten der Gesamtfertigung des Wirtschaftsjahres behandelt und anteilig bei den am Bilanzstichtag vorhandenen Halbfertig- und Fertigerzeugnissen aktiviert werden.

 

Rz. 33

Steuerlich sind die am Bilanzstichtag angefangenen, aber noch nicht fertiggestellten Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten im Auftrag Dritter mit den dem Auftrag mittelbar oder unmittelbar zuzurechnenden Entwicklungsaufwendungen, höchstens jedoch mit der vereinbarten (anteiligen) Vergütung abzgl. noch anfallender Aufwendungen, anzusetzen. In Abweichung vom Handelsrecht sind jedoch anteilige künftige Verluste weder durch einen Bewertungsabschlag noch durch eine Drohverlustrückstellung zu berücksichtigen.

Der Umfang der Herstellungskosten entspricht formal dem gem. Steuerrecht.[3] Steuerrechtlich können allgemeine Verwaltungskosten sowie Aufwendungen für bestimmte soziale Leistungen und betriebliche Altersvorsorge in die Herstellungskosten einbezogen werden, sofern auch in der Handelsbilanz diese Einbeziehungswahlrechte genutzt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 1b EStG). Das handelsrechtliche Aktivierungswahlrecht der Fremdkapitalzinsen als Herstellungskosten gilt nach R 6.3 Abs. 5 EStR auch für die Steuerbilanz (Grundsatz der Maßgeblichkeit). Wird im Handelsrecht wahlweise das Aktivierungswahlrecht für selbsterstellte immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens genutzt, sind handelsrechtlich die Entwicklungskosten einzubeziehen, die im Steuerrecht aufgrund des Aktivierungsverbots nicht aktivierungsfähig sind.

 

Rz. 33a

Passive latente Steuern bei handelsrechtlicher Aktivierung

Steuerrechtlich sind die nach dem Handelsrecht aktivierungsfähigen Aufwendungen für selbst erstellte immaterielle Vermögensgegenstände sofort als Aufwand zu verbuchen.[4] Damit fallen die Buchwerte in der Steuer- und Handelsbilanz im Falle einer Aktivierung in der Handelsbilanz auseinander. Diese Differenz gleicht sich jedoch durch Abschreibungen über die handelsrechtliche Nutzungsdauer wieder aus, sodass temporäre Differenzen vorliegen und passive latente Steuern zu bilden sind.

Durch die aufwandswirksame Buchung der passiven latenten Steuern wird die Ergebnisentlastung aus der Aktivierung in der Handelsbilanz etwas abgeschwächt. In den Folgejahren kehrt sich der Effekt um.

 
Praxis-Beispiel

In der Handelsbilanz werden zu Beginn des Geschäftsjahres 01 Entwicklungskosten in Höhe von 80.000 EUR aktiviert und über 4 Jahre abgeschrieben. Das Jahresergebnis vor Steuern und vor Behandlung der Entwicklungskosten beträgt in den Jahren 01 bis 04 100.000 EUR. Der Steuersatz beträgt 30 %. Die Unterschiede zwischen Handels- und Steuerbilanz zeigt die folgende Tabelle.

 
Bilanz (Handelsbilanz) 01 02 03 04
Immaterielle Vermögensgegenstände 60.000 40.000 20.000 0
Passive lat. Steuern 18.000 12.000 6.000 0
         
GuV (Handelsbilanz) 01 02 03 04
JE vor Steuern 80.000 80.000 80.000 80.000
EE-Steuern 24.000 24.000 24.000 24.000
davon passive lat. Steuern 18.000 -6.000 -6.000 -6.000
JE nach Steuern 56.000 56.000 56.000 56.000
         
GuV (Steuerbilanz) 01 02 03 04
JE vor Steuern 20.000 100.000 100.000 100.000
EE-Steuern 6.000 30.000 30.000 30.000
JE nach Steuern 14.000 70.000 70.000 70.000

Im Jahr der Aktivierung und nach erstmaliger Abschreibung über 20.000 EUR lautet der Wertansatz in der Handelsbilanz über 60.000 EUR, während in der Steuerbilanz kein Aktivposten bilanziert werden darf. In der Folge beträgt das Jahresergebnis vor Steuern in der Handelsbilanz 80.000 EUR und – aufgrund der Sofortabschreibung – in der Steuerbilanz 20.000 EUR. Entsprechend dem Jahresergebnis gem. Steuerbilanz sind im Jahr 01 nur 6.000 EUR an EE-Steuern zu buchen. In der Handelsbilanz sind daher zusätzlich passive latente Steuern in Höhe von 18.000 EUR zu berücksichtigen, sodass der gesamte Steueraufwand 24.000 EUR beträgt. Da in den Jahren 02 bis 03 das Ergebnis gem. Steuerbilanz 100.000 EUR und gem. Handelsbilanz – nach Buchung der Abschreibung über 20.000 EUR – 80.000 EUR beträgt, werden in jedem Jahr 8.000 EUR der...

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