3.1 Entstehung der ABS

 

Rz. 11

Das eigentliche Konzept der Verbriefung von Aktiva wurde schon im 19. Jahrhundert bei der Gründung von Investmentgesellschaften angewendet.[1] Die ersten eigentlichen Forderungsverbriefungen von Bankkrediten lassen sich in den 1920er Jahren in den USA nachweisen. Diese Verbriefungen werden auch als Mitursache der Bankenkrise in der Weltwirtschaftskrise von 1929 angesehen.[2]

Zu Beginn der 1970er Jahre wurden durch amerikanische Investmentbanken die ersten Hypothekenkredite verbrieft (Mortgage-Backed-Securities – MBS).[3] Die MBS lassen sich mit dem deutschen Pfandbrief vergleichen.[4]

Die ersten ABS-Transaktionen wurden im Jahr 1985 in den USA durchgeführt, die durch Automobildarlehensforderungen abgesichert wurden.[5] Die große Bedeutung und das sprunghafte Wachstum der ABS bei der Finanzierung in den USA unterstreicht die Tatsache, dass über die Hälfte aller öffentlich begebenen Schuldtitel durch ABS erfolgt.[6]

Die erste Nutzung des Kapitalmarktes mittels ABS durch deutsche Unternehmen erfolgte durch ihre amerikanischen Tochterunternehmen.[7] So führte beispielsweise die Daimler-Benz-Gruppe im Oktober 1993 ihre erste ABS-Transaktion in den USA durch.[8]

[1] Büttner, in Immenga, Studien zum Bank- und Börsenrecht, Band 46, 1999, S. 31.
[2] Büttner, in Immenga, Studien zum Bank- und Börsenrecht, Band 46, 1999, S. 31.
[3] Ohl, in Hagenmüller/Engels/Kolbeck, Schriftenreihe für Kreditwirtschaft und Finanzierung, Band 17, 1994, S. 24.
[4] Paul, in Süchting, Schriftenreihe des Instituts für Kredit- und Finanzwirtschaft, Band 20, 1994, S. 4. Zur genauen Abgrenzung zwischen MBS und Pfandbriefen siehe Paul, in Süchting, Schriftenreihe des Instituts für Kredit- und Finanzwirtschaft, Band 20, 1994, S. 216 ff.
[5] Gehring, in Horn, Bank- und kapitalmarktrechtliche Schriften des Instituts für Bankrecht, Band 11, 1998, S. 15.
[6] Paul, in Süchting, Schriftenreihe des Instituts für Kredit- und Finanzwirtschaft, Band 20, 1994, S. 4.
[7] Zum Beispiel US-Töchter von BMW, VW, KHD: Paul, in Süchting, Schriftenreihe des Instituts für Kredit- und Finanzwirtschaft, Band 20, 1994, S. 4, Fn. 32.
[8] Die ganze Transaktion ist kurz bei Paul, in Süchting, Schriftenreihe des Instituts für Kredit- und Finanzwirtschaft, Band 20, 1994, S. 200 ff., dargestellt.

3.2 Ablauf einer Asset-Backed-Finanzierung

 

Rz. 12

Die Grundstruktur eines ABS-Programms ist auch bei der Vielzahl der Ausgestaltungen grundsätzlich identisch. Den Ausgangspunkt bildet die Kundenforderung, die in der Regel jedes Industrie- und Handelsunternehmen besitzt. Dabei ist es unerheblich, ob diese Kundenforderung in Warenlieferungen, erbrachten Dienstleistungen oder in Kreditausleihungen begründet wurde. Diese Aktivwerte sollen unter Zuhilfenahme des Geld- oder Kapitalmarktes zu Finanzierungszwecken eingesetzt werden, indem ABS durch eine spezielle Gesellschaft emittiert werden. Durch die Emission von ABS werden also nicht handelbare Vermögensgegenstände (Assets) – in der Regel Kundenforderungen – in handelbare Wertpapiere (Securities) transformiert und dem Unternehmen dadurch Liquidität zugeführt.[1]

 

Rz. 13

Das Kernstück jeder Finanzierung mittels ABS ist die Zweckgesellschaft, auch Special Purpose Vehicle (SPV) genannt. Die Gründung der Zweckgesellschaft erfolgt nur aus einem Grund. Sie soll einen oder mehrere Forderungspools ankaufen und sich dann durch die Emission von Wertpapieren bzw. anderer Schuldtitel am Geld- oder Kapitalmarkt refinanzieren.[2] Die Zweckgesellschaft wird regelmäßig als Kapitalgesellschaft mit beschränkter Haftung bzw. als Trust gegründet.[3]

Abb. 2: Struktur der ABS[4]

Das verbriefende Unternehmen wird auch als Originator bezeichnet. Als ursprünglicher Eigentümer der zu verbriefenden Vermögenswerte überträgt es diese auf die Zweckgesellschaft. Da es sich bei diesen Vermögenswerten fast ausschließlich um Forderungen handelt, geschieht dies meist mittels Forderungsabtretung.[5] Durch den Verkauf der Forderungen erhält das Unternehmen unmittelbar die benötigte Liquidität.[6] Die Liquidität aus dem Forderungspool fließt dem Originator zumeist nicht in Höhe des verkauften Nominalwertes der Forderungen zu. Zum einen werden mitunter Sicherheitsabschläge durch die Zweckgesellschaft einbehalten,[7] zum anderen haben die verkauften Forderungen eine Restlaufzeit, sodass der Originator nur den Barwert des Forderungspools beanspruchen kann. Besitzen die Forderungen des Originators eine hohe Qualität im Sinne einer hohen Kreditwürdigkeit seiner Schuldner und/oder handelt es sich um einen gut diversifizierten Forderungspool, hat das zu verbriefende Unternehmen die Möglichkeit, sich eine kostengünstigere Refinanzierung am anonymen Kapitalmarkt zu verschaffen.[8] Durch den Verkauf von "guten" Vermögenswerten kann sich aber die Risikoeinstellung seiner Gläubiger ändern, da diese Vermögenswerte im Falle einer Insolvenz nicht mehr zur Absicherung ihrer Ansprüche zur Verfügung stehen.

Die Zweckgesellschaft emittiert die ABS. Für die Platzierung dieser Wertpapiere ist in der Regel ein Emissionskonsortium – meist aus Banke...

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