Fertigstellungsgrad eines Projekts

Eine wichtige Kennzahl ist hier der Fertigstellungsgrad eines Projekts, der sich als gewichteter Durchschnitt der Fertigstellungsgrade aller Arbeitspakete errechnet. Der Fertigstellungsgrad der einzelnen Arbeitspakete wird entweder von den einzelnen Arbeitspaketverantwortlichen geschätzt oder ganz pragmatisch wie folgt bestimmt:

  • abgeschlossene Arbeitspakete: Fertigstellungsgrad 100 %,
  • angefangene Arbeitspakete: Fertigstellungsgrad 50 %,
  • noch nicht begonnene Arbeitspakete: Fertigstellungsgrad 0 %.

Diese auf den ersten Blick sehr grob erscheinende Näherung kann in der Praxis durchaus funktionieren, wenn es sich um große Projekte handelt, bei denen viele Arbeitspakete ähnlicher Größe gleichzeitig bearbeitet werden. Zudem muss berücksichtigt werden, dass die Schätzung mit erheblichem Zeitaufwand verbunden und dennoch sehr subjektiv ist.

Earned-Value-Methode

Eine integrierte Methodik, um alle 3 Dimensionen des magischen Dreiecks zu betrachten, ist die aus der flexiblen Plankostenrechnung abgeleitete Earned-Value-Methodik. Diese beruht auf den folgenden Ausgangsgrößen für die einzelnen Arbeitspakete:

  • Plankosten: Geplante Kosten für die Planleistung bis zum Stichtag laut Terminplan,
  • Sollkosten: Geplante Kosten für die tatsächliche Istleistung zum Stichtag,
  • Istkosten: Tatsächliche Istkosten für die tatsächliche Istleistung zum Stichtag.

Schedule Performance Index

Durch die Einführung der Sollkosten als zusätzliche Rechengröße lassen sich nun 2 Kennzahlen berechnen, die eine eingehende Analyse des Projektstatus ermöglichen:

Der Leistungsindex oder Schedule Performance Index (SPI) zeigt an, ob das Projekt im Zeitplan liegt:

 
SPI = Sollkosten
Plankosten

Zielgröße für den SPI ist 1. In diesem Fall ist die Planleistung gleich der Istleistung. Ist der SPI größer als 1, ist die Istleistung sogar größer als die Planleistung; das Projekt ist dem ursprünglichen Zeitplan voraus. Ist der SPI kleiner als 1, ist die Istleistung kleiner als die Planleistung; das Projekt hinkt dem ursprünglichen Zeitplan hinterher.

Cost Performance Index

Der Kosteneffizienzindex oder Cost Performance Index (CPI) zeigt an, ob das Projekt im Budget liegt:

 
CPI = Sollkosten
Istkosten

Zielgröße für den CPI ist ebenfalls 1. In diesem Fall sind die Sollkosten gleich den Istkosten. Ist der CPI größer als 1, sind die Istkosten kleiner als die Sollleistung; das Projekt ist kostengünstiger als geplant. Ist der CPI kleiner als 1, sind die Istkosten größer als die Sollkosten; das Projekt liegt über dem Budget.

Time Estimate at Completion

Auf Basis von SPI und CPI lassen sich nun die erwartete Projektdauer (Time Estimate at Completion) und die erwarteten Projektkosten (Estimate at Completion) prognostizieren:

 
EACt = Gesamte Plandauer
SPI
 
EAC = Gesamte Plankosten
CPI

Tücken der Earned-Value-Methodik bei F&E-Projekten

Die Earned-Value-Methodik ist die einzige Methodik, um integriertes Projektcontrolling entlang aller 3 Dimensionen des magischen Dreiecks zu betreiben. Allerdings hat sie durchaus ihre Tücken, die besonders bei einigen Arten von F&E-Projekten zum Vorschein kommen:

So ist die Basisprämisse der Earned-Value-Methodik, dass Kosten proportional zur Leistung sind. D. h., dass mit mehr Input (z. B. in Form von Arbeitszeit) auch mehr Output (z. B. in Form belastbarer Messergebnisse) erzielt werden sollte. Dies ist bei einigen Arten von F&E-Projekten nicht gegeben, für die sich die Earned-Value-Methodik dann leider nicht eignet.

Auch große Einzelbudgetposten, z. B. für Fremdleistungen, vertragen sich nicht mit der linearen Hochrechnung der Estimates at Completion und sollten daher separat betrachtet werden. Generell muss der F&E-Controller auch gerade im Rahmen der Earned-Value-Methodik viel Detailanalyse betreiben: Verzögerungen und Kostenüberschreitungen können quer durch die Bank aus allen Arbeitspaketen kommen. In diesem Fall scheint ein grundlegendes Problem vorzuliegen, die lineare Hochrechnung der Estimates at Completion ist berechtigt. Es kann aber gerade in F&E auch sein, dass nur einzelne Arbeitspakete für Verzögerungen und Kostenüberschreitungen gesorgt haben. In diesem Fall muss bei der Hochrechnung der geschätzten Gesamtkosten additiv vorgegangen werden. Bei der Hochrechnung der Projektdauer kommt es in diesem Fall darauf an, ob die verzögerten Arbeitspakete auf dem kritischen Pfad lagen oder nicht.

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